Kapitel 28 ~ Taktik

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Kakashi erlangte keine Chance für einen Gegenschlag. Der Tsunagari kämpfte unerbitterlich, ließ ihm keine Zeit, um sich zu erholen, um sich aufzurichten, um zu sehen, wo er sich befand. Seine Orientierung schwindete mit jedem Schlag - unten war oben, oben war links, rechts war unten, links war rechts. Zwischendurch hatte er wahrnehmen können, wie der Vater seinem Sohn zugeschrien hatte, dass dieser verschwinden und Unterstützung holen sollte. Sie waren erledigt, wenn nichts Wunderbares geschah.

Im Bruchteil einer Sekunde hatte er sehen können, wie das Kind rasant über den Waldboden stürzte und Wasser unter seinen Sohlen aufspritzen ließ. In einer weiteren hatte er durch einen Kinnhaken die Umgebung aus einer Schraube heraus erhaschen können, doch es folgte nur, dass Sorge in ihm aufkeimte. Er hatte sie nicht gesehen. Takehiko. Sie half ihm nicht und der Vater attackierte stetig ihn. War sie überhaupt noch anwesend? Hatte sie sich zurückgezogen? Überließ sie ihm seinen Schicksal?

Ein weiterer Schlag in die Magengegend schob seinen gebrochenen Gedanken einen großen Riegel vor, aber die Sorge blieb. Aktiv hielt er nun Ausschau, während er versuchte, die Attacken zu blocken. Nicht einmal der Griff zu seinem Katana war ihm möglich und Fingerzeichen für ein Jutsu galten als unverwirklichbarer Traum. Nur durch Zufall und einer großen Portion Glück bekam er die Faust des Älteren mit beiden Händen zu packen und drehte diese auf den Rücken des Feindes.

Ein unangenehmes Knacken erfüllte die Atmosphäre, als der Junge ihm die Schulter kurzerhand auskugelte, jedoch den Arm noch höher zog, bis eine weitere stumpfe Krepitation ertönte. Krepitationsgeräusche aus dem Oberarm bestätigten ihm, dass er ihm diesen gebrochen hatte und nun der Blutungsraum volllief. Es würde nicht lebensgefährlich einbluten, doch es würde ihn an die Grenze treiben, doch eine Bewusstlosigkeit würde er ausschließen. Dafür war der Mann zu groß und schwer. Er besaß viel Blut.

Er überlegte, ob er ihm noch den anderen Arm brechen sollte - oder den Oberschenkel. Noch bevor er seine Entscheidung fällen konnte, windete sich der Größere aus seinem Griff, zischte schmerzerfüllt auf und ging auf Abstand, was Kakashi ihm gleichtat. Eine kurze Erholungspause würde ihm gut tun, auch wenn diese nicht von langer Dauer sein würde, doch da hatte er die Rechnung ohne das Mädchen gemacht.

Ein Leuchten im Unterholz bekam seine Aufmerksamkeit: Etwas tierisches bewegte sich um die Kämpfenden herum und der Junge war sich sicher, dass er Takehikos Kojoten gesehen hatte. Sie hatte ihn nicht allein gelassen, war weiterhin in seiner Nähe und würde seine Seite nicht verlassen. Sie schlich umher, was ihm sagte, dass sie einen Plan geschmiedet hatte. Was bedeutete dies für ihn? Welche Rolle besaß er in ihrer Taktik? Die Antwort schenkte sie ihm sogleich, als sie aus ihrem Versteck hervorgeprescht kam und nach dem Mann schnappte.

Ungeniert wich dieser zur Seite aus und stand nun selbst als Tier vor den Beiden, knurrte, während das Mädchen sich schützend vor den Anbu platzierte und zurückknurrte. Sie war keine Kämpferin, aber trotzdem stand sie vor ihm mit gesenkten Kopf und aufgestellten Ohren. Was war seine Rolle in ihrem Plan? Was konnte er bewirken? Jede einzelne Faser seines Körpers schmerzte, pochte heftig. Die Schläge hatten ihm zugesetzt und nun konnte er sich mit Mühe und Not auf den Beinen halten.

Sein Blick glitt erneut zu dem Mädchen. Ihr Schweif peitschte unruhig und ihre Haltung wirkte verspannt, doch sie stellte sich ihrem Feind entgegen. Sollte er Abstand nehmen? Wie auf Kommando schossen die beiden Kojoten aufeinander zu, schnappten nach dem anderen und versuchten ihren Gegner zu kratzen. Takehiko wich geschickt aus, wurde jedoch von den Krallen an der Seite erwischt.

Schmerzerfüllt jaulte sie auf und biss sich daraufhin in den Nacken des Kräftigeren. Dieser fiebte, als ihre Fangzähne sich in sein Fleisch bohrten und sie auf seinen Rücken sprang. Wild schüttelte er sich, wollte sie von sich herunterschmeißen, doch sie hielt sich und krallte sich fest in seine Haut. Sie würde nicht locker lassen und dies sah auch Kakashi. Er tapste Schritte zurück, schützte seinen Körper mit seinen Armen vor den umherwirbelnden Stöcken und Steinen.

Die Kojoten nahmen keine Rücksicht auf ihre Umgebung, hetzten sich gegenseitig, doch als Takehiko mit ihren Hinterläufen einen größeren Kiesel in Kakashis Richtung schleuderte, konnte dieser ihn gerade rechtzeitig abfangen, bevor dieser ihn hart an der Kehle getroffen hätte. Nahm sie keine Rücksicht auf ihn? Interessierte es sie nicht, was mit ihm geschah? Erst hätte der Hatake diese Fragen bejaht, doch als er den Stein genauer betrachtete, musste er unweigerlich verneinen.

Ein letztes Mal blickte er zu den Kojoten, die mittlerweile voneinander abgelassen hatten, nur um erneut aufeinander zuzusausen, als er kehrte und den Kampfplatz verließ. Sie wusste, was sie tat und würde nie leichtsinnig handeln. Ihr Sinn für Sicherheit trotzte vor Größe, sodass Kakashi versuchte die Beine in die Hand zu nehmen, um das Revier des Clans zu verlassen, was mehr schlecht als recht funktionierte. Sein Körper schmerzte. Jeder Schritt. Jeder Atemzug. Zurück in Konoha würde er sich definitiv untersuchen lassen müssen, doch dahin musste das Team erst einmal kommen.

Takehiko kämpfte noch - gewann Zeit, damit ihr Kamerad fliehen konnte. Er hatte ihre Botschaft verstanden. Sie war keine Kämpferin, doch sie war schlau, was ihr Gegner trotz gebrochenen Vorderlauf ignorierte und auf sie zu preschte, nach ihr schnappte und ihre Haut mit seinen Krallen aufriss. Es erinnerte sie an die Verfolgungsjagd, als sie verbannt worden war und die Jäger sie töten wollten. Sie hatte nicht vor zu sterben. Sie würde nicht sterben.

Auch wenn die Situation augenscheinlich für sie verloren schien, hatte sie sich bei der Vorbereitung ihres Plans ein Ziel gesetzt: Sie wollte ein Teil Konohas werden. Sie wollte bei Kakashi bleiben, diesem für seine Hilfe danken und ihm weiterhin begleiten. Sie wollte ihr Ziel erreichen, weshalb sie nicht sterben durfte.

Ohne sich erwischen zu lassen, huschte sie unter dem Körper des anderen Kojoten hinweg und rannte los. Er war zwar verletzt, hinkte sogar, doch holte schnell auf und lechzte nach ihr, was sie nicht zuließ. Sie schlug Haken, sauste unscheinbar im Kreis, führte ihn jedoch in ein Gebiet, in dem es unter ihren Pfoten platschte. Wasser.

Sie hatte es bei Yoris Flucht wahrgenommen, wobei ihr die Idee gekommen war. Der Jäger musste mehr wiegen als sie. Er war größer und deutlich schwerer, was sich quittierte, als er hinter ihr in den Boden einbrach. Er fiebte, paddelte mit seinen Läufen, doch er fand keinen Halt. Takehiko war leicht. Das nasse Moos sowie das Moor, welches unter ihren Pfoten lauerte, trugen sie, auch wenn es sich wabbelig anfühlte.

Das Mädchen blickte zu Yoris Vater, wie Angst sich in seinen Augen widerspiegelte und er immer weiter einsank - Halt suchend. Sie wollte es nicht zulassen, doch Sorge mischte sich unaufhaltsam in ihre heiteren Gefühle des Sieges. Yori sollte nicht ohne Vater aufwachsen, huschte es durch ihre Gedanken, wobei sie den Kojoten nicht aus den Augen ließ. Sie kämpfte mit sich. Sollte sie? Sollte sie nicht?

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Coyote Secret (Kakashi FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt