25.Kapitel

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//Mila// Frankfurt//

Mit dem abfahrenden Bus zerplatzte meine rosarote Blase schlagartig. Das Klingeln meines Handys beförderte mich zurück in die Gegenwart. Eingehender Facetime-Anruf von Kathi. Ich musste jetzt schon grinsen. "Hey ...", setzte ich an, aber Kathi war schneller. "Hallo, Freundin von Wincent Weiss!", entgegnete sie mir. Erst rollte ich mit den Augen, dann entwich mir aber auch schon ein nervöses Lachen, "Wow, das ging schnell ... ".
Ehrlich gesagt, hatte ich seit diesem einen Moment gestern Abend gar nicht weiter darüber nachgedacht, wie schnell das ganze überhaupt seine Runden machen würde. Aber besser so, als irgendein albernes Versteckspiel. 
K: "Na, was dachtest du denn? Natürlich gehen solche Nachrichten schnell durch die Medien." 
M: "Ja natürlich! Das ist mir bewusst, aber wenn ich ehrlich bin, habe ich da seit gestern Abend gar nicht mehr wirklich drüber nachgedacht ... "
Kathi musterte mich lächelnd.
K: "Aber jetzt erzähl doch mal! Im Internet steht zwar einiges vom Konzert gestern Abend, aber nichts geht über die Sicht aus erster Hand."
M: "Na gut. Du erinnerst dich noch an die SMS mit der Überraschung? ..." Und dann erzählte ich meiner besten Freundin alles. Vom Ankommen bei der Security, über den neuen Song, das damit gelüftete Geheimnis und die ganze Gefühle dabei, vom Abend danach und alles was im Hotelzimmer passierte. Für manche mögen da zu viele Details sein, aber Kathi und ich haben uns schon immer alles erzählt. Also wirklich alles. Und das machte unsere Beziehung so besonders. 
K: "Wow, wie schön! Oh Mäuschen, das klingt so so schön und du strahlst wie lange nicht mehr! Ich wünsche euch wirklich von Herzen alles Glück der Welt!"
M: "Oh danke dir, Süße! Aber jetzt erzähl, wie geht's dir und dem Würmchen? Alles in Ordnung?"
K: "Alles bestens, Tante Mila. Mittlerweile sieht man schon ein bisschen was, und ab und an denke ich, kleine Bewegungen zu spüren. Oh ich freue mich so, wenn du wieder da bist und dir das zeigen kann! Und wie sehr Marco sich freut ... das ist so schön!"
Ihre Augen wurden ein wenig feucht während der Erzählungen. Es war so schön zu sehen, wie gut es meiner Freundin nach den anfänglichen Strapazen nun ging. Ich freute mich so sehr für Sie. Wir redeten noch eine Weile, bis ich an dem Café angekommen war, wo ich Lars auch schon in einer gemütlichen Ecke sitzen sah. Schnell verabschiedete ich mich von Kathi, wir würden uns ja bereits am Abend wieder sehen.

Ich schlängelte mich bis zu dem Tisch vor, begrüßte Lars mit einer eher zurückhaltenden Umarmung und bestellte mir Café und Pancakes. Lars sah heute schon ein wenig besser aus, als er es gestern getan hatte. Dennoch war er nicht mehr der penibel zurecht gemachte Lars, den ich kannte. Und auch sein glasiger, irgendwie trauriger Blick war immer noch da. Eine Weile saßen wir uns schweigend gegenüber, musterten uns gegenseitig. Ich lehnte mich in meinem Stuhl zurück und durchbrach die Stille. 
M: "Also? Du wolltest reden." Shit, das klang kühler als gewollt. Mit einem kleinen Lächeln versuchte ich das zu überspielen. 
L: "Weißt du ... wir konnten nie drüber reden, uns aussprechen ...", fing er verhalten an. 
Mit verschränkten Armen saß ich noch immer zurückgelehnt im Stuhl. Ich stieß ein sarkastisches Lachen aus. 
M: "Weil es da nichts mehr zu besprechen gab, Lars. Das muss ich dir wohl nicht erklären. Es war alles eindeutig, wenn auch unschön. Aber vielleicht sollte es alles so sein. Und am Ende warst immer noch du derjenige, der mit einem Flittchen auf unserer Couch saß."
L: "Und ich möchte, dass du weißt, dass mir das alles, wie es gekommen ist, unendlich leid tut. Aber ich war wieder einmal so frustriert, das du für einen Job alles hast stehen und liegen lassen ..."
M: "Mensch, Lars! Das ist doch keine Entschuldigung! Da hätte ich schon ein bisschen mehr Grips erwartet. Was ist nur aus dem Lars geworden, den ich damals kennengelernt habe?"
Sein Blick in diesem Moment sagte so viel aus. Trauer, Enttäuschung. Und dann fing er an in seiner Jackentasche nach etwas zu suchen. Ohne Vorwarnung schob er mir über den Tisch ein Kästchen zu. 
M: "W... was ist das?", fragte ich in verwundert und lies meinen Blick zwischen ihm und dem Kästchen hin und her wandern. Ich fummelte es auf. Ein filigraner Ring mit einem Steinchen funkelte mir entgegen.  Entgeistert blickte ich den Ring eine ganze Weile an.
L: "Der war fürs vorletzte Silvester gedacht. Eigentlich hatte ich dich da fragen wollen. Wollte, das wir alles hinkriegen ... "
M: "Aber dann ging es mir so schlecht, das war es oder? Und dann ... dann war da diese Sache ... und danach kam nie wieder der richtige Moment, oder? Weil irgendwas zerbrochen war ... "
Betreten schaute Lars nun auch auf den Ring, über den meine Finger immer wieder wanderten, während so viele Momente unserer Beziehung in mir aufkamen. Nur eine einzige Träne rollte über meine Wange. Dieses Gespräch war so verdammt lange überfällig gewesen. Viel eher hätten wir so offen kommunizieren müssen. Lars legte vorsichtig seine Hand auf meine, welche immer noch mit dem Ring beschäftigt war und ich lies es zu. 
L: "Du musst nichts weiter sagen. Aber mir ist auch klar geworden, dass wir beide seit dem bis Anfang diesen Jahres nur noch neben einander her und uns auseinander gelebt hatten. Und trotzdem war mein Verhalten keine Entschuldigung. Ich fand es nur sehr schade, dass wir uns nie ausgesprochen haben. Daher danke ich dir, dass wir das heute nachholen konnten."
Ein Lächeln stahl sich auf meine Lippen. 
L: "Und noch was ... meinst, wir wollen zumindest versuchen, befreundet zu bleiben? Ich habe das Gefühl, dass das besser zu uns passt." Ein schiefes Lächeln stahl sich auf meine Lippen.
M: "Erst einmal danke ich dir für deine Offenheit! Und gerne können wir versuchen Stück für Stück an unserer Freundschaft zu arbeiten."
L:"Das weiß ich sehr zu schätzen, Mila! Übrigens siehst du gut aus ... zufrieden und glücklich."

Eine kleine Weile redeten wir noch über all' das, was noch zwischen uns stand und über vieles mehr. Meine neue Beziehung, das Lars nicht mehr bei der Bank arbeitete (weshalb er so schlecht aussah, da er unerwartet gekündigt wurde) und dass er nun bei seinem Vater beim Weingut einstieg. 
Und schon am Nachmittag machte ich mich voller Vorfreude wieder auf den Heimweg ans Meer zu Kathi. 




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