Völlig verschlafen, ruhte der Hatake am nächsten Morgen auf seinem Stuhl am Küchentisch und kaute gleichgültig sein Brötchen. Das Training hatte ihm vieles abverlangt. Nach der Aufwärmrunde im Tai-Jutsu wurde bei Jeder-gegen-Jeden niemand verschont. Meist musste er sich gegen zwei bis drei Gegner behaupten, um selbst angreifen zu können. Die Zeit für einen Überraschungsmoment hatte er nicht bekommen, sondern konnte lediglich parieren, blocken oder ausweichen, ehe er selbst mit Jutsus einen Zug spielen konnte.
Fast sein gesamtes Chakra verlor er am gestrigen Tag, konnte sich mit Hilfe von Takehiko Heim schleppen und war dort direkt in sein Bett gefallen. Er hatte sich überanstrengt und verausgabt, was das Mädchen schmunzeln ließ, als sie ihn beobachtete, wie er am Tisch hätte einschlafen können.
Spielerisch kniff sie im Vorbeigehen in seinen Oberarm, was ihn zuckend aufschrecken ließ. Er hatte sie nicht bemerkt, was ihn beschämt wegsehen ließ, doch sie kicherte nur. Kakashi kaute langsam weiter, nahm sogar den nächsten Bissen. Sie war deswegen sehr beruhigt. Die Erschöpfung schien ihn die Grausamkeiten der letzten Wochen vergessen zu lassen, was die Vermutung und Hoffnung seines Senseis bestätigte, dass es ihm helfen würde. Sie hoffte, dass er nicht frühzeitig aufgeben würde, doch so wie sie ihn kannte, würde es ihm nicht einmal im Traum einfallen. Seine Karriere bedeutete ihm alles, weshalb er diese niemals an einen seidenen Faden hängen würde.
,,Wie schätzt du meine Energie ein?", brach er das Schweigen, gähnte jedoch ausgiebig. ,,Topfit bist du nicht", erwiderte sie amüsiert, musterte seinen verschlafenen Ausdruck, doch sie wusste, wie diese Frage gemeint war. ,,Sehr witzig", brummte der Junge und stand mit seinem leeren Teller auf, um ihn in die Spüle zu bringen. Sie war bereits fertig, da er zu lange beim Aufstehen getrödelt hatte. ,,85 bis 90 Prozent. Ich war in letzter Zeit oft mit dir unterwegs und du konntest dich kaum zu 100 Prozent erholen", erläuterte sie ihm seinen Zustand, doch er zuckte nur mit den Schultern.
Ihr Dasein hatte ihm Gesellschaft gespendet und er bereute auch nicht, dass er sie bei sich trug. Sie beruhigte ihn, sprach zu ihm, ließ ihn nicht aus den Augen. Sie gab Acht auf ihn, dass er sich nicht verlor. Er wollte sie weiterhin an seiner Seite wissen, denn ohne sie würde er nicht in seiner Wohnung stehen, den Teller aufwaschen und danach ins Anbu-Hauptquatier gehen.
Er brauchte sie an diesem Ort, denn seine Kameraden sahen ihn als festen Bestandteil des Teams. Er bekam keine Eingewöhnungszeit und wurde keinesfalls mit Samthandschuhen behandelt. Von Anfang an setzte er sich dem harten Leben der Anbu-Einheit aus, musste wie jeder Andere seine zugeteilten Missionen erfüllen, meist A- oder S-Rang.
,,Das reicht mir. Begleitest du mich?", er sah nicht auf, trocknete seinen Teller und spürte ihren prüfenden Blick auf sich. Er wusste, dass sie sich häufig Gedanken machte, ob sie ihn zu sehr belastete oder in seinem Tun einschränkte. Sein sehendes Auge suchte ihre Seelenspiegel, sah darin ihren inneren Kampf. Dieses intensive Himmelblau sprach Bände und er konnte jeden ihrer gedachten Zweifel verneinen. ,,Begleitest du mich?", wiederholte er seine Frage, trat sogar einen Schritt näher an sie heran.
Er brauchte sie dort draußen, doch er wollte sie nicht zwingen. Sie lebte bereits zu eingesperrt, erhielt kaum Freiheit - nur mit ihm zusammen war es ihr möglich, die frische Natur zu schnuppern. Ihren eigenen Willen wollte er ihr nicht stehlen, konnte er ihr nicht entreißen. Sie musste selbst entscheiden, wobei ihr langsam keimendes Lächeln ihm als Antwort genügte. Zusätzlich nickte sie entschlossen und schätzte sich glücklich, dass er ihr dies gewährte und sie überhaupt danach gefragt hatte. ,,Überall wohin es nötig ist."
Kakashi spürte, wie sich ein erfreutes Lächeln auf seine verdeckten Lippen schlich und er gezwungenermaßen die Augen zusammenkniff. Er freute sich, dass sie ihn begleitete, ihn nicht allein ließ, was seine Ausstrahlung ihr verdeutlichte. Er wirkte leichter und zufriedener, als würde ihn an diesem Tag nichts aufhalten können - ausgelöst durch ihre einfache Antwort.
Eine gute Stunde später stand er in voller Montur im Versammlungsraum. Weitere seiner Kameraden folgten, sodass der Gruppenführer als letzter eintrat und begann die Aufträge auf Zweierteams zu verteilen. Der Junge sowie sein Gegner vom Vortag, der Anbu mit der Bärenmaske, stellten ein Team dar und bekamen ihren Auftrag auf Papier in die Hand gedrückt, weshalb sie den Raum verlassen durften, um sich auf den Weg zu machen.
,,Klassifizierung: A. Art: Mord. Zielperson: vier Nuke-Nin, Jonin-Rang. Gesichtet: 84km südostlich Konohas. Zusatz: Absichten in Erfahrung bringen", las sein Teampartner auf dem Weg durch das Quatier laut vor und seufzte anschließend: ,,Er ist kein Mann großer Worte." Kakashi war bewusst, dass er von dem Gruppenführer sprach und unweigerlich musste er ihm zustimmen. Takehiko nickte ebenfalls in seinen Gedanken. ,,Fühlst du dich fit?", fragend, nicht einmal mit einem Blick versehen, kamen die Worte des erfahreneren Anbu.
Es verwirrte den Hataken. Team Rho schien sehr unterschiedlich mit seiner Besatzung, doch er hinterfragte es nicht. Es musste seine Gründe haben. ,,Ja", antwortete er knapp, beeilte sich jedoch, um auf gleicher Höhe zu bleiben. ,,Wir werden sie erst suchen, danach auskundschaften und in einem geeigneten Moment zuschlagen. Vorräte für vier bis fünf Tage sollten genügen", gab er seine Gedanken laut bekannt, was den Jungen wieder nicken ließ. Er bekam ein Schema vorgezeigt, an welchem er sich orientieren konnte. Er würde lernen. Er musste lernen.
Die Bärenmaske zeigte ihm den Weg zum Vorratsraum, in welchem sie sich ihre nötigen Nahrungspillen einpackten, ehe sie das Quatier verließen und über die Mauer hinaus in den Wald verschwanden. Niemand sah sie. Niemand bemerkte ihre Existenz. Jeder wusste, dass es sie gab. Die Anbu. Ranghöchste Einheit unter dem Hokage.
Die Beiden huschten geschwind in die angegebene Richtung, hielten die Geschwindigkeit konstant. Für Kakashi kein Problem. Sie würden eine Weile laufen, bis sie das gesuchte Gebiet erreichten und dabei gab es kurz vor Ankunft eine Pause - mehr nicht. ,,Wenn du Hilfe brauchst, gib Bescheid", vernahm er Takehikos Stimme in seinen Gedanken. Ungefragt würde sie sich nicht in einen Kampf einmischen, sich nicht in Entscheidungen einklinken, ihm kein Chakra geben, dennoch war sie aufmerksam und beobachtete die Umgebung. Ungesehen nickte Kakashi und lief weiterhin neben seinem Kameraden, der nichts von ihrem dritten Begleiter wusste.
1030 Wörter
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Coyote Secret (Kakashi FF)
FanfictionSchmerzen - zarte oder auch qualvolle Schmerzen. In Schüben jagen sie durch Kakashis Körper, als er den Angriff auf einer Mission übersteht. Maßlos überfordert, können die Ärzte des Krankenhauses Konohas seine Beschwerden nicht lindern, schicken ihn...