31|two melodies

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Saphira

Der letzte Schultag vor den Weihnachtsferien geht zu Ende und ich trete auf den Hof nach draußen zu meinem Wagen. Genauso wie gestern schaue ich zu den Motorrädern rüber, bei denen ich auch sogleich Cayden finde.

Dieser lächelt mir zu und will zu mir rüber kommen, doch ich schüttele leicht den Kopf. Er bleibt stehen. Seine Miene fällt in sich zusammen, genauso wie seine gesamte Haltung.

Dann steige ich mit Elaine in mein Auto. Auf ihrer Auffahrt steige ich mit ihr aus, um mich richtig von ihr verabschieden zu können, denn ab morgen bin ich für einige Tage in Paris.

„Also. Ruf mich an, wenn ihr gelandet sein. Schick ganz viele Bilder und wir telefonieren jeden Abend, ok?" Elaine zieht mich in eine Umarmung. Sie seufzt in meine Haare. „Ich weiß nicht, was ich ohne dich hier machen soll, Saph. Es wird sicher schrecklich. Vor allem, weil irgendein alter Familienfreund zu uns kommen soll und ich darf mich um ihn kümmern. Toll, oder?" Sie verdreht die Augen.

Ich lache auf. „Ach, El. Alles wird gut. Einfach schön lächeln und winken. Und nicht vergessen." Ich deute mit einem Finger auf sie. „Bitte nur in Gedanken morden. Ich meine, ich habe kein Problem damit, dir zu helfen, aber aus Paris geht das schwer."

Nun lacht auch Elaine.

Für einen Moment stehen wir so da, bis Elaine das Schweigen bricht: „Hast du mit ihm gesprochen?"

Ich schüttele den Kopf.

Vorwurfsvoll sieht sie mich an.

„Ich habe ihm aber gesagt, dass ich nach Paris fliege."

Meine Freundin sieht mich immer noch so an, als hätte ich den Verstand verloren. „Du hast dich nicht von ihm verabschiedet?"

Erneutes Kopfschütteln.

„Du bist unglaublich."

Ich grinse sie an. „Danke." Dabei ist es alles andere als gut. „Ich werde ihm schreiben. Versprochen. Ich glaube, ich kann einfach nicht mit ihm reden. Ich vermisse ihn so sehr, dass ich mich vermutlich in seine Arme stürzen würde, wenn ich ihm gegenüberstehe, Elaine." Ich seufze auf und vergrabe mein Gesicht in meinen Händen. „Ich bin sowas von verloren."

„Ach, Süße." Sie streichelt meine Arme. „Es wird alles gut. Ich bin immer noch der Meinung, dass Liebe ihren Weg findet."

„Ja. Vermutlich."

„Kommst du klar?", will sie mit gerunzelter Stirn wissen.

Ich nicke. „Ja. Ich brauche nur etwas Zeit, um über ihn hinwegzukommen. Ich hoffe, dass der Abstand etwas bringt."

„Ok." Sie schenkt mir ein aufmunterndes Lächeln. „Dann wünsche ich dir noch viel Spaß, guten Flug und genieße Paris." Elaine geht die Stufen zu dem weißen Haus rauf, dessen Haustüre von zwei Säulen flankiert wird. „Und vergiss die Bilder nicht. So kann ich zumindest durch dich nach Paris reisen."

Ein Lachen entkommt mir. „Wird gemacht. Bis dann."

Wir winken uns noch zu, bevor sie im Haus verschwindet und ich wieder einsteige.

Bei mir daheim herrscht reges Treiben. Johanna und Paul laufen durchs ganze Haus und versuchen herauszufinden, was noch fehlt und was noch gepackt werden muss. Ich lache in mich hinein, als ich an meine Liste denke.

„Hast du meinen Mantel?", ruft Johanna.

„Wo ist mein Hemd?", kommt es von oben.

Ich betrete das Wohnzimmer. „Dein Mantel hängt noch im Flur auf dem Kleiderbügel, weil du nicht wolltest, dass er zerknittert." Meine Tante schaut mich aus großen Augen an.

Desire-Deep as WaterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt