Das Singleleben

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Die Tage darauf begegneten Felix und ich uns nicht. Nicht, wenn ich mit Sam Gassi war und auch nicht, wenn ich im Café auf der anderen Straßenseite einen Kaffee trank. Nicht, dass ich es darauf angelegt hätte, ihn wieder zu sehen.

Als ich am Mittwoch spontan nach London fliegen musste, um noch ein paar wichtige Angelegenheiten bezüglich meiner Scheidung zu regeln, brachte ich Sam für die Zeit meines Aufenthalts zu meiner Schwester und holte ihn Freitag gegen späten Nachmittag wieder ab.

„Hey." begrüßte mich Sarah freudestrahlend, als sie mir die Tür öffnete.

„Hi." entgegnete ich mit müden Augen.

„Komm rein. Wie lief's? Bist du auf John getroffen?" fragte sie, als ich ihr durch den Flur in's Wohnzimmer folgte. In der ganzen Wohnung standen noch Geschenke und Blumen von der Hochzeit.

„Zum Glück nicht." antwortete ich und blickte aus der Terrassentür in den Garten, in dem Sam im Gras lag und sich die Sonne auf den Pelz schienen lies. „Er hat sie unterschrieben."

„Die Scheidungspapiere?" fragte sie.

„Mhm." nickte ich.

„Ist doch gut. Das ist doch das, was du wolltest."

„Klar. Wer will schon weiterhin mit jemandem verheiratet sein, der einen mit seiner Sekretärin betrogen hat?"

„Aber glücklich bist du trotzdem nicht." Sarah schaute mich mitleidig an.

„Ich hatte einen anderen Plan für mein Leben." seufzte ich und lies mich auf das beige Sofa hinter mir fallen. „Ich wollte den Mann meiner Träume heiraten, Kinder bekommen und mit ihm alt werden. Jetzt bin ich geschieden, wohne alleine in einer mickrigen Wohnung in Kreuzberg und werde einsam sterben."

„Aber das kannst du doch alles immer noch haben. Du wirst noch den Richtigen finden, da bin ich mir sicher!"

Ich schüttelte den Kopf. „Ich glaube nicht. Ich glaube, so ein Leben ist nicht für mich bestimmt."

„Charly, ich bitte dich. Das ist doch nonsense. Du bist noch jung. Ehe du dich versiehst, läufst du dem perfekten Mann über den Weg."

„Pff." machte ich. „Nein, nein. Ich konzentriere mich jetzt auf mich selber. Scheiß auf Männer."

„Ahja." erwiderte meine Schwester mit hochgezogener Augenbraue. „Als ob du lange ohne einen Mann auskommst."

„Was soll das denn heißen?" fragte ich empört und sie zuckte leicht mit den Schultern.

„Ich liebe dich Charly, aber du wirst absolut unausstehlich, wenn du länger keinen Sex hattest."

„Gar nicht wahr."

„Doch wahr." erwiderte sie. „Wie lange ist das letzte Mal her?"

Ich überlegte kurz. Es war lange her. Zu lange.

„Das geht dich überhaupt nichts an! Vielleicht hatte ich ja vor kurzem erst Sex. Weißt du's?!"

Sarah lachte. „Ist das denn so? Mit wem denn? Wie heißt er?"

Ich sah sie durch zusammen gekniffenen Augen an, dann seufzte ich. „Okay, erwischt. Ich hatte natürlich keinen Sex."

„Hätte mich auch gewundert. Du hast sonst immer diesen Glow danach. Aber den habe ich schon lange nicht mehr gesehen. Du gehst langsam ein wie eine Primel."

„Sarah!"

„Was denn?" lachte sie. „Komm schon, du bist 33! In der Blüte deines Lebens! Ist doch eh langweilig, sein Leben lang ein und denselben Typen im Bett zu haben. Gönn dir!"

The night we met - Felix Lobrecht FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt