Kapitel 29 ~ Vertrauen

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Geschickt huschte Takehiko durch den Wald - immer der Nase nach. Kakashis Geruch war ihr mittlerweile so vertraut, dass sie seine Fährte direkt gefunden hatte, dieser nun folgte, um zu ihrem Kameraden aufzuschließen. Sie roch kein Blut, auch wenn er viel eingesteckt hatte. Sie roch lediglich sein Blut nicht. Trotz der harten Schläge hatte er es immerhin weit geschafft. Dies musste sie unweigerlich zugeben, doch sie musste ihn bald eingeholt haben. Yoris Vater hatte sie derweil zurückgelassen, doch ein Ast an seiner Seite sollte ihm reichen, um sich mit viel Mühe allein aus dem Moor zu ziehen.

Immer weiter und immer weiter sauste sie über das Geäst, ihre Pfoten flogen regelrecht, als sie seinen Geruch mit jedem zurückgelegten Meter stärker wahrnahm. Ihr eigenes Blut rann über ihren Körper. Die Wunden brannten und stachen auf ihrer Haut, doch sie musste durchhalten. Sie spürte, wie ihre Magengegend auslief und sie rote Tropfen auf ihrem Weg hinterließ. Sie begann zu schwächeln, rief sich jedoch ihr Ziel ins Gedächtnis und kämpfte weiter gegen die Müdigkeit.

Es dauerte keine Minuten, da gelang er in ihr Blickfeld. An einen Baum gelehnt mit abgenommener Katzenmaske atmete er tief durch, doch als er sie sah, flackerte Erleichterung in seinem Blick auf.

Er musterte sie und zu der Erleichterung mischte sich Besorgnis, als er ihre klaffenden Wunden sah, deren klumbiges Blut sich in ihrem Fell verfing. ,,Geht es dir gut?", erkundigte er sich sofort, als sie wieder auf zwei Beinen vor ihm stand, jedoch unsicher taumelte und sich die laufende Seite hielt, aber sie nickte. ,,Wie sieht es bei dir aus?", stellte sie die Gegenfrage und checkte ihn mit ihrem Blick ab, um vom Thema abzulenken. Tatsächlich sah sie kein Blut bei ihm - im Gegensatz zu ihr. ,,Es ist auszuhalten. Wahrscheinlich Prellungen und Hämatome - nichts wildes", vermutete er den Stand seiner Verletzungen und rappelte sich auf die Beine. Die Erholungspause hatte ihm gut getan.

,,Kommst du noch ein Stück in deinem Zustand voran oder soll ich dich hier verbinden?", ein kritischer Blick auf ihre offenen Wunden reichte, um ihn zweifeln zu lassen, dass es ihr gut ging. Sie musste ebenfalls Schmerzen spüren - schlimmere als er. Dennoch stand sie aufrecht und verzog keine Miene. ,,Ich schaffe das schon. Es ist wichtiger, dass wir weit aus diesem Gebiet rauskommen. Danach können wir uns in Ruhe um die Wunden kümmern", mit Festigkeit in ihrer Stimme, die ihre Erschöpfung minimal überspielte, ballte sie bei diesen Worten die Hand zur Faust und erhielt ein akzeptierendes Nicken des Grauhaarigen.

,,Wenn es nicht mehr auszuhalten ist, sag Bescheid. Dann rasten wir und kümmern uns um dich." Er musterte sie bei seinen Worten ein erneutes Mal kritisch, aber wieder wank sie ab und verwandelte sich in ihre Kojoten-Form. Es war ihre Antwort auf seinen Befehl, dass sie verstanden hatte und bereit für den Heimweg war.

Takehiko lief hinkend voraus, fiebte leise, wenn die Belastung ihrer Glieder zu hoch wurde, doch sie hielt den Schmerzen stand. Ihre Blutungen stoppten nicht, doch sie ignorierte es, genauso wie sie seine mahnenden Blicke gekonnt an sich abprallen ließ. Ihr Blickfeld schwamm und schaukelte, schwärzte sich gefährlich, doch sie lief weiter.

Unter Kakashis wachsamen Auge kamen sie ihrer Heimat immer näher, jedoch zog die Erschöpfung an ihren Körpern. Jeder Schritt schmerzte ungemein. Es stach, gribbelte und floss unaufhörlich. Beide verspürten nur noch den Wunsch, endlich zu Hause einzukehren und sich ausruhen zu können. Die Lasten der letzten Tage abzuwerfen und in Frieden zu ruhen.

Doch kaum gerieten die Mauern des Dorfes in ihr Blickfeld, standen sie vor dem nächsten Problem. ,,In deinen Körper gehe ich mit diesen Wunden auf keinen Fall",wehrte sie sich gegen Kakashis stummen Plan, als sie seinen Blick sah. Als würde sie Gedanken lesen können, hatte sie ihn direkt verstanden. Es brauchte keine Worte zwischen ihnen. Ein einziger Blick reichte aus und sie war mit seiner Aussage nicht im Geringsten einverstanden.

Kakashi blieb weiterhin stumm, musterte sie eindringlich durch die Schlitzaugen seiner Maske. Seine Gedanken kreisten über die Folgen, wenn sie es nicht machen würden. Sie würde verbluten. Er würde sie auf keinen Fall hier draußen im Wald zurücklassen. Sie musste mit ins Dorf kommen. Er ließ sie nicht einmal im Traum seiner Träume allein! Sie hatte keine andere Wahl, doch überzeugt, sah sie nicht aus. Er würde sich dennoch nicht umstimmen lassen. Er brauchte sie doch...

Um ihren sturen Blick entgegen zu wirken, griff er in seine Gesäßtasche und krammte einen kleinen, flachen Stein aus dieser heraus. Monoton hielt er ihn ihr entgegen, als sich ihre Augen bei diesem Anblick weiteten. >Vertrau mir< las sie auf dem Stein, was in ihrer eigenen Handschrift darauf verfasst wurde. Kakashi hatte ihr vertraut, das kleine Geschoss aus dem Kampf eingesteckt und war geflohen. Er zweifelte nicht an seinem Plan, aber sie tat es. Sie wollte ihm nicht erneut diese starken Schmerzen bereiten - nicht noch einmal, einmal reicht doch aus.

Wieder griff er in seine Gesäßtasche, zog diesmal aber eine kleine Dose heraus. Auch diese erkannte Takehiko wieder, nur verspürte sie bei dieser harmlosscheinenden Dose gewaltige Schuldgefühle. Er trug sie immer noch mit sich herum, als hätte er genau auf diese Situation gewartet. Er hatte an sie und ihr Wohlbefinden gedacht. Er hielt die Schmerztabletten immer in seiner Nähe, um sie schützen zu können, sollte es hart auf hart kommen. Nun war es soweit.

Sie wollte zum Sprechen ansetzen, Protest geben, doch der Anbu schnitt ihr mit einem einfachen Kopfschütteln das Wort ab. ,,Ich schaffe das schon", überzeugt von sich, nahm er ihre Hand und legte den Stein in diese hinein. Sie sollte ihm vertrauen, so wie er auch ihr im Kampf gegen den Tsunagari vertraut hatte. Sie musste ihm einfach vertrauen.

Anstatt den kleinen Gegenstand entgegen zu nehmen, umgriff sie zögernd, aber sanft seine behandschuhten Finger und drückte diese leicht, um ihr zweifelndes Einverständnis zu geben. Sie lächelte ihm leicht zu - entschuldigend, für das, was folgen würde. Sie würde ihm Schmerzen zufügen - schreckliche Schmerzen. Sie würde ihn nicht überzeugen können, den Plan zu ändern - Das wusste sie. Sie konnte nur hoffen, dass Kakashi sich alles gut überlegt hatte und sich der folgenden Schmerzen bewusst war.

Geschwind verpackte der Hatake den Stein und warf sich eine Ration der Schmerztabletten ein. Er schluckte sie mit einen Mal in seinen Magen hinab und schüttelte sich wegen dem ekelerregenden Geschmack. Er hasste diese Tabletten abgrundtief und hätte die Dose am liebsten verbrannt, anschließend die Asche im Wald verstreut.

Kaum, als er spürte, wie die Wirkung begann, verschwand das Mädchen vor ihm und das gewohnte Gefühl, wie sie sein Chakra anzweigte, durchflutete ihn. Er spürte sie und ihr Tun, jedoch jagte augenblicklich die erste gedämmte Salve der bekannten Schmerzen durch seinen Körper, aber sie waren um ein Vielfaches stärker, als er es in Erinnerung hatte. Nur mit Mühe konnte er sich auf den Beinen halten und musste kämpfen, dass sein Körper nicht unter seinem Gewicht nachgab. Wie hatte sie diesen Schmerz nur auf dem Rückweg aushalten können, schoss es ihm durch den Kopf, als er sich krampfhaft seinen Bauch hielt und einen tiefen Atemzug nahm.

Es zog, stach, brannte. Sein Magen drehte sich um, wollte dessen Inhalt zurück an das Tageslicht bringen. Er widerstand dem Gefühl, zitterte jedoch stark und spürte bereits den bitteren Geschmack auf seiner Zunge. Er musste ruhig bleiben und einen klaren Kopf behalten.

Tief einatmen. Luft anhalten. Entspannt ausatmen.

Er wiederholte es einige Male, doch länger konnte er nicht an seiner Position verweilen, denn die Zeit begann zu laufen. Bald würde die Wirkung der schmerzlindernden Tabletten verblassen und dann musste er in seiner Wohnung angekommen sein.

So verstaute er die Dose und begann seinen Weg über die Bäume fortzusetzen. Er merkte deutlich, wie er langsamer war als zuvor, wie er sich bemühen musste, um aufrecht laufen zu können. Die Schmerzen wollten ihn foltern, in die Knie zwingen und ihn nie wieder auferstehen lassen. Er kämpfte sich aber immer weiter vor. Jeder Schritt schmerzte, raubte ihm seine gesamte Kraft, doch das Dorf kam immer näher.

1317 Wörter

Coyote Secret (Kakashi FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt