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Der restliche Abend war wie zu erwarten noch richtig scheiße. Also zumindest für mich.
Das eingebildete Mädchen neben mir redete nonstop mit mir und ließ mich einfach nicht in Ruhe, während unsere Eltern sich über irgendwelche belanglosen Dinge unterhielten. Der Abend zog sich damit wie ein Kaugummi, ein endlos langer Kaugummi...

Zum Glück merkte Dad, dass ich zunehmend genervter wurde und sagte schließlich um 22 Uhr, dass wir gehen können. Das musste er mir nicht zweimal sagen, da sprang ich direkt auf, warf Maya noch ein knappes, gezwungenes lächeln zu und verschwand aus dem Restaurant. Mir war es egal ob ich unhöflich wirkte, schließlich mochte ich die beiden auch nicht. Maya war zwar schon ganz nett und hätte ich sie nicht als Freundin von meinem Dad kennen gelernt, dann würde ich sie wahrscheinlich mehr mögen, aber das ist sie nunmal. Eine Frau mit der Dad bald zusammenziehen will und ich kann nichts dagegen tun. Hoffentlich muss ich dann nicht auch mit dieser Amalia zusammenwohnen...
Sie ist schon achtzehn ,oder? Da kann man ja ausziehen.

Nach ein paar Minuten kam Dad endlich aus aus dem Gebäude und setzte sich zu mir ins Auto, wo er sogleich den Motor startete, aber noch nicht losfuhr.

„Auf was wartest du?", fragte ich ihn verwirrt, woraufhin er seufzte.

„Milan, ich weiß die Situation ist ungewohnt und schwer für dich, aber sei bitte nicht so abweisend zu den beiden", bat er mich, während er mich mit in der Dunkelheit fast schwarzen Augen musterte.

„Du kannst nicht Mom einfach so ersetzen ohne zu erwarten, dass ich das vielleicht nicht ganz so toll finde", verteidigte ich mich augenverdrehend.

„Milan, deine Mutter hat nichts für dich getan! Sie hat dich als kleines kind Tage lang alleine zuhause gelassen und ist lieber feiern gegangen als sich um dich zu kümmern!", sagte Dad nun deutlich aufgebrachter mit lauterer Stimme.

„Ja und?! Sie ist trotzdem meine mutter und ich hab sie lieb! Außerdem hat sie sich schon oft bei mir entschuldigt, aber du lässt mich sie ja nie sehen!", meinte ich nun auch etwas angespannter.

„Frag dich mal warum! Sie hat mir zuerst das Sorgerecht entziehen lassen und als sie dann gemerkt hat, dass es doch nicht so einfach ist sich um ein kind zu kümmern hat sie dich einfach immer alleine oder bei ihrem freund gelassen! Sie hat mich dich auch nie sehen lassen und jetzt drehe ich den spieß halt um. Jetzt gehörst du mir und nicht mehr ihr"

„Oh, weil ich ja ein Gegenstand bin, den man sich nehmen kann wenn man will?! Das hast du gerade nicht ernsthaft gesagt, oder?!"

„Milan, du weißt ich hab das nicht so gemeint", versuchte er sich zu verteidigen.

Ich schüttelte ungläubig mit dem kopf.
„Dann hättest du es nicht gesagt", meinte ich, sah ihn böse an und wollte gerade aus dem Auto steigen, als ich eine warme hand an meinem arm spürte, die mich zurückhielt.

„Lass. Mich. Los"

„Milan lass uns zuhause darüber reden, aber steig-"

„Lass mich verdammt nochmal los", unterbrach ich ihn wütend.

„Milan, es ist schon spät und gefäh-"

„Nichts Milan, Milan! Lass mich jetzt los, ich will gehen"

„Ich lass dich nicht gehen, es ist gefährlich draußen. Du weißt, was das letzte mal passiert ist, als ich dich gehen lassen habe, diesen Fehler werde ich nicht nochmal begehen"

„Tja, leider hab ich dich aber nicht nach Erlaubnis gefragt", sagte ich und riss mich mit viel kraft von seinem griff los. Ich öffnete schnell die Autotür, wich Dads hand aus die wieder nach mir griff und stieg aus. Sofort umhüllte mich die kalte Nachtluft, die mir eine feine Gänsehaut verpasste.

„Milan, steig bitte ins Auto! Ich will nicht, dass dir was passiert! Mir tut leid, was ich gesagt habe, das hab ich nicht so gemeint, ehrlich. Bitte komm wieder rein", flehte er mich an.

„Weißt du was? Fick dich doch und lass mich in ruhe"
Meine letzten Worte, bevor ich die Autotür zuschmiss und in der Innenstadt verschwand.
Ich hörte zwar nicht seine rufe, aber die ignorierte ich einfach.

Ich war einfach so unglaublich wütend auf ihn. Ich konnte mich nicht noch länger mit ihm unterhalten ohne auszurasten.

Mit schnellen schritten ging ich die beleuchteten Straßen der Stadt entlang und wärmte meine Arme ein wenig mit meinen Händen, da es langsam echt zu kalt wurde.
Warum hab ich keinen Pullover angezogen?

Ich wusste nicht wo ich hingehen sollte. Nach Hause wollte ich nicht und geld um mir ein Hotelzimmer oder so zu buchen hatte ich auch nicht.
Dazu kam auch noch, dass sich in mir ein ganz seltsames, aber bekanntes Gefühl breit machte. Ein leichter Schwindel nahm mich ein, ich hatte schon eine Vorahnung was gleich passieren würde... Warum ausgerechnet jetzt, wo ich alleine bin?

Ich wollte sofort zu einer bank gehen, um wenigstens noch zu verhindern einfach umzukippen, doch so einfach war das dann gar nicht. Meine welt kam viel zu stark ins schwanken, als wäre ich auf einem Schiff, das von wellen überschwappt wird. Gerade noch so konnte ich mich an einer Laterne festhalten und dagegen lehnen bevor ich umgekippt wäre.

POV. Maik

Meine Eltern waren nicht zuhause, weswegen sie mich nicht fahren konnten. Ich wollte nämlich zu meinem Freund Jason.
Deshalb musste ich zu Fuß gehen...

Als ich gerade durch die ziemlich leere Innenstadt ging sah ich in einigen Metern wie sich jemand an einer Laterne klammerte und sehr wackelig auf den beinen war. Zuerst dachte ich, es sei nur irgendjemand der zu viel getrunken hat, aber je näher ich kam, desto bekannter wurde mir die person. Als ich dann erkannte, wer es war, fing ich an die letzten meter dorthin zu laufen.

„Milan! Hey, ich bins Maik, gehts dir gut? Was ist los?", fragte ich ihn eindringlich und stützte den blassen und halb weggetretenen Milan nochmal zusätzlich.

Er wirkte zunehmend verwirrter und reagierte gar nicht auf mich.

Wieso war er überhaupt alleine hier?

Da Jasons Wohnung näher als sein zuhause war, beschloss ich mit ihm dorthin zu gehen.
Ich löste seinen arm von der Laterne und stützte ihn, damit er nicht umkippen konnte.

No Way.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt