Kapitel 32 ~ Epilog

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,,Sie wirken abwesend, Kakashi-Sensei", merkte Shikamaru monoton an, als er den Bericht in seiner Hand sinken ließ. Er musterte seinen gegenüber kritisch. Wieso hörte dieser ihm nicht einmal zu? Dieser Bericht besaß die Dringlichkeit auf vollste Aufmerksamkeit, welche jedoch verwehrt blieb.

Fragend blickte der Grauhaarige von seinem Platz auf, legte den Kopf schief und brummte verneinend. ,,Ich bin vollstens konzentriert", erwiderte er und richtete sich in seinem Stuhl auf. Sein Kopf summte und wummerte. Es war ihm ein Rätsel, wie er an dem heutigen Tag überhaupt zur Arbeit gekommen war. Am liebsten wäre er in seinem Bett unter seiner Decke geblieben und wäre nicht wieder dort heraus gekommen.

Auch sein Berater schien diesen Fakt zu merken, fragte jedoch nicht nach. ,,Fahr bitte mit dem Bericht fort", versuchte er, zurück zu ihrem ursprünglichen Gespräch zu kommen, wobei der Nara glücklicherweise darauf einging. So begann er erneut und Kakashi driftete nach den ersten Sätzen wieder in seine Gedankenwelt. Er wollte gar nicht an diesem Schreibtisch sitzen - schon gar nicht an diesem Tag.

Sein Herz zog sich schmerzlich zusammen, als er daran dachte, was vor genau 25 Jahren geschehen war: Er hatte sie in seinem Arm gehalten, war über die Mauer des Dorfes gesprungen und war durch den Wald gerannt - ohne innezuhalten. Auf der Lichtung hatte er sie eigenhändig gegraben, Blumen niedergelegt und getrauert. Jedes Jahr aufs Neue besuchte er ihr Grab, doch an diesem Tag fesselte sein Job ihn an den Tisch als Hokage. Heute jährte sich zum 25. Mal ihr Todestag.

Hiko.

Er verstand nicht, was damals geschehen war, doch er hatte sie in dieser Welt verloren. Sie war in seinen Armen dem Blutverlust erlegen. Er hatte geweint und sich zurückgezogen, hätte sich Hals über Kopf in die Missionen der Anbu gestürzt...

Shikamaru räusperte sich, brachte den Hataken zurück in die Realität und seufzte genervt. ,,Hokage-sama", begann er, doch Kakashi blinzelte ihn nur frustriert an. ,,Du sollst mich doch nicht so nennen", murrte er unzufrieden. ,,Aber darauf reagieren sie", spottend flossen ihm die Worte über die Lippen, ,,Sie scheinen nicht ganz zurechnungsfähig. Ich komme später noch einmal zurück."

Auch wenn sein Bericht dringlich war und er es eigentlich nicht aufschieben konnte, so brauchte er keinen Hokage, der keine rationalen Entscheidungen treffen konnte. Selbst, wenn die Bewegungen im Umland für Unruhe sorgten und vermutlich eine Invasion bevorstand. Das Dorf brauchte einen funktionstüchtigen Anführer und kein gedankenverlorenes Wrack.

Kakashi sah nur noch, wie der Nara abdrehte und die Tür hinter ihm ins Schloss fiel, als er seine Aufmerksamkeit zurück auf seinen Tisch fallen ließ. Tief atmete er durch, schloss sogar kurz die Augen, als erneut eine vertraute Stimme erklang: ,,Du denkst schon wieder an jenen Tag, stimmt es?"

Er brauchte den Blick nicht zu heben, nickte jedoch stumm und ließ sich zurück in das Polster das Stuhls fallen. Seine Hände verstaute er in seinen Hosentaschen, als seine rechte Hand einen kleinen Stein umschloss. Die vertrauten Konturen beruhigten ihn. Jede Kerbe kannte er. Vertrau mir. Hikos Stein.

,,25 Jahre. Heute vor 25 Jahren hast du die irdische Welt verlassen." Mit wenig Schwung drehte er seinen Stuhl zu der imposanten Fensterfront in seinem Rücken. Sie blickte hinaus auf das Dorf und die blaue Pfote prangte auf ihrem Rücken. Das Clan-Symbol der Tsunagari.

Jedes Mal, wenn er sie in seiner Nähe stehen sah, erhaschte er sich selbst dabei, wie er glaubte, sie sei eine Halluzination, sei ein Hirngespenst, das nicht mit ihrem Tod abschließen wollte. Er hatte ihren Körper vergraben und dort lag er immer noch unter einem Stein - auf der Lichtung.

,,Und dennoch stehst du hier." Kakashi blickte auf ihre zierliche Gestalt: Das einfallende Sonnenlicht ließ ihre Konturen verblassen und dennoch war sie an seiner Seite. Nur lebte sie nicht mehr. ,,Du hältst dein Wort: Du verlässt mich nicht", erinnerte er sich an ihre Worte kurz vor ihrem Tod und lächelte schwach. Sie war bei ihm - all die Zeit. Sie waren vereint und niemals allein. Sie gehörten zusammen. Nicht einmal der Tod konnte sie trennen und war an diesem Versuch gescheitert.

,,Ich bleibe bis zum Ende." Er hörte ihr Schmunzeln und erhob sich, nur um neben sie zu treten. Sie reichte ihm bis zu seiner Brust und hielt ihre Haare nun schulterlang. Ihre blauen Spitzen hatte sie abgetrennt, sodass der Verlauf nur noch bis ins Türkis reichte. Sanft griff er nach ihrer Hand, spürte ihre samtige Haut unter seinen Finger, ehe er ihre Hände miteinander verschränkte. Sie ließ ihn gewähren und wandte ihren Blick zu ihm. Ihre Augen strahlten in ihrem lebendigen, himmlischen Blau.

Vorsichtig lehnte er seine Stirn an ihre - aus Angst, sie würde verschwinden, doch sie konnte gar nicht gehen. Er besaß tief in seinem Herzen die Angst, sie unabsichtlich zu zerbrechen, ihre Gestalt zu durchdringen und zu verlieren. Noch einmal würde er diesen Schmerz nicht aushalten.

Er erinnerte sich an die Tage nach ihrem Tod: Die qualvollen Stunden allein, verzweifelt und gebrochen. Er hatte nicht gegessen, nicht getrunken, nicht geduscht, nicht gelebt. Er war zu einem Schatten seiner selbst getreten, bis sie, wie aus dem Himmel entsandt, vor ihm erschienen war.

,,Ich sage es dir jedes Jahr wieder: Ich bin bei dir", wiederholte Hiko ihre Worte und umfasste mit ihrer freien Hand seine Wange, um diese zu streicheln und ihn somit zu beruhigen. Sie wusste, dass es ihm half, dass es ihm Geborgenheit schenkte und immer wieder funktionierte ihr Vorgehen.

Kakashi summte derweil wohltuend auf ihre kleine Geste, schloss seine rabenschwarzen Seelenspiegel und genoss ihre sanften Berührungen. ,,Weißt du eigentlich, wie sehr ich deine Eigenart liebe?", brummte er gegen ihre Nasenspitze und hauchte einen federleichten Kuss auf diese.

Er liebte ihre Gabe und verdankte ihr, dass sein Mädchen nun sein Leben bekleiden durfte. Ihre Eigenart hatte ihr Leben mit dem seinen verbunden und untrennbar gemacht. Die Eigenschaft beruhte auf inneren Charaktereigenschaften und Takehiko war liebenswürdig, stark liebend, fürsorglich, einfühlsam. Sie zeigte sich in ihren Lebenstagen als wissensstark, raffiniert, intelligent, taktisch und treu.

Ihr Charakter sollte ihrer meist geliebten Person erhalten bleiben, sodass sie nun vor genau diesem Menschen stand. Nur diesem Menschen stand dieses Privileg zu, sodass sie für andere Luft darstellte. ,,Ich liebe sie auf alle Fälle sehr stark", erwiderte sie auf die Worte des Mannes, dem sie ihre Freiheit verdankte und der sie am Leben erhielt.

Ein Klopfen an der Tür ließ den Hatake aufblicken, als er erneut Shikamarus Stimme vernahm. ,,Bist du wieder bereit, deiner Arbeit nachzugehen?" Er blieb stumm, entfernte sich jedoch schweren Herzens von seiner Geliebten und nahm auf seinem Bürostuhl platz. Er nickte, was sie schmunzeln ließ, doch sie trat an seine Seite und legte ihre Hände auf seine Schultern. Sacht drückte sie diese beistehend. Hiko würde ihn mit Rat unterstützen, was auch auf ihn zukommen möge.

Der junge Berater trat nach der Aufforderung des Hokage in dessen Büro und erblickte sein Oberhaupt, welcher deutlich gefasster als vor einigen Minuten wirkte. Der Nara erblickte ihn allein in diesem Raum, doch er hätte schwören können, dass er dessen Stimme vernehmen konnte, die sich leise mit jemanden unterhalten hatte.

Ihm war dieses Phänomen bereits öfters in den Sinn gekommen, doch immer wieder erwischte er den Dorfvorsteher allein. Sein Gefühl sagte ihm, dass er einer weiteren rechten Hand vertraute, dieser sogar mehr als ihm, doch ihn störte es nicht.

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Weihnachtswunder gibt es also doch und somit auch ein HappyEnd für die beiden Turteltauben^^
Damit findet nun auch diese Geschichte ein jehes Ende und ich hoffe es hat euch gefallen^^
Ich wünsche allen besinnliche Feiertage und rutscht gut ins neue Jahr^^

Coyote Secret (Kakashi FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt