Ideenzauber 2023 - Kritikbüchlein

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Deine Geschichte ist sehr kurz und Du erzählst sie in Form eines Zeitraffers. Anders hätte all das, was erzählt wird, nicht in diese Geschichte gepasst. Die Grundidee finde ich rührend, aber etwas konventionell. Es ist die Geschichte zweier Männer, die zueinander und die Liebe finden und durch Schicksalsschläge auseinandergerissen werden – nur um am Ende erneut und unter anderen Bedingungen zusammen zu sein.

Leider hat mich Deine Geschichte nicht abgeholt. Bei so persönlichen Themen hätte ich eine andere Erzählweise gewählt. Du erzählst und fasst zusammen – natürlich sind es Erinnerungen, aber sie sind sehr gedrängt, bleiben dadurch sehr oberflächlich und wenig individuell. Es fehlt hier der Raum für Gefühle… diese entfalten sich in Zwischentönen, in kleinen Gesten, in bedächtigen Worten… dafür ist leider kein Raum. Alles drängt, alles entwickelt sich, alles endet. Das geht mir zu schnell und geht zu Lasten der Hauptfiguren. Für mich bleiben sie austauschbar: wir erfahren nahezu nichts über sie.

Gut gelingt es Dir stellenweise, Stimmungen einzufangen. Die Schilderungen des Strandes gefallen mir. Ein paar Details fand ich gut getroffen, darunter auch die titelgebenden Spuren im Sand. Insgesamt bleibt die Welt aber farblos. Angesichts der geringen Wortzahl wäre die Fokussierung auf wenige Szenen oder Aspekte der ganzen Geschichte sinnvoll gewesen – diese auszubauen und mit Vor- und Rückblenden einzukleiden hätte vermutlich auch mit geringer Wortzahl funktioniert.

Sprachlich hast Du Deine Geschichte gut lesbar gestaltet, wobei ich manche Sätze recht holprig fand, weil die Satzteile nicht gut harmonierten oder sie sich sperrig lasen (Bsp.: „Es wirkte mehr…“), teils fand ich die Wortwahl etwas deplatziert (es „warf ihn ins Bett“ für Erkrankung – „schulterlange Tracht“ statt Pracht; „schwand der Grund unter seinen Füßen“). An manchen Stellen wiederholen sich Worte gerne mal, gerade die Vergangenheitsformen. Rechtschreibfehler habe ich nur wenige gefunden.

Der Aufbau der Geschichte ist logisch aufgebaut, leider aber auch sehr berechenbar. Die erste Situation ist ein bisschen mehrdeutig, das wird zum Ende hin aufgelöst, aber überraschend kommt das nicht. Gerade die Gewissheit am Ende hätte von der Anlage her berührend sein sollen… das Bild sagt „selbst im Ende sind sie beieinander und teilen ihre Erinnerungen“. Das mag gut sein, hat mich aber nicht wirklich berührt, weil Emotionen zu wenig Raum bekommen. Wenn, dann beschreibst Du sie, aber zeigst sie nicht.

Menschen äußern ihre Gefühle dadurch, dass sie verliebte Dinge tun und wir behutsam an die Hand genommen werden und sie in ihrem Tun begleiten können. Gerade für romantische Geschichten halte ich das für essenziell. Gefühle entwickeln sich, auch die Auf- und Abs. Diese Entwicklung braucht Zeit/Zeilen. Gib sie Deinen Figuren, lass sie agieren.

Wichtig ist auch: liefere Details, wo Leser diese erwarten. Oft ist von einer fatalen Krankheit die Rede. Von welcher? Angedeutet wird, dass diese erblich ist – war das Schicksal absehbar? Wie wäre der Prota mit diesem Wissen umgegangen? Diese Art von Detail eröffnet unzählige Möglichkeiten, dramatische Entscheidungsdilemmata anzubahnen.

Baue die Dialoge aus. Gespräche sind das Salz in der Suppe gerade von romantischen Geschichten. Sie bereiten den Grund für Konflikte, erhellen Verhältnisse zueinander und treiben die Geschichte an. Versuche auch, weniger zu wollen. Du hast versucht, eine ganze Lebensgeschichte in knapp 1250 Worte zu quetschen. Das ist schlicht nicht machbar oder nur dann, wenn enorm sichere Schreibfähigkeiten da sind und selbst dann dürfte das mehr schlecht als Recht gelingen.

Ich erkenne aber auch deutlich, dass Du Geschichten erzählen kannst. Vielleicht ist das Thema zu ungewohnt, vielleicht ist es ganz neu, vielleicht fehlt hier etwas Sicherheit, Genretypisches zu erkennen und in den Fokus zu rücken. Ich bin sicher, dass Dir das zusehends besser gelingen wird, je mehr Du im Rhythmus bist und darüber schreibst.