にじゅういち

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"Wie bitte? So viele?", stieß Ronald entsetzt aus, während er und ich synchron Grell losließen. Sofort zog ich Rian in unsere Mitte, sodass wir ihn vor den Monstern abschirmten, die versuchten, ins Innere zu uns zu kommen. Mir war bewusst gewesen, dass es einige Monster geben musste, doch dieses Ausmaß drohte überwältigend zu werden.

"Viscount, schalte den Apparat ein!", brüllte Ciel den Blonden an und ich drehte gerade rechtzeitig den Kopf in dessen Richtung um zu sehen, wie dieser genervt zu dem Earl aufblickte.

"Non! Ich bin ab sofort kein Viscount mehr! Sondern Kaiser! Wenn du mich mit Kaiser ansprichst, schalte ich ihn ein!"

Sprachlos sahen wir ihn an. Wie konnte man nur so übergeschnappt sein? Als ob wir ihn mit Kaiser ansprechen würden? Irgendetwas musste doch mit ihm schief gelaufen sein!

"Ist er mit Napoleon verwandt?", fragte ich Ronald, doch dieser seufzte nur mit verzerrtem Gesichtsausdruck.

"Nein, aber ich stimme Ihnen zu, man könnte es wahrlich vermuten!"

Fieberhaft ging ich erneut im Kopf die Todesliste durch. Doch der Viscount kam mir nicht in Erinnerung. Warum zum Grab meiner Seele mussten immer die falschen Menschen überleben?!

"Lass ihn uns doch sofort töten!", hörte ich Ciel im nächsten Moment sagen. Ach was? Jetzt auf einmal?

"Bitte wartet noch. Obwohl ich Euren Wunsch verstehe!", erwiderte Sebastian, weshalb ich mir ein Schmunzeln nicht verkneifen konnte. Cleverer Schachzug Dämon, wirklich cleverer Schachzug.

Meine Aufmerksamkeit lenkte sich wieder zu den wandelnden Leichen, von denen die ersten es inzwischen geschafft hatten, durch die zerbrochenen Glaswände zu klettern und sich aufzurichten. Es war doch recht erstaunlich, dass ihnen die blutigen Kratzer und teilweise auch tiefen Wunden überhaupt nichts auszumachen schien. Stöhnend, schreiend, knurrend und unverständliche Laute ausstoßend taumelten sie auf uns zu.

"Haltet sie auf!", rief ich meinen Schützlingen zu und im nächsten Moment hörte ich sowohl den Rasenmäher, als auch die Motorsäge aufheulen und sah aus dem Augenwinkel, wie sich Ronald und Grell ins Getümmel stürzten. Ich selbst blieb bei Stoker und kümmerte mich darum, dass der Mensch am Leben blieb. Mein Gefühl sagte mir, das wir ihn noch brauchen würden und das jetzt nicht der richtige Zeitpunkt sei, dass er sterben würde.

"Du bist viel zu langsam!", hörte ich Grell dabei meckern, während sie mit einem Schwung ihrer Säge gleich mehreren Monstern die Kehle durchschnitt und sich deren Blut, welches sich noch in ihren Körpern befand, auf ihrer Kleidung verteilte. Ich konnte sie jetzt schon jammern hören, dass diese Flecken nie wieder rausgehen würden.

"Pass lieber auf, dass deine Klamotten nicht dreckiger werden!", schoss Ronald sofort zurück, während er sich weiter um diese Leichen kümmerte.

Unterdrückt schmunzelte ich. Nicht einmal eine so ernste Situation wie die Jetzige konnte die beiden vom Streiten und miteinander Messen abhalten. Sie waren wahrlich wie ein altes Ehepaar!

"Sind die immer so?", hörte ich Stoker fragen, den ich an das Geländer hinter mir gepresst hatte, um ihn nicht im Weg zu haben. Ich konnte die Panik in seiner Stimme hören und wusste, dass er die Frage nur gestellt hatte, um nicht vollkommen zu hyperventilieren.

