2.Kapitel

329 6 1
                                    

//München//Wincent

„Wince ... es tut mir leid, aber ich kann unser Leben, wie es momentan ist, so nicht mehr weiter führen. Wenn du das hier liest, bin ich schon längst auf dem Weg nach Köln, um mir dort eine neue Zukunft aufzubauen. Ohne Dich. Ich weiß, dass wir gemeinsam viel vor hatten, aber ich weiß genauso, dass du DIE Frau für dein Leben finden wirst. Die, die dein Leben versteht und das Chaos und die einsamen Stunden, wenn du keine Zeit für sie hast, annimmt . Aber mit der du auch das haben wirst, was wir haben wollten. Dein Ring an ihrem Finger, Kinder, ein Haus mit Garten.
Glaub mir, mir tut es genauso weh wie dir diesen Schlussstrich zu ziehen. Aber es geht nicht anders.

Mach's gut, Wince ...
Und vielleicht bis bald, Yvonne

P.S.: Meine Sachen habe ich auch schon alle abholen lassen. Der zweite Schlüssel liegt im Wohnzimmer."

Es fühlte sich an wie ein Schlag in die Magengrube, gleichzeitig fiel es mir schwer zu realisieren, was genau auf dem Zettel stand. Ich wusste nicht, was ich fühlen sollte. Das einzige, was mir in den Sinn kam, war, dass ich hier raus musste. Weg von diesem Ort, weg aus dieser Stadt. Ich suchte alles nötige zusammen und schwang mich auf mein Motorrad in Richtung Ostsee. Heimat. Meer. Familie. Das war alles, was ich gerade brauchte. Eine ordentliche Brise, um den Kopf frei zu kriegen und natürlich meine Familie, um die Seele halbwegs zu reparieren. Da es noch Frühjahr war, konnte ich problemlos hier her kommen. Die Proben für die Auftritte im Sommer und Herbst würden in frühestens 8 Wochen beginnen. Und genau die Zeit würde ich mir auch nehmen, um wieder klar zu kommen.

 Nach einer gefühlten Ewigkeit fuhr ich von der A1 Richtung Eutin ab. Ich konnte ihn riechen, diesen Duft nach Meer und Heimat. Ich parkte mitten in der Einfahrt von meiner Mum. Und natürlich hatte sie mich vom Küchenfenster aus schon entdeckt, weswegen sie bereits in der Haustür auf mich wartete. "Hey Mum!", brachte ich erschöpft hervor. "Wince? Was machst du denn hier?", fragte sie völlig verblüfft. "Überraschung! Darf ich euch denn nicht mal besuchen kommen?", fragte ich gespielt amüsiert. "Aber sonst kündigst du dich doch immer an!" "Ach Mum! Ich hatte einfach Sehnsucht nach euch.", und das stimmte weitesgehend ja auch. "Wince,.." Mist, immer dieser mütterliche Instinkt! Natürlich hatte sie sofort gemerkt, dass irgendetwas im Busch ist und natürlich kam ich nie ohne vorherige Ankündigung. "Was ist los? Ich merke doch, dass irgendetwas nicht stimmt." Ich schaute auf den Boden, während ich versuchte meine Emotionen zu kontrollieren. Mum schaute mich mittlerweile ungeduldig an.  Nach einem tiefen Einatmen, ließ ich es einfach raus. "Ich habs verbockt, Mum!" Im wahrsten Sinne des Wortes, denn nun waren alle Dämme gebrochen und es kam alles raus, was sich seit dem Brief in mir aufgestaut hatte. Weinend sank ich in den Armen meiner Mutter zu Boden.

//Frankfurt//Emilia

Ich kam einige Stunden früher als eigentlich geplant in Frankfurt an, holte im nächsten Restaurant Sushi ab und wollte Lars überraschen ~ bis zu diesem Zeitpunkt ging ich auch davon aus, dass das eine gute Idee ist.
Ich stieg an der U-Bahnhaltestelle Glauburgstraße aus und lief die letzten paar Meter bis zur Wohnung. Dort angekommen kramte ich erstmal meine Schlüssel aus der Tasche. Aus einer der Wohnungen vernahm ich schon deutliche Stöhngeräusche, konnte aber nicht den Ort bzw. die Wohnung ausmachen, wo diese herkamen. Doch das fand ich schneller (und leider auch genauer) raus, als mir lieb war.

Einige Stunden später //Hamburg//Emilia

Ich musste hier raus. Diese Stadt, diese Wohnung und vorallem diese Bilder von Lars bummsend mit seiner Kollegin auf unserer Couch, all das schien mir gerade die Kehle zu zuschnüren. Ich wusste nicht wie, aber meine Füße trugen mich Richtung Bahnhof. Alles was ich wollte, war, mich in einen Zug Richtung Heimat zu setzen. Schon auf dem Weg dorthin rollten immer wieder Tränen meine Wangen herunter.

In Hamburg angekommen, wartete meine Mom schon am Bahnhof auf mich. Unterwegs hatte ich mich kurzfristig für zwei Wochen ~ in denen sowieso erstmal keine Aufträge anstanden ~ bei meinen Eltern angemeldet. Ich stieg aus dem Zug aus und lief geradewegs auf sie zu. Und schon auf dem Weg zu ihr spürte ich wie sich meine Augen mit Tränen füllen wollten, doch ich hielt sie krampfhaft zurück. Nicht hier, nicht wenn jeder es sehen kann. Doch es hatte keinen Sinn. „Hey Mom...", war alles, was ich sagen könnte, ehe ich in ihrer Umarmung komplett den Kampf gegen die Flut an Tränen verlor. „Hey Kleines ... alles gut ... shhh", versuchte sie mich zu beruhigen, während sie mir sanft über meinen Rücken strich. So wie Mom es schon damals immer getan hat, als ich noch klein war.


An WunderWo Geschichten leben. Entdecke jetzt