// Jahresbeginn 2016 // Lars// Frankfurt//
Ich weiß nicht wie lange wir auf dem Boden des Schlafzimmers saßen, als Mila mir unter Tränen all' die aufgestauten Sorgen der letzten Tage anvertraute. Seit sie mir von der Schwangerschaft erzählt hatte. Und ich wusste genau was sie meinte und wie sie sich fühlte. Denn mir ging es genauso. Zukunftsängste, Panik, ein "Schaffen wir das?".
So gut es ging, versuchte ich ihr all' die Sorgen abzunehmen, damit sie sich voll und ganz auf das Würmchen konzentrieren konnte. Ich zog sie zu einem Kuss sanft zu mir rauf. Sie erwiderte diesen Kuss - ein Kuss wie lange nicht mehr, voller Emotion, Sicherheit, Halt. Diese Frau war mein Anker, mein sicherer Hafen, das wurde mir in diesem Moment wieder einmal bewusst. Und plötzlich sackte Mila in meinen Armen zusammen. Sie war ganz bleich, zitterte kaum merkbar am ganzen Körper. Ein kalter Schweißfilm stand auf ihrer Stirn. Scheiße. "Mila? Mila, alles gut?" Doch es kam keine Antwort.
Und dann ging alles so schnell. Die nächsten Stunden zogen schon fast verschwommen an mir vorbei. In einem Moment rief ich den Krankenwagen, im nächsten lag Mila schon auf der Trage auf dem Weg zum Krankenhaus. Ich durfte nicht mit, schließlich war ich kein Angehöriger. Also kramte ich nach meinem Autoschlüssel, trat aufs Gaspedal und fuhr durch den Schnee dem Krankenwagen hinterher. Währenddessen, immer darauf bedacht bei dem Wetter nicht selbst auch noch den Krankenwagen zu benötigen, rief ich Milas Eltern an. Mit Panik und zittriger Stimme erklärte ich ihnen was heute Abend passiert war. Auch sie machten sich sofort auf den Weg.
Ich traf direkt nach dem Krankenwagen ein, rannte so schnell es ging in die Notaufnahme, den Sanitätern und Mila hinterher. Mila. Wie sie dort lag, hilflos, bewusstlos. Es brach mir das Herz, sie so dort liegen zu sehen. Sofort kamen Ärzte herbei, schoben Mila in den nächsten Raum. Noch immer lief alles wie in einem Film an mir vorbei.
Mittlerweile waren auch Milas Eltern eingetroffen. Nur dank ihnen bekam auch ich immer alle Infos - sie waren schließlich Angehörige, ich nicht.
Eigentlich hatte ich Mila vor einigen Tagen an Silvester fragen wollen, ob sie meine Frau werden möchte. Doch ihr ging es an diesem Abend nicht so gut, weshalb wir sogar die gemeinsame Feier mit Freunden abgesagt und nur zu zweit ins neue Jahr gestartet waren. Ich war mir bis dahin so so sicher gewesen, dass wir all' das gemeinsam schaffen würden - doch dass sich die Ereignisse in so kurzer Zeit so doll überschlagen würden, konnten wir beide nicht ahnen.Stumm saßen wir drei auf dem Krankenhausflur, wartend, dass verdammt nochmal endlich ein Arzt zu uns kommen und die Lage erklären würde. Es fühlte sich nach endlos langen Stunden an.
Ich kam den Flur wieder rauf, nachdem ich kurz an der frischen Luft war und konnte schon von weitem sehen, dass endlich ein Arzt mit Milas Eltern sprach - Gott sei Dank! Doch irgendwas stimmte nicht.
Je eher ich mich näherte, desto mehr schien die Lage unsicherer zu werden. Nur noch wenige Schritte. Ich sah, wie Milas Vater die Gesichtszüge immer mehr entglitten. Was war hier los? Und was war mit Mila? Und drehte sich Milas Mutter um und vergrub ihr Gesicht in seiner Brust. Der Arzt warf ihnen und mir einen mitleidigen Blick zu und ging davon.Ohne ein weiteres Gespräch ging ich an allen vorbei - direkt in Milas Zimmer. Sie starrte gedankenverloren und abwesend aus dem Fenster, bemerkte aber sofort, dass ich mich vorsichtig zu ihr auf den Bettrand gesessen hatte. Ich strich ihr wie so oft eine Strähne aus dem Gesicht, als sie sich zu mir umgedreht hatte.
Sie öffnete den Mund, wollte etwas sagen, schloss ihn jedoch direkt wieder. Noch immer wusste ich nicht, was geschehen war, als ihre Eltern ganz leise zur Tür hereinkamen und sich auf der anderen Seite auf das Betten setzten. "Mama", war das einzige, was Mila flüsterte, bevor ihr die Tränen kamen. Milas Mutter drückte ihr die Hand und auch ihr rann eine Träne über die Wange. Dann endlich fing Milas Mutter an zu reden. "Mila", fing sie an und hielt weiterhin fest die Hand ihrer Tochter, "du, also ihr", dabei schaute sie kurz zu mir, "ihr habt das Kind verloren", ihre Stimme brach endgültig, während sie ihrer Tochter über die Wange strich.

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An Wunder
FanfictionZwei Beziehungen, die zerbrechen. Zwei irgendwie ähnliche Geschichten. Sie die Betrogene, er der Verlassene. Eine schicksalhafte Begegnung für zwei jungen Menschen, die selbst noch nichts davon ahnen. Und so nimmt die Geschichte von Emilia und Win...