Die Geschichte ist eine nette, kurze, lockere Geschichte über Verschwörungtheorien. Ein bisschen witzig, ein bisschen absurd, ein kleiner mahnender Blick Richtung Leser am Ende und rundum ein Vergnügen zu lesen.
Getragen wird sie definitiv von den sechs Hauptcharakteren, die wunderbar distanziert charakterisiert werden. Klar werden da auch Klischees bedient, aber das macht sie alle irgendwie lebendig und liebenswert. Ein paar Beschreibungen mehr hätten nicht geschadet, besonders von Mia konnte ich mir nicht wirklich ein Bild machen. Foster nennt sie am Ende ein Mädchen, was impliziert, dass sie noch eine Jugendliche ist, was auch aus ihrem Verhältnis zu Lucas so wirkt, andererseits nennt Brooks sie Mrs., was impliziert, dass sie eine erwachsene, verheiratete Frau ist. Da hätte ein bisschen Beschreibung nicht geschadet. Bei den anderen ist das besser gelungen, vor allem von Luc, Betsey und Nikolas hatte ich ein sehr deutliches Bild vor Augen.
Dein Schreibstil hat das Lesen sehr angenehm gemacht, es war aber ein bisschen irritierend, dass sich der Anfang so stark vom Rest unterschieden hat. Er hat eine schöne Atmosphäre gesetzt, aber es wirkt etwas unrund, dass du dich entschieden hast, den Leser da im Präsens direkt anzusprechen und dann die gesamte restliche Geschichte im Präteritum zu schreiben. Die am Anfang aufgebaute Atmosphäre verblasst ein wenig im Verlauf der Geschichte.
Der Aufbau gefällt mir gut, jeder Zeuge ein Kapitel erzeugt eine schöne Struktur, du hältst den Spannungsbogen aufrecht und man bekommt als Leser immer gerade so viel, dass man zufrieden ist, aber nicht genug, dass man von seiner Stuhlkante wieder wegrutscht.
Bei der Emotionalität konnte ich leider nicht viele Punkte verteilen, aber irgendwie braucht die Geschichte auch keine großen Gefühle beim Leser auszulösen. Ich sehe das weniger als Makel, als dass du einfach Opfer des Rasters bist, das manchmal einfach nicht alles abdecken kann.
Unter all deinen wunderbar klaren Charakteren geht Brooks als Hauptfigur etwas unter, er ist ein wenig fad, was sicherlich auch beabsichtigt war. Ich denke trotzdem, dass man ihm noch ein paar kleine Quirks hätte geben können, ohne dass er den anderen die Show gestohlen hätte.
Was Kritikpunkte angeht, kann ich bei Rechtschreibung, Grammatik und Zeichensetzung nichts aussetzen, außer dass du einmal Lukas statt Lucas geschrieben hast. Was allerdings etwas inkonsistent ist und dich einige Punkte beim Thema Basisfakten gekostet hat, ist dass du die Geschichte zwar in Großbritannien angesiedelt hast, aber einige Ausdrucksweisen da nicht hin passen. Lucas nennt seine Mutter zum Beispiel „Mom“, im britischen Englisch ist es allerdings „Mum“ und auch die Eigenart, Erwachsene „Mr. F“ zu nennen, ist eine klassisch amerikanische. Ich verstehe auch nicht ganz, wieso du an vielen Stellen in der wörtlichen Rede „Mister“ ausgeschrieben hast, das ist eigentlich unüblich.
Das Ende fand ich persönlich etwas zu on the nose. Mit ein wenig weniger Betonung auf die Gefahr von Verschwörungstheorien hätte man das sicherlich auch subtiler hinbekommen. Ich finde es aber insgesamt gut, dass du dir das Thema gewählt hast und die daraus entstandene Geschichte hat mir gut gefallen.
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