"Jeden Tag!", antwortete ich über meine Schulter, bevor ich dem nächsten Zombie eins mit dem spitzen Ende meines Stockes in den Nacken verpasste und er endgültig leblos vor mir zum Liegen kam. Angewidert stieß ich ihn zur Seite, sodass er mir nicht im Weg lag und machte mich bereit, den nächsten Leichen den Garaus zumachen.

"Ah, meine Gladiatoren, die unter vollem Körpereinsatz ihr Leben geben!". Ugh, der blöde Viscount schon wieder!

"Halt die Klappe!", schnaufte ich, während ich die nächsten drei Zombies erledigte. Wie konnte er bitte Spaß daran haben zu sehen, wie eigentlich tote Menschen lebende Wesen attackierten und umbringen wollten?! War Ronald sich sicher, dass er nichts mit dem ehemaligen französischen Kaiser zu tun hatte?

"Als wäre dies hier das Kolosseum der Sittenlosigkeit und ich, der ich an einem Glas Wein nippend, dieses Szenario betrachte wie einstmals der große Kaiser!", schwafelte der Möchtegern-Kaiser Viscount weiter.

"Ah, können wir den Kerl nicht einfach umbringen?", hörte ich Ronald von unten aus dem Foyer brüllen. Stumm seufzte ich. So gern ich es wollte, es war uns Shinigami verboten, einfach so in das Leben der Menschen einzugreifen. Wir konnten nichts tun, um ihn auszuschalten. Der Einzige, der von uns übernatürlichen Wesen in der Lage dazu war, war - leider- der Dämon. Doch dieser hatte mit dem Earl auf dem Arm genug zu tun, als dass er sich jetzt um den Viscount kümmern konnte.

"Und warum hast du mich dann eben davon abgehalten?", schnauzte Grell ihn an, bevor sie eine weitere Leiche endgültig umbrachte und anschließend zu mir nach oben sprang, um mir zu helfen.

Von Ronald vernahm ich nur ein gebrummtes Nuscheln, bevor auch er zu uns beiden hochkam, um Rian Stoker zu schützen.

"Hey, du da!", brüllte Grell den Viscount an "Setz jetzt sofort das Ding in Betrieb!"

"Aber gerne!", säuselte der Viscount und verwirrt sah ich zu ihm hinüber. Was war denn jetzt los? Warum war er plötzlich gewillt, unseren Forderungen nachzukommen?

Die Antwort auf diese Frage kam kurz darauf in Form auf einer Aufforderung.

"Es ist an der Zeit; mein Reich entsteht! Und von euch, meinen Untertanten, erwarte ich nun den edlen Tanz des Phönix zu sehen, mit dem ihr eurem neuen Kaiser die Treue schwört!", rief er theatralisch.

"Lasst ihn uns töten!", kam es vierstimmig als Antwort. Ciel, Sebastian, Ronald und Grell machten sich bereit, auf den Viscount zu stürzen. Mit Mühe hielt ich die beiden Shinigami zurück.

Doch plötzlich mischte sich eine neue Stimme in das Gespräch mit ein. Eine Stimme, die mich nach all den Jahren verfolgte und von der ich gehofft hatte, sie nie wieder hören zu müssen.

"Nanu? Wollt ihr wirklich, dass das hier endet, ohne das ihr je erfahrt, wozu dieser Apparat in der Lage ist?"

Wie vom Blitz getroffen drehte ich mich um. Das konnte nicht sein. Wie war er mir nicht aufgefallen? Wie hatte ich ihn übersehen können?

Voller Entsetzen glitt mir der Stock aus den Händen und fiel scheppernd zu Boden, als ich meinen alten Freund und Duo-Partner dort unten neben dem Viscount stehen sah.

✔︎|𝐤𝐨𝐬𝐚𝐦𝐞Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt