Die Hoffnung

514 29 1
                                    

Fast die ganze nächste Nacht lag ich wach. Der Tag hatte mich unglaublich geschlaucht, ich war wahnsinnig müde und dennoch bekam ich kaum ein Auge zu. In meinem Kopf kreisten tausende Gedanken und ich hatte eine Liste mit Pro und Kontra-Argumenten für das Auswandern in die Staaten in meinem Handy erstellt. Dennoch erschien es mir wie eine unmögliche Aufgabe, eine Entscheidung zu treffen. Nach der Trennung von John hatte ich es zutiefst bereut, mich damals für ihn entschieden zu haben. Meine Entscheidung an einem anderen Menschen fest gemacht zu haben und letztendlich doch wieder alleine da gestanden zu haben. Ich fragte mich, ob ich mit Felix darüber reden sollte. Ihn fragen, wie er dazu stand.... Wie er zu mir stand. Andererseits fürchtete ich, dass das meine Entscheidung beeinflussen würde und genau das wollte ich nicht. Ich kannte mich gut genug um zu wissen dass, wenn er etwaige Gefühle für mich äußern würde, ich für ihn alles stehen und liegen lassen würde und das sollte mir nicht noch einmal passieren. Allerdings war da auch diese kleine Hoffnung. Die klitzekleine Hoffnung auf ein Für immer. Wie auch immer das aussehen mochte...

Irgendwann, lange nachdem die Sonne bereits aufgegangen war, fiel ich vor Erschöpfung in einen kurzen Schlaf. Als ich wieder wach wurde, war das Bett neben mir leer. Felix war nicht mehr da. Ich spitzte die Ohren, um zu hören, ob er vielleicht im Bad war und konnte leise das Wasser der Dusche laufen hören. Ich setzte mich auf und schaute auf's Handy. 11 Uhr. Seufzend schmiss ich meinen Kopf zurück in's Kissen. Kurze Zeit später hörte ich, wie sich die Tür des Badezimmers öffnete und ich sah auf.

„Guten Morgen, Dornröschen." grinste Felix, als sich unsere Blicke trafen. Mit einem weißen Handtuch um die Hüften und kleinen Wasserperlen auf seiner Haut stand er da.

„Guten Morgen." murmelte ich. „Da hat ja jemand gute Laune."

„Klar, du nicht?" fragte er.

„Doch, doch. Ich bin nur irgendwie... noch nicht ganz im Hier und Jetzt angekommen. Bin grade erst wach geworden." erklärte ich und rieb mir den Schlaf aus den Augen.

„Während du selig vor dich hin geschnarcht hast, habe ich eine interessante Entdeckung gemacht." grinste er breit.

„Ach ja? Was denn?" fragte ich.

Schnurstracks lief er zum Einbaukleiderschrank, öffnete die unterste Schublade und holte etwas heraus, das für mich aussah wie ein kleines Stück Stoff.

„Tada!" sprach er und warf mir das schwarze Ding entgegen. „Hat hier wohl jemand vergessen. Oder du hast uns in so'n kinky Sex-Hotel einquartiert."

„Eine Schlafmaske?!" identifizierte ich das Stück Stoff. „Und was soll daran jetzt so interessant sein?"

Vielsagend schmunzelnd kam Felix dem Bett näher, legte sich neben mich und sah mich an.
„Na, ich glaube, damit könnten wir unseren Spaß haben. Ist doch bestimmt ganz geil, wenn du nichts siehst und deine Fantasie spielen lassen kannst."

„Ich will dich aber sehen." erklärte ich und zeichnete mit meinem Zeigefinger seine Bauchmuskeln nach. „Was könnte in meiner Fantasie schöner sein als dieser Körper?" murmelte ich und sah ihm in die Augen. „Oder dieses Gesicht?"

Felix lächelte leicht. „Ist ja echt schmeichelhaft, aber ich hab deinen Ex gesehen und ich bin wirklich nicht unzufrieden mit mir, aber so perfekt sehe ich nicht aus."

Ungläubig sah ich ihn an.
„John war alles andere als perfekt." machte ich klar. „Denkst du wirklich, ich würde mit dir schlafen wollen, mit diesem Ding auf den Augen und dabei an ihn denken?"

„Vielleicht nicht direkt an ihn, aber an jemanden, der so aussieht wie er. Ich weiß doch, dass ich eigentlich nicht dein Typ bin." murmelte er und wich meinem Blick aus.

„Sag mal, spinnst du?!" entgegnete ich entsetzt. „Weißt du, wie oft ich dich ansehe und nicht verstehen kann, wie jemand, der so aussieht wie du, jemanden wie mich überhaupt anfassen will? Ich lebe nicht hinterm Mond, ich habe auch Instagram und ich sehe die Kommentare unter deinen Fotos von all den jungen Frauen, die so viel schöner sind als ich und die alle sofort mit dir schlafen würden, wenn sie die Chance dazu bekämen. Männer wie John mögen vielleicht lange Zeit mein Interesse geweckt haben, aber glaub mir, ich steh total auf dich." gab ich zu. „Für mich gibt es seit unserem ersten Kuss keinen schöneren Mann als dich."

Felix drehte seinen Kopf langsam zu mir und sah mich an. „Das war jetzt schon ein bisschen niedlich."

„Und wahr." erklärte ich. „Außerdem würdest du mich bestimmt nicht mit deiner Sekretärin betrügen, oder?"

„Nee." antwortete er. „Hab ja keene."

Gespielt genervt schlug ich ihm gegen die Schulter und er lachte.

„Also..." sprach ich und musterte ihn. „Ich gehe jetzt duschen. Wenn du den Schwachsinn, den du eben von dir gegeben hast, wieder gut machen willst: ich lasse die Tür offen. Du hast 2 Minuten Zeit, nachzukommen."

Ich warf die Bettdecke zurück, stand auf und ging Richtung Badezimmer.

„Ich brauch keine 2 Minuten." lachte Felix und kaum tat ich einen Schritt in die Dusche, stand er bereits hinter mir.

Das warme Wasser lief mir über den Rücken und Felix' blaue Augen musterten meinen nackten Körper. Er trat einen Schritt vor und küsste mich, was mir eine Gänsehaut verschaffte. Wir hatten uns schon oft geküsst und dennoch reagierte mein Körper immer gleich. Es fühlte sich jedes Mal an, als wäre es das erste Mal. Ich legte meine Arme um seinen Nacken und intensivierte den Kuss, während seine Hände über meinen Rücken streichelten und sich letztendlich meinen Hintern griffen.

„Sex in der Dusche ist eigentlich nicht so mein Ding." brummte er, als sich unsere Lippen voneinander lösten.

„Oh." entgegnete ich. „Na dann... werde ich mich hier jetzt einfach weiter alleine abduschen und wir sehen uns dann draußen." grinste ich und wandte mich von ihm ab, da griff er meinen Arm und zog mich wieder zu sich.

„Ich sagte eigentlich." schmunzelte er und seine Hand verschwand zwischen meinen Beinen. Ich sog scharf die Luft ein und schloß die Augen.

„Gefällt dir das?" raunte Felix mir in's Ohr und ich nickte leicht.

„Mhm."

Meine Beine begannen zu zittern und ich verlor fast den Halt auf dem nassen Boden der Dusche. In einer schnellen Bewegung packte er mich, hob mich am Po hoch und drückte mich gegen die kalte Wand. Meine Beine umschlossen seine Hüfte und ich sah ihm tief in die Augen, während er quälend langsam in mich eindrang. Ich stöhnte lustvoll auf und er biss sich auf die Unterlippe.

„Du bist so schön." flüsterte ich und strich mit meiner Hand seine Wange entlang. Felix lächelte leicht, während er immer wieder zu stieß. Vorsichtig, um nicht im Nass auszurutschen, aber gleichzeitig so gefühlvoll wie ich es bei ihm noch nie zuvor erlebt hatte. Ich genoss jede einzelne Sekunde mit, und jeden Zentimeter von ihm und wünschte mir, dass das mit ihm niemals enden würde. In diesem Moment war die Antwort auf die Frage „USA oder er" absolut klar. Ich wollte nur ihn. Mehr als alles andere auf dieser Welt.
Sein leises Stöhnen an meinem Ohr durchzog meinen Körper und alles in mir spannte sich an. Ich drückte seine Hüfte mit meinen Beinen stärker an mich heran, nahm alles in mich auf und eine Welle der Extase übermannte mich. Mein Herz raste, mein Körper zitterte und mein Unterleib pulsierte. Felix' Griff verstärkte sich, seine Finger bohrten sich in meine Haut und kurze Zeit später versank sein Gesicht stöhnend auf meiner Schulter. Vorsichtig setzte er mich auf dem Boden ab, sein Kopf weiterhin ruhend auf mir. Ich spürte seinen heißen Atem auf meiner Haut und legte meine Arme um ihn. Die Ruhe, die er ausströmte, versetzte mich fast in Trance. Es war, als würde die Welt um uns herum stehen bleiben, während wir uns weiter drehten. Plötzlich räusperte er sich, nahm seinen Kopf hoch und sah mich mit gläsernen Augen an.

„Fuck." murmelte er. „Ich glaube, ich hab' mich in dich verliebt."

The night we met - Felix Lobrecht FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt