//Emilia//
Kurz vor acht bog ich in die Straße zu Wincents Wohnung ein. Anders als erwartet stand er sogar schon am Straßenrand und wartete. "So pünktlich heute", grinste ich ihn zu Begrüßung an. Wincent schaute gespielt bedröppelt. "Fühl dich geehrt, ist selten, dass ich mich für jemanden beeile." Er blickte mich mit seinen rehbraunen Augen direkt an. Ich merkte, wie mir die Röte ins Gesicht stieg. Ich räusperte mich und konzentrierte mich wieder aufs wesentliche, nämlich uns beide an den Strand zu buxieren. "Dann lass uns mal los."In Scharbeutz angekommen parkten wir in unweit vom Strand entfernt. Ich schnappte mir meine Tasche mit allen nötigen Dingen und wir schlenderten Richtung Seebrücke. Genau unter dieser machten wir es und bequem, hier hatte man einen perfekten Blick auf das Wasser und die untergehende Sonne. Aus meiner Tasche angelte ich zwei gut gekühlte Biere zum anstoßen. "Auf einen schönen Abend!", prostete ich Wincent zu. Wir nahmen beide einen großen Schluck.
Wir genossen einfach den Abend. Ich lehnte meinen Kopf an Wincents Schulter ließ meinen Blick über Strand und Meer gleiten. Wir schienen uns auch ohne viele Worte zu verstehen, als wären unsere Seelen durch eine unsichtbare Verbindung verknüpft.Trotzdem schwirrten mir gerade so viele Gedanken im Kopf herum, dass ich einfach den Gedanken aussprach, den ich als erstes zu fassen bekam. "Kathi ist schwanger", durchbrach ich die Stille. Wincent drehte sich so, dass wir uns nun direkt in die Augen schauen konnten. In seinen Augen blitzte Freude auf. Natürlich. Weil er dachte, dass er Onkel werden würde. Es tat mir ein wenig leid, ihm genau diese Freude zu nehmen. "Aber das ist doch wunderbar", Wincent freute sich wirklich. Ein Seufzer entfleuchte mir. "Genau das hab ich gestern auch zu Kathi gesagt. War nur irgendwie nicht der richtige Moment dafür. Es gibt zwei potenzielle Väter, sie weiß nicht von wem es ist. Und Marco weiß noch nichts von dem ganzen Dilemma." Wincents Blick wechselte von Freude zu Verwirrung binnen Sekunden. "Okay, wow. Das war viel Info auf einmal." Einen kurzen Moment sagten wir beide nichts.
W:"Kathi hat Marco betrogen?"
E:"Nein, auf keinen Fall. Das war wohl noch bevor die beiden ein Paar wurden. Sie hat es mit sich selbst als Ausrutscher vereinbart. Ihr Ex-Freund stand im Sommer vor ihrer Tür. Sie war betrunken, er war betrunken. Und naja eins hat zum anderen geführt, du weißt schon. Noch dazu hat sie Angst, dass sie durch die familiäre Geschichte MS an ihr Kind weitergeben könnte."
W:"Scheiße. Wenn dann kommt auch alles auf einmal, oder wie?" Jetzt sah auch er wirklich besorgt aus.
E:"Tu mir nur einen Gefallen und lass die beiden das unter sich ausmachen. Immerhin ist das eine Sache zwischen Marco und Kathi."
Damit schien das Thema erstmal beendet. Aber es tat ehrlich gut, mit jemanden darüber zu reden. Ich lehnte mich wieder an Wincent an und hüllte uns beide in die Wolldecke, die ich vorsorglich eingepackt hatte. Wir hatten zwar einen wunderbaren, warmen Spätsommer, aber die Abende und Nächte wurden allmählich schon kühler.
Nach einer weiteren Weile war es Wincent, der die Stille durchbrach. Er schien genauso viele Gedanken in seinem Kopf zu beherbergen wie ich.
"Weißt du, egal was da zwischen uns ist, lass es uns erstmal langsam angehen. Ich hab gerade erst wieder zu mir gefunden. Und du auch. Aber bei dir hab ich endlich das Gefühl, dass du mich verstehst, mein Leben und das ganze Chaos, was mich umgibt. Weil du genauso tickst und keinen 9to5 Job hast. Bei uns beiden gibt es nicht die eine Person, die immer daheim sitzt und auf den anderen wartet. Ich mag dich - ich mag dich wirklich - aber ich hab Angst das ganze wieder zu verbocken", Wincent hatte sich vollkommen in Rage geredet und ich war völlig perplex von seinen Worten. Wow, das war definitiv das Schönste seit langem, was ein Mann mir gesagt. Ein völliger Seelenstriptease. Diesmal war ich diejenige, die sich umdrehte, sodass wir uns gegenüber saßen. Ich strich Wincent sanft über seine Wange. In seinen Augen standen ein wenig Angst, aber auch Liebe. "Vor einigen Tagen habe ich von einem unfassbar guten Sänger etwas gelernt", flüsterte ich, während Wincent Blick fragend wurde. "Ey es wär' schön blöd nicht an Wunder zu glauben!", sang ich schüchtern. "Du machst mich wahnsinnig - jetzt kannst du auch noch singen?", lächelte Wincent mir entgegen. "Ach und danke für das Kompliment. Ein unfassbar guter Sänger also?" "Wer sagt denn, dass ich dich damit gemeint?", schelmisch grinste ich zurück. Damit fing ich mir eine Tirade von Kitzlern ein, mit der ich wirklich nicht gerechnet hab. Ich lag nach Luft japsend und flehend auf dem Boden. "Bitte hör' auf ich kann nicht mehr", flehte ich. "Hmmm", Wincent tat, als würde er nachdenken, "nur wenn du deine Aussage korrigierst. Ich verdrehte gespielt meine Augen. "Na gut! Natürlich warst du gemeint!"
Damit beugte sich Wincent nun vollends über mich und endlich trafen wieder unsere Lippen auf einander. In mir brach ein unfassbares Feuerwerk los. Es fühlte sich verdammt gut an. Wincent tastete sich langsam vor und als seine Zunge vorsichtig meine Lippen umspielte gewährte ich Einlass.Uns beiden wurde schließlich viel zu kalt und wir beschlossen langsam Richtung Eutin aufzubrechen.
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An Wunder
FanfictionZwei Beziehungen, die zerbrechen. Zwei irgendwie ähnliche Geschichten. Sie die Betrogene, er der Verlassene. Eine schicksalhafte Begegnung für zwei jungen Menschen, die selbst noch nichts davon ahnen. Und so nimmt die Geschichte von Emilia und Win...