G223zi (1)

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Die Geschichte hat mir gut gefallen, obwohl da deutlich mehr dringewesen wäre – punktemäßig. Inhaltlich finde ich sie sympathisch und überzeugend, sprachlich benötigt sie aber noch Umsicht und Übung.

Erzählt wird die Geschichte von zwei Freundinnen. Die eine ist Besitzerin eines Buchladens und erlebt eine merkwürdige Begegnung. Ein Mann, heruntergekommen und auffällig, betritt immer wieder den Laden, ohne etwas zu kaufen. Einen Grund dafür erkennen sie nicht. Sie nimmt ihren Mut zusammen und spricht ihn an – die Erzählung kommt ins Rollen. Der Mann ist selbst Autor und hat (scheinbar) einen modern gekleideten Doppelgänger. Auch dieser taucht auf, die Verwirrung ist komplett. Beide sind Besucher aus einer anderen Zeit, auf der Suche nach… stopp. Mehr Spoiler gibt’s an dieser Stelle nicht.

Die Protagonistinnen sind Dir gut gelungen. Sie leben ihre Träume und komme recht authentisch rüber. Es fiel mir nicht schwer, mich mit ihnen zu identifizieren – das liegt aber sicher auch an ihrer Vorliebe für Bücher. Das Herrenpaar empfinde ich als weniger individuell, das liegt sicher daran, dass sie insgesamt in der Geschichte seltener auftauchen und für mich recht stereotypisch wirken.

Die Handlungsentwicklung finde ich gut gelungen – es bleibt immer ein wenig nebulös, wie alles zusammenhängt- die Aufklärung gelingt Dir gut und den Twist am Ende finde ich sehr herzlich und schön. Spannend ist sie also, Deine Geschichte. Man merkt, dass Du viel Zeit und Gedanken in den Aufbau investiert hast. Auch Deine Recherche spürt man deutlich.

Sprachlich hat mich die Geschichte streckenweise aber nicht überzeugt. Das liegt auch an den teils überbordenden Wortwiederholungen („hatte“!!!! ich habs nicht gezählt, gefühlt hast Du es tausend Mal genutzt 😉), vor allem aber auch an den teils zu ausführlichen, stellenweise zu kurzen und sprachlich umständlich zu lesenden Beschreibungen. Die Geschichte wird für mich dadurch zu einem (anstrengenden) slow-read: immer wieder bin ich hängen geblieben an Beschreibungen, die…

-        sehr passiv und ausufernd sind: „…Nachdem sie das Teilchen mehr oder weniger sinnierend und in ihren Hirngespinsten versinkend inhaliert hatte,…“

-        moderne und sehr alte Begriffe zusammenbringt, ohne dass das passt: „strange“, „yes“, „Girl“ „Stadium“ vs. „geschriebenes Wort“, „Heißgebräu“, „mäßigen“

-        unfreiwillig komisch klingen bzw. deren innere Logik sehr fragil ist: „sich das erste Puzzlestück an seinen Platz legte“ -  „Auch im Gesicht seines Gegenübers strahlte ihn diese Erkenntnis an.“ – „Gesichtsausdrücke zerfielen“ – „Jack entglitt seine Mimik“ – seine Schritte „schliffen“

-        Dinge beschreiben, die nicht immer wieder, in verschiedener Auskleidung, beschrieben werden müssen: Gesichtsexpressionen, funkelnde Augen – vor allem nicht mit diesen Begriffen!!! 😊: „schreckensgeweitet“ „veilchenbau“… alles im Augenkontext, „ungläubig“,  Schultern „straffen“ etc.

Was mich vor allem etwas frustriert hat ist, dass Du in meinen Augen sprachlich echt was auf dem Kasten hast. Manche Sätze gelingen Dir wirklich gut! Ich vermute vielleicht mangelnde Schreibübung… so oder so, versuche weniger Wert auf die Beschreibungen von Handlungen oder Körperexpressionen zu legen und konzentriere Dich darauf, die Figuren handeln zu lassen. Handlungen tragen Geschichten, nicht… ich überspitze hier bewusst, sieh mir das nach… die Augenfarbe oder in die Hüften gestemmte Hände. Versuche, Beschreibungen nicht „aufzublähen“, wo es beim lesen nur aufhält. Ich lehne mich jetzt mal gaaanz weit aus dem Fenster und behaupte, dass Du locker 1000 Wörter streichen könntest, ohne dass die Geschichte darunter leidet. Okay, das ist aber nur meine Idee… vielleicht versuchst Du es mal. Ich habe das mal selbst mit einem Kapitel meines Buches versucht und es war enorm erhellend.

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