Das Kennenlernen

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„Und du besuchst Felix hier in Berlin? Er meinte, du würdest in Köln wohnen." fragte ich Tommi neugierig.

„Nicht nur. Ich habe hier auch geschäftlich zutun. Da bot es sich an, Felix zu besuchen und Podcast zusammen aufzunehmen." erklärte er.

„Ah." machte ich wissend. „Stimmt, er erwähnte mal etwas von einem Podcast. Gemischtes Hack, richtig?"

Tommi grinste. „Ja, genau. Hast du mal rein gehört?"

Ich schüttelte den Kopf. „Nein. Ich bin nicht so der Podcast-Hörer, glaube ich."

„Nicht? Ich höre ständig irgendeinen Podcast. Ich ertrage keine Stille." lachte er.

„Ich mag das ganz gerne, wenn es um mich herum ruhig ist. Nicht immer, aber ist manchmal ganz schön, einfach mal die Gedanken kreisen zu lassen." erklärte ich.

„Felix ist da genau so."

„Wo bin ich genau so?" fragte Felix neugierig, der mit einem Becher Kaffee zurück an unseren Tisch kam und sich setzte.

„Du kannst auch einfach mal nur so da sitzen und die Stille genießen." wiederholte Tommi.

„Ja ey, ganz im Gegensatz zu dir." lachte Felix. „Tommi fängt dann auch immer an, einfach sinnlosen Mist zu labern, um irgendwelche Geräusche zu erzeugen."

„Ich kann das einfach nicht. Stille macht mich nervös. Vielleicht hab' ich da irgendne' Störung." amüsierte sich Tommi.

„Wahrscheinlich." entgegnete Felix.

Die beiden schienen sehr vertraut mit einander zu sein.
„Wie lange kennt ihr euch schon?" fragte ich.

„6 Jahre ungefähr?!" Tommi sah Felix fragend an und dieser nickte.

„Kommt hin. 2017 haben wir mit Hack gestartet. Also ja, ca. 6 Jahre."

„2017 bin ich nach London gezogen." erinnerte ich mich.

„Ach ja, Felix hat erzählt, dass du erst vor kurzem wieder nach Berlin gezogen bist." sprach Tommi.

„Hat er das?" fragte ich und warf Felix einen besorgten Blick zu. Ich hoffte, er hatte ihm nicht zu viel erzählt. Das ich eine geschiedene Frau war, hätte ich Tommi gerne irgendwann selber erzählt.

„Nur das." machte Felix klar und nickte mir kurz zu, als könne er meine Gedanken lesen.

„Und, vermisst du London?" fragte Tommi.

„Schon, ja. Berlin ist zwar meine Heimat, aber London ist irgendwie... Zuhause. Ich vermisse die Parks, in denen man von dem Großstadtleben abschalten konnte. Und London ist so schön sauber. Hier ist alles dreckig, egal wo du hingehst."

„Stimmt, London ist echt sauber." betonte Tommi. „Aber die fahren da alle wie die Geisteskranken."

„Tun sie hier auch." lachte ich.

„Ich wollt's grade sagen." stimmte Felix mit ein, während er sich eine Zigarette drehte.

„Rauchst du auch?" fragte ich Tommi und dieser schüttelte den Kopf.

„Nee, hab ich noch nie. Aber manchmal habe ich so ne Sehnsucht danach." erklärte er.

„Echt?"

„Ja. Nach nem leckeren, deftigen Essen stelle ich mir das schon geil vor."

„Mhm, versteh ich. Ich habe mal geraucht, bis ich so 28 war. Dann habe ich aufgehört, weil Zigaretten in UK so teuer sind." lachte ich.

„Felix sagt mir auch schon seit Jahren, dass er aufhören will." lachte Tommi.

„Werde ich auch irgendwann." sprach Felix, während er den ersten Zug aus seiner Lunge pustete. „Ich werde dann aufhören zu rauchen, wenn du dein Buch endlich schreibst." grinste er frech.

„Was für ein Buch?" fragte ich neugierig.

„Seit Jahren erzählt er davon, dass er irgendwann mal ein Buch schreiben will und was ist daraus bisher geworden, Thomas? Nüschts."

„Allein des Gags wegen kann ich das Buch nicht mehr schreiben." amüsierte sich Tommi. „Hast du sein Buch gelesen? Sonne und Beton?"

„Nein." erwiderte ich. „Felix hat mir den Film zugeschickt, aber ich bin noch nicht dazu gekommen, ihn mir anzusehen."

„Mach mal. Ist echt gut. Und das sage ich nicht nur, weil ich durch einen Spotify-Knebelvertrag noch jahrelang an ihn gebunden bin." lachte Tommi.

„Apropos Spotify-Knebelvertrag." sprach Felix und warf einen Blick auf die große, goldene Rolex an seinem Handgelenk. „Wir müssen gleich aufnehmen."

„Ja, was das angeht, muss ich dir was beichten." begann Tommi zögerlich und wurde sogleich von Felix unterbrochen.

„Du hast dein Mikro nicht mit genommen, habe ich recht? Wofür habe ich dir eigentlich den Koffer geschenkt?" fragte dieser gespielt genervt.

„Ich dachte, du hast eh zwei Mikros, also muss ich meins nicht mitschleppen."

„Eigentlich habe ich drei Mikros. Deins habe ich schließlich auch bezahlt und da habe ich immer noch nicht das Geld wieder." lachte Felix.

„Ich bin doch nur ein armer Fernsehmoderator, Felix. Ich kann mir das doch nicht leisten." sprach Tommi grinsend.

Als ich die zwei so beobachtete, wie sie sich gegenseitig immer weiter hochschaukelten, traf ich die Entscheidung, vielleicht doch mal in diesen ominösen Podcast herein zu hören. Wenn dieser nur halb so lustig wie diese Unterhaltung war, war er meine Zeit definitiv wert.

„Sie kann doch mit kommen." hörte ich Felix durch meine Gedanken hindurch sprechen.

„Was?" fragte ich. „Wohin?"

„Zu mir. Wir nehmen schnell ne Folge Hack auf und dann starten wir heute Abend noch irgendwas. Ich hab' Bock zu saufen." antwortete er.

„Ist das denn okay für euch? Ich bin auch mucksmäuschenstill."

„Klar." lächelte Tommi.

In Felix' Wohnung angekommen, zog ich die Schuhe im Flur aus und leinte Sam ab. Ohne zu zögern lief dieser schnurstracks durch die leicht geöffnete Tür des Schlafzimmers.

„Sam!" rief ich ihn. „Komm sofort wieder her!"

„Lass ihn doch, schon okay." sprach Felix.

„Er wird sich in dein Bett legen." erklärte ich ihm.

„Da liegt ne Tagesdecke drauf, alles gut." winkte er ab.

„Felix hatte schon viel Schlimmeres in seinem Bett liegen." lachte Tommi.

„Das musst DU grade sagen." erwiderte Felix amüsiert.

„Ganz unrecht hat Tommi da aber nicht, wenn ich an diese Tussi von letztem Freitag denke." Bei dem Gedanken an die vollbusige, arrogante Brünette, die er letzte Woche mit nachhause nahm, stellten sich mir die Nackenhaare auf. Ich hatte selten jemanden kennengelernt, der so unsympathisch und von sich selbst eingenommen war, wie diese Frau. Aber scheinbar stand Felix auf sowas.

„Die lag nicht in meinem Bett." erklärte Felix, als wir uns in's Wohnzimmer begaben und ich mich auf das Sofa setzte.
„Die hab' ich auf der Couch lang gemacht. Genau da wo du grade sitzt." fügte er grinsend hinzu und mit einem angeekelten Blick stand ich sofort wieder auf.

„Du bist widerlich." erwiderte ich und Felix lachte.

„Das war ein Spaß. Setz dich."

Mit hochgezogenen Augenbrauen sah ich ihn an.

„Wirklich." grinste er.

„Na gut." sprach ich und setzte mich vorsichtig auf das andere Ende der Couch.

The night we met - Felix Lobrecht FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt