Ideenzauber 2023 - Kritikbüchlein

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Die Idee der Geschichte gefällt mir grundlegend gut – eine großangelegte Schnitzeljagd rund um die Welt bietet auf dem Papier jede Menge Raum für Spannung und unerwartete Wendungen, Geheimnisse und Widersacher. Doch hier sehe ich auch eine große Schwierigkeit, denn das alles wäre genug Stoff für einen ganzen Roman. Versucht man, diese Menge an Handlung trotzdem in fünftausend Wörter zu quetschen, sind Abstriche bei der Qualität kaum zu vermeiden.

Die Handlung ist so umfangreich, dass kaum Zeit für Details und Hintergrundinformationen, Beschreibungen oder eine saubere Figurenentwicklung bleibt und dem Handeln der Figuren mangelt es stellenweise an Logik bzw. Verhältnismäßigkeit. Zum Beispiel ruft Riley nicht die Polizei, nachdem Marcus sie beinahe erwürgt hätte - sie wirkt nicht mal besonders ängstlich oder panisch, dabei hat sie das Bewusstsein verloren! Stattdessen bietet sie ihm am nächsten Tag die Zusammenarbeit an.

Zu fehlen scheint etwa der Erkenntnisprozess Shakespeare und Co = Buchladen = Paris oder woher Markus und Riley wissen, dass sie an anderen Orten weitere Bücher finden würden. Die späteren Bücherfunde werfen wiederum Fragen auf.

Warum können sie völlig ungestört auf dem Kolosseum herumklettern? Gibt es da kein Sicherheitspersonal? Sind die Bücher wasserfest eingepackt? Es gibt keinen Hinweis darauf, aber warum sind sie dann nicht längst von Feuchtigkeit zerfressen? Versuch beim nächsten Mal, dich noch ein bisschen mehr in die Situation hineinzudenken, geistig alle Eventualitäten durchzuspielen. Dann kommst du automatisch auf Dinge, die du beschreiben möchtest und das hilft wiederum, die Atmosphäre zu entwickeln. Die Freiheitsstatue etwa steht direkt an der Küste, im Hafen. Unter welchen Umständen kann sie dann untersucht werden? Hallen Geräusche vom Hafen herüber, riecht es nach Meer? Das (hoffentlich in wasserfestes Papier eingepackte) Buch ist vielleicht mit Salzablagerungen überzogen.

Außerdem könnte eine präzisere Sprache das Lesen erleichtern – an manchen Stellen war ich nicht einmal sicher, was vor sich geht, weil Handlung und Sprache nicht stringent erscheinen. Zur Verdeutlichung folgende Textpassage:

„Natürlich sind wir so früh es ging nach Rom geflogen, um dort das nächste Buch zu finden und ich war definitiv für alles bereit was kam. Marcus war nicht mehr wirklich begeistert das wir wieder wohin flogen. Er wollte lieber noch etwas länger in New York bleiben. Ich glaube dies war der Moment wo alles eskalierte, denn danach schrien wir uns nur noch an wann wir nach Rom gingen. Bis zu dem Punkt wo ich es nicht mehr aushielt und mich im Bad einschloss.“

In den darauffolgenden Absätzen erfahren wir jedoch, dass Riley erst an diesem Tag Flugtickets nach Rom bucht, und zwar für drei Tage später, damit sie noch Zeit in New York verbringen können. Das ist für mich als Leser ziemlich verwirrend, denn nach den ersten paar Sätzen dachte ich, okay, die beiden sind jetzt also in Italien und Marcus gefällt das wohl nicht. Sie streiten über den Abreisezeitpunkt – vielleicht ein bisschen spät, aber gut. Und auf einmal sind sie noch gar nicht in Rom? Das ist deine Geschichte, es sind deine Ideen und deine Figuren - du musst nicht nur Entscheidungen für sie treffen, sondern solltest auch versuchen, sie konsequent durchzuziehen.

Ich hoffe, dass dir einige der Impulsfragen helfen können, eine neue Perspektive auf deine Geschichte zu gewinnen, um sie weiter auszuarbeiten, wenn du das möchtest.

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