10|walk of truth

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Saphira

Zu meinem Erstaunen ist sie sofort begeistert. Ihr Gesicht hellt sich auf und man könnte denken, dass sie gerade im Lotto gewonnen hat. Aber das Schlimmste ist, dass es aufrichtig wirkt. Sie möchte mich wirklich kennenlernen. Doch ich weiß immer noch nicht, wie ich mich ihr gegenüber verhalten soll. Besonders, weil ich weiß, was Cayden wegen ihr alles durchgemacht hat.

Stillschweigend setzen wir drei uns gleichzeitig in Bewegung. Nur Caydens Hand auf meinem unteren Rücken lässt mich nicht vollkommen durchdrehen und in meinen dunklen Gedanken versinken.

„Wie geht es dir so? Was hast du in den letzten Monaten alles gemacht?", will Cayden von ihr wissen. Seine Stimme lässt nicht darauf schließen, dass er sichtlich nervös ist. Seine Schultern sind angespannt und er klammert sich regelrecht in mein Oberteil am Rücken.

Caroline geht neben mir her, sodass ich in der Mitte unserer Gruppe bin. Sie vergräbt ihre Hände in der Jeansjacke und im Mondlicht wirkt sie mit ihrem rosa Kleidchen wie eine zarte Porzellanpuppe. Sie lächelt schüchtern. „Mir geht es gut. Ich war heute in der Stadt und habe mich mit ein paar alten Freunden aus Santa Monica getroffen." Sie lächelt uns an und ich verstehe, wieso Cayden mit ihr zusammen war. Sie sieht in diesem Moment wunderschön aus. So hell, voller Licht. „Und wie geht es euch beiden? Wie habt ihr euch kennengelernt?", will Caroline interessiert wissen.

Zum Glück übernimmt Cayden das Antworten für uns beide. „Soweit gut, nicht, Juwelchen?" Er drückt sanft meine Taille und mein Herz schlägt ein wenig schneller.

Ich nicke aber nur.

„Saphira und ich haben uns hier in Rondale kennengelernt."

Unwillkürlich muss ich lächeln. „Naja", kommt es überraschenderweise von mir. Augenblicklich sieht Caroline mich an und ihre Augen funkeln erfreut darüber, dass ich jetzt auch etwas sage. „Eigentlich haben wir uns in Phoenix kennengelernt." Ich muss lachen. Es kommt mir nun viel länger als ein halbes Jahr vor. Aber ich glaube, dass ist der Effekt, wenn man mit Menschen Zeit verbringt, die man liebt. „Ich wurde umgerannt und bin ein paar Stufen runtergefallen. Dann war das erste, was ich gesehen habe, Caydens grüne Augen."

Caroline blickt uns amüsiert an. „Und dann? Ich hoffe doch, du hast ihr geholfen." Streng zeigt Caroline auf Cayden und ich muss kichern.

„Hat er, ja. Er hat mich sogar ins Krankenhaus begleitet und gewartet, bis er sicher war, dass es mir gut geht und mich anschließend nach Hause gebracht. Naja, so gut es mir halt eben damals gehen konnte." Ich zucke mit den Schultern und sehe zu Boden. Caydens Hand verstärkt den Druck an meinem Rücken.

„Das klingt nach ihm. Immer für andere da." Caroline klingt, als würde sie gerade in Erinnerungen versinken. Sie lächelt leicht, als ich wieder aufschaue.

Dann muss ich daran denken, wie Cayden zu mir war, als ich ihm hier zum ersten Mal begegnet bin. Sicher, in Phoenix hat er mir geholfen und war der Ritter in schimmernder Rüstung, doch hier hat er mir das Leben zur Hölle gemacht. Cayden und ich werfen uns einen Seitenblick zu und müssen beide grinsen. Wahrscheinlich denken wir beide gerade an das gleiche.

„Wie lange ist das schon her?", fragt Caroline weiter.

Ich versteife mich. Denn mir fällt ein, dass das am Ende vom Schuljahr war. Was bedeutet, dass Caroline noch in Caydens Leben gewesen sein muss. Oder aber gerade frisch verschwunden.

Auch Caydens Schultern spannen sich wieder an. Er räuspert sich, bevor er erwidert: „Das war kurz nachdem du gegangen bist." Während er spricht, sieht er auf seine Füße.

„Oh", kommt es allerdings nur von Caroline. Sichtlich peinlich berührt bleibt sie nun stehen. „Hör mal, Cayden." Sie greift nach seinem Handgelenk, um ihm vom Weitergehen abzuhalten. Er wendet sich ihr zu. „Was das angeht, kann ich mich nicht genügend entschuldigend. Ich kann dir nur sagen, dass ich meine Gründe hatte."

Desire-Deep as WaterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt