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Deine Geschichte hat mir gut gefallen, ihre großen Stärken sind das Setting und ein guter Blick für Details. Diese Action-Steampunk-Endzeit-Geschichte erzählst Du gekonnt und mit einem guten Gespür für Spannungsaufbau. Die Welt in der alles spielt ist düster, erschöpft und kämpft ums Überleben. Das kommt gut rüber und transportiert die emotionalen Züge der Figuren gut. Die Beschreibungen, mit denen Du allem Leben einhauchst, sind in der Regel gut getroffen. Manchmal aber sind es mir etwas zu viele, sind sie ein wenig repetitiv und verlangsamen dadurch den Lesefluss. Vor allem nutzt Du zahlreiche Adjektive, die hin und wieder auch stören, aber erst im späteren Teil der Geschichte.

Wunderbar finde ich Deine Ideen (das Setting selbst/die Grundstimmung sind nicht sooo ideenreich). Vor allem die Tinderlinge haben es mir angetan. Eine wunderbare Wortschöpfung, sprechend und bildgebend. Genauso der gruselge Knochenforst (das konnte ich mir plastisch sehr gut vorstellen - unheimlich!) oder die Idee mit der Selbstinfektion, um die gebotenen Verteidigungsaufgaben ausführen zu können oder die mechanischen Siebenmeilenstiefel.

Der Aufbau der Geschichte ist nachvollziehbar in Abschnitte eingeteilt, der Spannungsbogen ist gegeben und sorgt dafür, das man weiterlesen möchte, vor allem in der Hoffnung, etwas über ihren Bruder zu erfahren. Die Auflösung fand ich etwas überraschend aber gut, weil sie nicht so vorhersehbar ist - ernüchternd, weil es zum Thema und zur Stimmung der Geschichte gut passt. Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass Grimmhold das Heim auch für längere Geschichten sein könnte.

Ein paar Dinge musst Du dir aber noch einmal ansehen.Sprachlich war nicht alles souverän gestaltet, ein paar Male hast Du Worte vergessen, nutzt nicht ganz so passende Bezeichnungen oder schiefe Bilder, selten passt etwas logisch nicht:

- Pfütze, die sich zwischen Pflastersteinen gesammelt hatte

- "wurde aus den schwirrenden Gedanken zurück das Hauptquartier..."

- sie steht plötzlich im Hauptquartier, ohne, dass der Weg dahin im Text erwähnt wurde

- "Iriden" > nicht falsch, aber ich hasse dieses Wort leider... Augen tun es auch. Oder weglassen :D

- "aufgeplusterte Lederhaut des Auffang-Sackes"

- "dass" statt "sodass"

- "an Sicht freigaben" statt "freigab"

- "sich auf die Beine zu raffen" - habe ich in dem Kontext noch nie gehört...

- die Erkenntnis, dass die Teufel blind sind und auf Geräusche anspringen, kommt für mich zu wenig nachvollziehbar

- Knochen "ächzen"

- "Scarletts Augen rollten nach hinten"

- Eisenwolf "haschte" mit den Eisenklauen nach ihr, später "pirschte" er sich näher

- ein Eisenwolf wagte einen "Ausfall" - meinst Du, er macht einen Ausfallschritt?

Leider haben diese Aspekte meine Lesefreude etwas gedämpft, was ich schade fand. Grundsätzlich und ungeachtet der genannten Dinge hast Du das sprachlich aber gut gelöst. Die Menge der Dialoge passt in die actiongetränkte Geschichte, sie transportieren, was sie transportieren sollen und bringen die Geschichte voran.

Die Figuren empfand ich als etwas stereotypisch. Gut, es sind Soldatinnen (bei der Prota bin ich mir nicht sicher, ob sie sich selbst so beschreiben würde), aber auch die haben Quirks und Eigenheiten, die sie besonders machen. Reiße sie ein wenig aus ihren Kampfmonturen und hauche ihnen etwas Persönlichkeit ein. :) Die Prota wirkt auch manchmal wie ein Spielball der Geschehnisse, auf die sie nur reagieren kann - stärke ihre Rolle, lasse sich aktiver Dinge entscheiden. Dann wirkt sie menschlicher.

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