Pt. 1 „Wiedersehen"

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POV Ivan

Seit meinem Unfall waren einige Monate vergangen.
Monate, die wohl mit die schwersten in meinem bisherigen Leben waren.
Irgendwie hatte ich es geschafft, mich nach dem Koma wieder zurück ins Leben zu kämpfen, während mir der Tod meines Vaters noch immer ziemlich zu schaffen machte.

Sicher war es ein langer Weg, doch war ich nun an dem Punkt, an dem ich endlich wieder ein selbstständiges Leben führen konnte, wie ich es auch vor dem Unfall tat.
Auch wenn meine Schullaufbahn sich noch um ein weiteres Jahr verlängerte, da ich aufgrund des langen Krankenhausaufenthaltes die Klasse wiederholen musste, war ich mehr als froh nicht mehr an Maschinen gebunden zwischen Leben und Tod zu schwanken.

Nach der Reha zog ich zurück in das Haus meines Vaters, auch wenn dies die Sehnsucht nach ihm nicht gerade erleichterte.
Ich konnte mich einfach nicht überwinden auszuziehen oder das Haus zu verkaufen und so versuchte ich mein Leben wieder halbwegs auf die Reihe zu bekommen.

Meine Gedanken schweiften noch immer ständig um Patrick.
Viel zu oft hörte ich mir die Sprachnachricht an, die er neben meinem Krankenbett aufnahm, während mein Leben an dem seidenen Faden hing.
Doch obwohl ich ihn vermisste und am liebsten die Zeit zurückgedreht hätte, zurück zu dem Punkt, an dem mein Leben noch perfekt schien, war da noch eine innere Stimme die mir sagte, dass Patrick mit Schuld am Tod meines Vaters hatte.

Isadora, mit der ich nach wie vor eng befreundet war, besuchte mich regelmäßig zuhause und motivierte mich aus dem Bett zu kommen, was mir an manchen Tagen alles andere als einfach fiel.
Oft redeten wir über Patrick, doch machte ich vor ihr immer einen taffen Eindruck.
Sie machte sich ohnehin schon genug Sorgen um mich.

Es war Freitagabend und ich machte mich wie üblich, seid ich wieder einigermaßen auf den Beinen war, fertig für das Nachtleben Madrids und stürzte mich in die Clubs und Partys der Hauptstadt Spaniens.
Der Einfluss von Alkohol und Drogen ließ mich meine Sorgen und Probleme eine Zeit lang vergessen, eine Zeit in der sich mein Leben so unbeschwert und einfach anfühlte.
Doch mir war bewusst, dass derartige Substanzen nicht wirklich eine Lösung für meinen Kummer waren.

Indem ich mich mit anderen Typen ablenkte, versuchte ich Patrick irgendwie vergessen zu können.
Doch mehr als One-Night-Stands ließ ich nicht an mich ran.
Patrick war weg, weggezogen in eine andere Stadt und ich wusste nicht, ob ich ihn überhaupt jemals wiedersehen würde.
Ich wusste nicht einmal wie es ihm ging, was er machte und ob er überhaupt noch an mich und unsere gemeinsame Zeit dachte.

Freitag
Bekleidet in einer Hellblauen Jeans sowie einem weißen, lockeren Hemd, durch das man bei genauer Betrachtung meine Brustmuskulatur erkennen konnte, stieg ich in das Taxi, welches mich in die Innenstadt, genauer gesagt vor die Eingangstüre von Isadora's Club brachte.
Als ich bezahlte und die Türe öffnete, sah ich bereits eine lange Schlange vor dem Eingang stehen.
Ich verstaute meine Hände in meinen Hosentaschen und mit gesenktem Blick steuerte ich geradewegs auf die Schlange zu, welche beinahe bis zur Straße reichte.

Da bist du ja. Freut mich." erklang eine mir bekannte Stimme in unmittelbarer Nähe, und kurz darauf fiel mir auch schon Isadora um den Hals.
Sie schleuste mich durch den Backstage Eingang und verabschiedete sich kurz darauf wieder, um ihre Partygäste auf der Tanzfläche Willkommen zu heißen.
Von Minute zu Minute wurden die Menschenmassen immer mehr und ich beschloss, mir erstmal einen Drink an der Bar zu holen, bevor ich möglicherweise eine Ewigkeit anstehen müsste.
Ich bezahlte, gab dem jungen Kerl hinter der Theke gutes Trinkgeld und mit meinem Sex on the Beach wandte ich mich wieder den Geschehnissen auf der Tanzfläche zu.
Meine Augen überflogen den mit bunten Scheinwerfern beleuchteten Bereich, doch bis auf Isadora, welche sich nun mit einem Mikrofon hinter das DJ Pult begeben hatte, fiel mir kein bekanntes Gesicht ins Auge.

POV Patrick

Die letzten Monate waren alles andere als einfach.

Nachdem mein Vater mit meinen Schwestern und mir in eine andere Stadt gezogen ist, bröckelte das Verhältnis zwischen uns noch stärker als es zuvor schon der Fall gewesen war.
Der Umzug in das neue Haus, einige Stunden von Madrid entfernt brachte ebenfalls enormen Stress mit sich.
Nur wenige Wochen nach unserer Ankunft mussten wir erneut umziehen.
Man drohte meinem Vater auf dem Weg zu seiner neuen Arbeit, bewarf unsere Fenster mit Steinen und zerkratzte die Türen unserer Autos.
Hassbotschaften landeten in unserem Briefkasten. ‚El Asesino' schrieben sie auf unser Garagentor sowie an unsere Hauswände.
Weder ich, noch mein Vater, noch meine Schwestern konnten Nachts beruhigt ein Auge zumachen.

Auch nach dem erneuten Umzug wurde die Situation zwischen meinem Vater und mir nicht besser.
Aus Provokation schwänzte ich häufig die Schule, traf mich mit irgendwelchen Typen und lenkte mich irgendwie mit Alkohol und Drogen ab.
Als auch meine Schulischen Leistungen immer mehr den Bach hinunterliefen, beschloss ich zurück in unser altes Haus zu ziehen.
Ich brauchte eine Veränderung um diesem Teufelskreis zu entfliehen.
Obwohl mein Vater anfangs skeptisch mit der Augenbraue gezuckt hatte, willigte er schließlich ein. Er hatte eingesehen, dass das Zusammenleben zwischen uns einfach nicht mehr funktionierte.

Nun war ich wieder in Madrid.
An dem Ort, an dem ich wohl die aufregendste Zeit meines Lebens hatte, doch auch die Zeit die mich am meisten prägte.
Haufenweise Partys, heiße Kerle und Drogen - das war bevor ich Ivan kennenlernte und zum ersten Mal in meinem Leben so richtig verliebt war.

Isadora war einige der wenigen der ich erzählt hatte, dass ich zurück in der Stadt bin.
Obwohl ich zuvor doch ein gutes Verhältnis mit ihr pflegte, hatten wir die letzten Monate kaum Kontakt. Nicht nur ich versuchte mein Leben auf die Reihe zu kriegen, auch sie hatte wohl einige Schwierigkeiten.
Wenigstens konnte ich auf ihre Unterstützung hoffen, wenn ich ab nächste Woche zurück in der Las Encinas sein werde.
Aufgrund meines häufigen Fehlens musste ich nämlich die 12. Klasse wiederholen.

Als ich Isadora erzählte, dass ich zurück in Madrid war, schlug sie vor uns Freitagabend vor ihrem Club zu treffen, in dem sie wöchentlich Partys veranstaltete.
Anfangs war ich etwas skeptisch.
Die ganzen Leute wiedersehen, nachdem ich damals von einem Tag auf den anderen abgehauen bin?
Zurück in mein altes Muster fallen, das von Partys buchstäblich geprägt war?
Doch die Verlockung war zu groß um nicht hinzugehen.
Vor allem erhoffte ich mir von Isadora etwas über Ivan zu erfahren.
Seit ich mich damals an seinem Krankenbett von ihm verabschiedete, als er noch im Koma lag, hab ich nichts mehr von ihm gehört, ihn nicht mehr gesehen.
Wie auch? -
Sein Vater war Tod, seine Verwandten kannte ich nicht und seine Nummer hatte ich im Affekt von meinem Handy gelöscht.
Verdammt, viel zu gern wüsste ich, wie es Ivan geht. Ist er noch im Krankenhaus?
Ist er aus dem Koma erwacht?
Geht es ihm wieder gut?
Ist er ...?
Tausende Fragen schwirrten durch meinen Kopf und ich hatte keine Antwort.

Freitag
Es war der Tag. Der Tag der Party.
Ich hatte ein schwarzes, langärmliges Hemd, welches bis über die Brust aufgeknöpft war sowie eine cremefarbene, etwas weitere, lockere Hose angezogen.
Vor Isadoras Club stand bereits eine lange Schlange und es dauerte einige Zeit bis ich mich endlich nach drinnen durchringen konnte.
Bunte Lichter überfluteten die Tanzfläche, Musik dröhnte durch die Boxen und Partygäste tanzten - auf den ersten Blick erkannte ich kein mir bekanntes Gesicht.
Ich schaute mich um und hielt nach Isadora Ausschau - doch vergeblich.
Ich beschloss, in Richtung Bar zu laufen und mir erst einmal einen Drink zu bestellen. - Ohne hielt man es zwischen all den feiernden, betrunkenen Menschen auch nur schwer aus.
Als ich mich durch die Masse drängte, traute ich meinen Augen kaum.
Mein Herz rutschte mir beinahe in die Hose, als ich vor der Bar, mit einem Cocktail in der Hand Ivan erblickte.
War das wirklich kein Traum?
Stand er wirklich nur wenige Meter von mir entfernt?

Élite - Patrick & Ivan: FanficitonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt