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Laura POV:

Als Charles' Brüder auch im Hospitalitybereich eintrudelten und wir einander vorgestellt wurden, fühlte ich mich erstaunlich wohl, obwohl ich niemanden richtig kannte. Der ältere Bruder von Charles hatte seine Freundin mitgebracht. Sie hieß Charlotte und schien sehr lieb zu sein. Auf dem Weg zum Mittagessen gabelten wir Charles' Freunde Joris und Antoine auf und in einer großen Truppe ging es in den Paddock-Club. Charles musste reserviert haben, da ein Kinderstuhl für Isabella am Tisch stand. Charles saß gegenüber von mir, Isabella links und Charlotte rechts neben mir. Da es noch etwas dauerte, bis das Essen zu uns kam und Isabella gerade mit ihrem Malbuch beschäftigt war, unterhielt ich mich mit Charlotte und Charles. „Wie alt ist Isabella denn?", wollte sie wissen. „Sie ist zwei Jahre alt und extrem neugierig", erklärte ich. „Sie ist wirklich eine süße kleine Prinzessin. Sie sieht dir sehr ähnlich! Aber warum seid ihr nur zu zweit hier?" „Nun ja, das ist eine etwas längere Geschichte. Aber die Kurzfassung davon: Der Vater hat uns vor zwei Monaten einfach stehen gelassen. Seitdem habe ich gelernt, allein mit ihr klarzukommen. Sie ist sehr schlau und brav. In der Hinsicht war es nicht allzu schwer, das zu meistern", fuhr ich fort. „Hut ab, du hast das wirklich gut im Griff. Es kommt halt zumindest so rüber", mischte sich nun Charles ein. Ich lächelte ihn schüchtern an, wobei ich mir nicht sicher war, ob meine Wangen dabei nicht rot wurden. „Danke!"

Dann war auch schon das Essen da und Isabella wollte ihr Malbuch nicht aus der Hand geben. „Isabella, es gibt jetzt Essen! Später darfst du weitermalen. Ich lege das Buch hier hin, es wartet auf dich, bis du fertig gegessen hast", sprach ich in einer ruhigen Tonlage und sofort hörte das Gejammer auf. Sie gab mir das Buch und ich legte es auf den Tisch vor sie. „Wow, das war beeindruckend! Wie machst du das?", staunte der Rennfahrer. „Nun ja, Kinder merken, wenn man selbst mit der Situation überfordert ist. Wenn man ruhig bleibt, bleiben die Kinder auch ruhig. So ist das eben", zuckte ich mit den Schultern.

Während des Essens flirtete Isabella immer wieder mit Charles. „Na also das glaubt uns niemand. Du bist nicht mal 24 Stunden single und schon flirtest du mit der Nächsten!", stichelte Charles' jüngerer Bruder Arthur. „Tutur, sind wir mal ehrlich... Kannst du diesen großen braunen Augen widerstehen?", meinte Charles. „Sie hat schon die anderen Fahrer am Eingang begrüßt und jeder, ausnahmslos jeder ist stehen geblieben!", erklärte ich. „Wer da nicht stehen bleibt, hat einfach kein Herz!", lächelte Charles und sah mir in die Augen. Täuschte ich mich oder hatte mich sein Blick wie der Blitz getroffen? „Laura, woher kommst du eigentlich?", fuhr Charles fort. „Ich komme aus Modena. Wo das liegt, müsstest du als Ferrari-Fahrer eh wissen. Ich habe eigentlich meine ganze Kindheit dort verbracht. Und vor zwei Monaten sind wir nach Sanremo gezogen. Ich wollte weit weg von meiner Vergangenheit."

Ich vergaß, dass um uns herum noch andere Leute am Tisch saßen und konzentrierte mich ganz auf das Gespräch mit Charles. „Oh, in Sanremo ist immer das große Festival, bei dem der Gewinner für Italien beim Songcontest antreten darf, richtig?", warf er ein. „Richtig! Das ist nächste Woche. Gehst du hin?", hakte ich nach. „Ja, ich bin da eingeladen. Und ja... da ich jetzt nicht mehr mit meiner Ex zusammen bin, hätte ich noch eine Karte übrig. Möchtest du mit mir hingehen?" Mutig von ihm, mich das so direkt zu fragen. „Muss ich dann auf einen roten Teppich bevor wir zu den Plätzen dürfen?", kicherte ich. „Nein, selbstverständlich nicht! Aber es würde mich freuen, wenn du mitkommst", berichtigte er. Ich musste lachen. „Alles gut, ich komme gerne mit!" Das Grinsen in seinem Gesicht nach dieser Aussage erwärmte mein Herz.

Nach dem Essen musste Arthur zu seinem Rennen los und Charles zum Briefing. „Wir sehen uns später wieder, wenn ich ins Auto steigen muss", meinte Charles, als wir uns alle von Arthur verabschiedet hatten. „Sollten wir uns nicht mehr sprechen, wünsche ich dir viel Glück. Bloß nicht die Nerven verlieren oder nervös werden. Du bekommst das bestimmt hin! Ich glaube daran!", meinte ich und streichelte seine Schulter, da ich in meinem anderen Arm Isabella hielt. „Isabella, sagst du noch auf Wiedersehen zu Charles?", stupste ich meine Tochter an. „Tschüssi Cha!", kicherte sie und zauberte dem Monegassen ein breites Grinsen ins Gesicht. „Tschüssi Isabella! Wir sehen uns später!", zwinkerte er uns zu und verabschiedete sich in das Bürogebäude von Ferrari. Wenn ich nicht schon mein Herz an ihn verloren hatte, dann definitiv Isabella. Sie war neuen Bekanntschaften immer skeptisch gegenüber, doch er hat etwas an sich, das ich mir nicht erklären konnte.

Wir gingen mit Charles' Familie und Freunden zu Arthurs Box, um uns das Formel 2 Rennen von dort aus anzusehen. Es herrschte viel Betrieb in der Garage und wir konnten nicht allzu viel sehen, weshalb ich den Anderen sagte, dass Isabella und ich schon mal zu Charles in die Garage gingen. Charlotte folgte uns. „Woher kennen Charles und ihr euch eigentlich?" Ich wusste, dass diese Frage kommen würde. „Eigentlich war das nur ein Zufall, dass wir jetzt hier sind..." Ich tischte ihr die ganze Geschichte auf. „Soweit ich informiert bin, hat er noch nie irgendwelchen Fans VIP-Zugang gegeben. Das war wohl eine Premiere. Er scheint ganz vernarrt in Isabella zu sein, aber du gefällst ihm auch nicht schlecht", zwinkerte Charlotte. „Wie kommst du darauf? Also das mit Isabella, klar. Aber mich? Er hat gerade mit seiner Freundin schlussgemacht, das glaube ich fast nicht...", sprach ich meine Gedanken laut aus. „In Gedanken hat er mit ihr schon vor einem Monat schlussgemacht. Sie wollte ihn extrem einschränken, weil er eben so viele weibliche Fans hat. Ich habe das nicht verstanden, wenn ich ehrlich bin. Es ist sein Job und er kann nichts dafür, dass er gut aussieht und alle Herzen ihm entgegenfliegen, wenn man das so sagen kann", klärte Charlotte auf. „Ja schon, aber wie kommst du darauf, dass er mich gut finden könnte?", bohrte ich nach. „So wie er dich ansieht, hat er nicht mal seine Ex am Anfang der Beziehung angesehen. Mach mit dieser Information, was du möchtest", antwortete sie und wir gingen in die Ferrari-Garage.

Charlotte's Worte ließen mich nicht los. Selbst nicht, als Charles nach dem Briefing in die Garage kam und auf direktem Weg zu Isabella ging, um ihr ein High Five zu geben. Dann ging er zu seinem Renningenieur, um noch einige Dinge zu besprechen, während er sich den Rennanzug anzog. Ich verfolgte jede einzelne Bewegung seiner Hände und bemerkte gar nicht, wie abwesend ich eigentlich war. „Laura, mach den Mund zu, sonst sabberst du noch!", flüsterte Charlotte und ich schüttelte den Kopf. Ich spürte schon, wie ich rot wurde. War ich wirklich so fixiert auf ihn gewesen?

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