Das Blutkränzchen

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Reiß dich jetzt verdammt nochmal zusammen. Ich hatte keine Zeit sentimental zu werden. Ich musste zusehen, wie ich hier raus kam, damit ich das hier ganz schnell vergessen konnte!

Vielleicht konnte ich die Vampire auch einfach mit einem Holzpfahl abmorksen? Dann wäre das Problem gelöst und ich konnte still schweigend von hier verschwinden. Aber das wäre eher unwahrscheinlich. Ich zartes Mädchen gegen, was weiß ich, wie viele Vampire. Das wäre doch der pure Horror! Ich konnte nicht ernsthaft erwarten, dass ich der neue Van Helsing werde. Aber warum sollte ich es nicht mal ausprobieren? Ich meine was hatte ich schon groß zu verlieren? Außer mein Leben davon mal abgesehen.

Ich ging wieder ins Zimmer zurück und sah mich nach etwas Nützlichem um, dass man als Pfahl verwenden konnte.

Mist, es war definitiv nichts Brauchbares in diesem scheiß Zimmer zu finden.

Kurz überlegte ich, dem Stuhl der neben der Kommode stand, ein Holzbein abzubrechen. Aber diesen Gedanken verbannte ich ganz schnell wieder aus meinem Kopf.

Tja wird wohl doch nichts mit Van Helsing, schade eigentlich.

Ich schlich angespannt zur Tür, die mich wahrscheinlich zurück auf den Gang brachte. Ganz vorsichtig, drückte ich die Türklinke nach unten. Ein kleines Quietschen entstand, ich hielt inne und hielt verzweifelt die Luft an. Wer weiß was für ein ausgeprägtes Gehör diese Vampire besaßen. Nach ungefähr dreißig Sekunden öffnete ich die Tür einen Spalt breit.
Wieder wartete ich dreißig Sekunden und machte sie dann schließlich ganz auf. Ich sah mich flüchtig um. Keine Vampirseele weit und breit. Sehr gut!

Oder wollten sie mich das bloß glauben lassen?

Ohne weiter darüber nachzudenken, schlich ich Barfuß den langen Gang entlang. Diesmal erstreckten sich andere Ornamente auf der weißen Wand. Schwarze und purpurrote Zahnräder, verschmolzen mit goldenen Bögen. Diese Muster verzauberten mich jedes Mal aufs Neue.

Ich kam an einem großen, gemütlichen Raum vorbei, in dem vier Vampire gemütlich auf einer schwarzen Ledercouch saßen und "Tee" tranken. Sofort waren alle Augenpaare auf mich gerichtet und betrachteten mich neugierig.

Schön Jane, so viel Aufmerksamkeit an einem Tag, das kriegst auch nur du hin! Man bin ich blöd!

Wütend klatschte ich mir, mit der flachen Hand gegen die Stirn und fluchte laut.

Was sollte ich jetzt machen?
Verstecken? Zu spät! Einfach weitergehen? Was würde es bringen? Einfach stehen bleiben? Wohl eher!

Ich musterte die vier Gestalten auf der Couch. Zwei von ihnen kannte ich bereits, der linke ganz außen hieß Ren und der daneben, war dieser komische Typ vom Gang.

"Du kannst ruhig reinkommen und dich zu uns setzen.", bot der Kerl vom Gang an und fixierte mich mit seinen graugrünen Augen.

"Jaa, bleib doch bitte zum Blutkränzchen Jane!", meldete sich ein kleinerer Vampir zu Wort.

Woher kannte er meinen Namen?

Er sah aus wie 13 und seine schwarzen Haare fielen ihm strähnenweise ins Gesicht. Unten an den Haarspitzen leuchteten sie hell rot und an seinem Mundwinkel lief Blut hinunter.

"Jason sowas fragt man doch keine Lady, vor allem kein Menschenmädchen. Sie bekommt sonst noch angst!", meldete sich der andere unbekannte Vampir zu Wort.

Er hatte schwarze Haare, die er sich nach hinten gekämmt hatte, wo ihm ein paar Strähnen unachtsam aus seiner perfekten Frisur hingen. Er trug einen schicken schwarzen Anzug mit einem weißen Hemd drunter.

"Entschuldige bitte meine Unhöflichkeit.", bemerkte Jason. "Darf ich dir eine Tasse Blut anbieten?", fragte er und tupfte sich mit einem weisen Stofftaschentuch den Mundwinkel ab.

"Nein danke. Ich trinke kein Blut...", antwortete ich zaghaft.

Jason sah mich mit großen Augen an, als könnte er nicht verstehen, dass ich abgelehnt hatte. "Ich verstehe nicht, mir hat man gesagt du trinkst Blut. Du könntest gar nicht genug von dem Zeug bekommen!", kicherte er.

Na toll, das war ja mal wieder typisch! Die mussten mich doch alle für eine Durchgeknallte halten. Ich meine ein Mensch der Blut trinkt? Ich bitte euch!

"Also verrückt nach dem Zeug bin ich schon mal gar nicht, damit das klar ist! Und ja ich trinke Blut (leider), aber doch nicht aus einer Tasse. Wo man eigentlich Tee draus trinkt! Und außerdem ist es ja nicht so, dass ich es gerne trinke!", versuchte ich klar zu stellen. Ich bemerkte gar nicht, das ich immer lauter wurde.

Jason hob kapitulierend die Hände. "Ist ja gut, dann eben nicht. Aber du könntest dich auch selbser zur Verfügung stellen?", Er sprang auf und glitt mit großen Schritten auf mich zu. Ich trat natürlich erst einmal drei Schritte zurück.
"Orr, du hast doch nicht etwa angst vor mir?", Jason fing an zu kichern. Ein sehr kindliches Kichern, wenn ihr mich fragt, dass in diesem Moment überhaupt nicht zu seinem Auftreten passte.

Ich traute mich gar nicht zu antworten, geschweige denn zu atmen. Wieder machte er zwei Schritte auf mich zu, diesmal blieb ich jedoch stehen. Ich konnte mich nicht mehr bewegen, meine Beine gehorchten mir nicht mehr. Jason blieb genau vor mir stehen. Uns trennten nur noch wenige Millimeter von einander. Er streifte langsam und sanft mein langes kastanienbraunes Haar zur Seite, sodas mein weißer Hals frei lag. Seine Augen wurden groß und färbten sich langsam Golden, bis sie schließlich in ein tiefes dunkelrot übergingen.

Mit großen Augen beobachtete ich sein Vorhaben. Sein Mund berührte meinen Hals. Ich spürte seinen warmen Atem auf meiner Haut. Ich erschauderte. Mit seiner rechten Hand krallte er sich in meinem Haar fest. Ich keuchte vor schmerz auf. Ich konnte mich einfach nicht bewegen.

"Lass deine dreckigen Pfoten bei dir!", schrie meine innere Stimme.

Und dann biss Jason zu, dass mir der Atem wegblieb. Das kam so unerwartet, das ich strauchelte und zusammen mit Jason auf den Boden krachte. Die Schmerzen waren unerträglich und machten sich langsam in meinem ganzen Körper breit. Tränen stiegen mir in die Augen. Mit fest zusammengebissenen Zähnen, versuchte ich mich aus Jasons Griff zu befreien.
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Ich hoffe dieses Kapitel hat euch gefallen, wenn ja schreibt's in die Kommentare oder stimmt für die Geschichte ab.

Lg Josi :*

Verführerisches BlutWo Geschichten leben. Entdecke jetzt