じゅうよん

147 9 0
                                    

"Ronald?"

Die nächste Tür schließend stieß ich einen Seufzer aus. Nachdem ich erst den für all das hier verantwortlichen Arzt, Rian Stoker, nicht hatte finden können und nun auch der blonde Shinigami verschwunden blieb, begann ich langsam mir ernsthafte Sorgen zu machen. 

Die kalte Meerluft blies mir die schwarzen Haare aus dem Gesicht und seufzend fuhr ich mir ein weiteres Mal an diesem Abend über die Augen. Mir gefiel das alles nicht. Erst ging dieses seltsame Experiment Stokers schief, dann hörte ich ein mich heimsuchendes Kichern, welches ich lieber nicht gehört hätte, anschließend musste ich mich von einem verdammten Dämon retten lassen und jetzt blieb auch mein Partner spurlos verschollen. Und wo Grell Sutcliff, die die Hauptschuld dafür trug, dass ich hier war, abgeblieben war, würde ich auch langsam gern mal wissen. 

Frustriert raufte ich mir die Haare. Das durfte doch alles nicht wahr sein!

"Miss Mabelle!"

Ruckartig drehte ich mich um, doch im nächsten Moment schon schlossen sich zwei Arme um mich und ich stolperte ein paar Schritte nach hinten, wobei mir die Sense aus den Händen glitt und mit einem deutlich vernehmbaren Scheppern zu Boden ging. Doch das war mir herzlichst egal, als ich die blonden Haare, die das Einzige waren, was ich sehen konnte, erkannte und zuordnen konnte. Fast sofort erwiderte ich die Umarmung und drückte Ronald an mich.

"Du verdammter Mistkerl, wo zum Grab meiner Seele warst du?!", motzte ich gleich drauflos, kaum, dass wir uns gelöst hatten. Verlegen kratzte der Jüngere sich am Kopf. 

"Die Sache mit dem blöden Dämon hat länger gedauert als erwartet. Ich musste mich beeilen, die ersten Seelen einzusammeln, bevor es richtig losgeht. Entschuldigung, Miss Mabelle!"

Zerknirscht sah mich der Blonde an, doch ich legte ihm nur versöhnlich eine Hand auf die Schulter.

"Du hast deine Pflicht getan. Mir tut es leid, ich hätte dich nicht so anfahren sollen!"

Ronald Knox lächelte, bevor er sich bückte und meine Sense hochhob, bevor er mir jene überreichte. Dankend nahm ich sie entgegen.

"Weißt du, wo Michaelis abgeblieben ist?", fragte Ronald, während er zu mir an die Reling trat und für einen kurzen Moment die Augen schloss. 

"Er ist bei seinem jungen Herrn.", erwiderte ich stumpf, nicht erpicht darauf, meinen Schüler in meine vergangenen Erlebnisse einzuweihen. Ronald schien zu verstehen, dass ich über keine weiteren Details sprechen wollte, weshalb er es nur abnickte und anschließend seine Todesliste herausholte und begann, die Seiten der Seelen abzustempeln, die er bereits geerntet hatte. Wortlos sah ich ihm dabei zu, bis er fertig war und die Liste wieder einsteckte, bevor er zu mir sah. 

"Ist alles in Ordnung? Du bist... anders?"

Ich schluckte.

"Es ist... einfach nur seltsam, wieder so halboffiziell im Dienst zu sein, schätze ich. All die Tode, diese Monster, die Campania, der Eisberg, auf den wir zusteuern-"

"WAS?!"

Schmunzelnd beobachtete ich, wie Ronald sich um 180 Grad drehte und voller Entsetzen auf den Eisberg sah, dem sich die Campania unaufhaltsam und frontal näherte.

"Woher weißt du von dem Eisberg?", rief Ronald aus, weshalb mein Schmunzeln zu einem versucht unterdrückten Grinsen mutierte.

"Seit ich hier stehe, mein lieber Ronald!"

"Und du hattest vorher nicht die Idee, mich etwas eher und... besser darauf aufmerksam zu machen?", maulte Ronald schlecht gelaunt. Ich lachte leise.

"Es hat gerade so gut gepasst. Verzeih mir bitte, lieber Ronald!"

Ronald brummelte etwas in seinen nicht vorhanden Bart, doch konnte ich einzelne Fetzen wie "Mum", "legendäres Duo" und "Grell wird mich umbringen" heraushören, weshalb ich mir wirklich Mühe geben musste, um nicht lauthals loszulachen. 

"Man, das sieht nach jeder Menge Überstunden aus. Dabei konnte ich die bisher immer vermeiden!", jammerte Ronald schließlich weiter.

Belustigt trat ich neben ihn. 

"Aber unsere allerliebste Aufsichtsbehörde verlangt es nun mal!", erklärte ich, während ich zusah, dass Ronald erneut seine Todesliste aus seinem Jackett herausholte und durch sie blätterte. 

"So viele zu erntende Seelen-"

"- und das auch noch nur zu dritt!", vollendete ich seinen Satz. Fragend sah Ronald zu mir auf, jedoch nickte ich in Richtung des Eisberges. Ronald beugte sich etwas nach vorn und kniff die Augen zusammen, bevor auch er die jüngste Shinigami ganz in rot auf dem Eisberg ausmachte. 

Inzwischen hatte die Campania den Berg fast erreicht und in dem Moment, in dem sie ihn rannte, erklang auch das altvertraute Dröhnen von Grells Kettensägen-Sense.

"Zumindest wissen wir jetzt, wo Kollege Sutcliff ist!", gab Ronald als Kommentar von sich, weshalb ich schmunzeln musste.

Im nächsten Augenblick sahen wir, wie eine Gestalt über unsere Köpfe sprang und hinter uns auf dem Schiff landete, weshalb wir uns umdrehten. Unverkennbar; rote wilde Haare, spitz zulaufende Zähne und die markante rote Kleidung - Grell Sutcliff.

"Das ist wahrlich eine Seereise des... Todes!", schrie Grell aufgedreht, weshalb Ronald und ich uns nur einen kurzen Seitenblick zuwarfen. Yep, definitiv unsere Grell. Immer aufgedreht, immer zu aufgeregt, wenn es um Massaker ging. 

Als die Jüngste uns bemerkte, quiekte sie kurz auf und kam zu uns herüber gerannt, wobei die Absätze ihrer - wer hätte es gedacht - roten Schuhe klackernde Geräusche auf dem hölzernen Schiffsboden machten.

"Mum-Novalee!", rief Grell fröhlich und warf sich mir in die Arme, weshalb mir erneut an diesem Abend die Sense aus den Händen glitt, dieses Mal jedoch glücklicherweise von Ronald aufgefangen wurde, der nur belustigt zu uns hinübersah. 

"Ich freue mich auch, dich zu sehen, Grell!", presste ich hervor, bevor die rothaarige Shinigami von mir abließ und wie ein kleines Kind in die Hände klatschte.

"Oh, es ist ja so aufregend, findet ihr nicht auch?", rief sie ausgelassen und drehte sich einmal um sich selbst. Währenddessen gab Ronald mir meine Sense zurück und räusperte sich, was ihm zumindest die halbe Aufmerksamkeit der ungestümen Shinigami vor uns einbrachte.

"Ich möchte dein Hoch nicht platzen lassen, werter Kollege, aber es gibt genug zu tun und-"

Ein behandschuhter Finger auf seinen Lippen unterbrach ihn und eilig presste ich meine freie Hand auf meinen Mund, um nicht loszulachen.

Vollkommen perplex sah Ronald Grell an, die direkt vor ihm stand und ihn mit ihren spitzen Zähnen angrinste.

"Ich weiß, ich weiß, ich weiß. Aber bevor wir anfangen, möchte ich unbedingt noch etwas machen. Komm mit!". Und mit diesen Worten packte Grell Ronald an der Hand und zerrte ihn erbarmungslos hinter sich her, wobei ich schmunzelnd hinterher trottete. Mal sehen, was Grell jetzt wieder geplant hatte. 

✔︎|𝐤𝐨𝐬𝐚𝐦𝐞Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt