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Charles POV:

Als ich im Parc Fermé mein Auto abstellte, konnte ich nicht glauben, was wir da auf die Strecke gezaubert hatten. Ich war unglaublich stolz auf das Team, Carlos und mich. Ich stieg aus und ließ mich mit Carlos zusammen von den Ferrari-Mechanikern feiern. Es war so ein krasses Glücksgefühl, das ich verspürte. Und es bedeutete mir so viel, dass Laura das sah. Apropos, wo war sie eigentlich? Rebecca und sie waren nicht zu sehen. Wahrscheinlich würden wir sie vom Podium aus irgendwo sehen. Ich nahm meinen Helm ab und ließ mich wiegen, bevor ich mir eine Flasche Wasser öffnete. Es war unfassbar heiß geworden und ich schwitzte wie ein Schwein in der Sommersonne. Erst jetzt nahm ich meine Umgebung wieder richtig wahr und kam aus meinem Tunnel der Konzentration heraus.

Nach den ersten Interviews wurden wir in den Cool Down Room gebracht. „Das war vielleicht ein Höllenritt. Mir tut es leid für Max, das ist wirklich scheiße", äußerte ich mich zu dem Vorfall kurz vor Rennende. Noch ein bisschen Gequatsche und es ging zum Podium. Sobald ich meine Trophäe in der Hand hielt, suchte ich Laura und Rebecca unten im Publikum. Der kleine weiße Punkt unter den roten Leuten von Ferrari verriet Laura. Rebecca stand neben ihr. Sobald sich unsere Blicke trafen, erschien ein weites Lächeln auf ihrem Gesicht. Ich hatte sie stolz gemacht, vor allem aber hatte ich mich selbst stolz gemacht. Ich konnte befreit fahren und all meine privaten Sorgen beiseiteschieben. Wie war mir das bloß gelungen? Während diese Gedanken durch meinen Kopf rasten, spielte im Hintergrund die spanische und italienische Nationalhymne. Dann wurde der Champagner versprüht. Mein Ziel waren natürlich wieder die Menschen in Rot unter dem Podium. Doch der richtige Stress ging jetzt erst los, nämlich die ganzen Interviews.

Wir verschwanden vom Podium und rasten ins Motorhome, um uns rasch umzuziehen. Ich öffnete die Tür meines Driver's Rooms und ging auf direktem Weg zum Schrank, um mir ein Poloshirt zu schnappen. „Keine Begrüßung heute?", ertönte eine Stimme hinter mir und verursachte beinahe einen Herzinfarkt. Laura saß auf dem Sofa und war aufgestanden, um mich zu umarmen. In einer Hand die Trophäe, in der anderen das Poloshirt, schlang ich meine Arme um sie. „Das war unglaublich, was ihr da geleistet habt. Ich bin verdammt stolz auf dich!" Ich seufzte. „Dankeschön!" Dann löste ich mich von ihr. „Ich bin leider etwas im Stress. Kannst du mir bitte den Pokal und meinen Autoschlüssel abnehmen? Ich komme nach den Interviews sofort zum Auto. Ich schreibe dir. Dann fahren wir zurück ins Hotel." Ich sprach schneller, als ich es von mir gewohnt war. Laura lachte. „Alles gut, Charlie! Ich werde auf dich warten!", entgegnete sie nur und ich zog mich um, um nicht zu spät bei den Interviews zu sein.

Das Glücksgefühl ließ nicht nach und selbst um kurz vor Mitternacht, als wir mit den Interviews fertig waren, spürte ich das Adrenalin in meinem Blut. Ich rief Laura an, doch sie ging nicht ran. Eine Nachricht würde sie jetzt wahrscheinlich nicht lesen. „Glaubst du, die Mädels sind noch im Motorhome?", kam es in der Sekunde von Carlos. Ich zuckte mit den Achseln. „Nun ja, ich glaube schon. Wo sollten sie sonst sein? Geht Rebecca auch nicht an ihr Handy?" Mein Teamkollege schüttelte den Kopf. Schnurstracks gingen wir zurück ins Motorhome, wo immer noch keine Spur von unseren Mädels war. „Bestimmt im Driver's Room", äußerte ich meine Vermutung und ich öffnete vorsichtig die Tür. Tatsächlich waren beide Frauen in meinem Driver's Room und schliefen. Rebecca saß auf einem Stuhl und Laura hatte das Sofa für sich beansprucht. Ich kniete mich vorsichtig neben sie und strich ihr die Haare aus dem Gesicht. „Hey Prinzessin, aufwachen!", flüsterte ich. Sie sah unglaublich süß aus, wenn sie schlief. Langsam räkelte sie sich. „Charles, du bist schon wieder da?", gähnte sie. „Was heißt hier ‚schon wieder da'? Es ist schon Mitternacht. Tut mir leid, hat länger gedauert. Aber jetzt fahren wir zurück", lachte ich und sie richtete sich auf. Auch Carlos hatte Rebecca mittlerweile wach bekommen. Laura rieb sich die Augen.

„Na komm, ich bringe dich zum Auto!", grinste ich, als wir vor dem Motorhome standen. Der Paddock war wie leergefegt. Carlos und Rebecca verabschiedeten sich von uns und gingen schon mal vor. Laura hielt meine Trophäe in der Hand und begutachtete diese genau. „Gefällt sie dir?", wollte ich von ihr wissen. „Sie ist wirklich hübsch! Du hast aber viel Vertrauen in mich, wenn ich sie halten darf", lachte sie. „Natürlich! Ich glaube, du weißt schon, wie man damit umgeht. In Monza hast du doch auch darauf aufgepasst", gab ich zurück und legte einen Arm um sie, um sie in Richtung Auto zu schieben. Geborgenheit und Sicherheit, das waren die zwei Gefühle, die ich jetzt fühlte. Laura war da, es war alles in Ordnung.

Ich öffnete ihr die Tür und ließ sie einsteigen. „Wann wirst du aufhören, ein so übertriebener Gentleman zu sein?", lachte sie. „Niemals! Kommt nicht in Frage", antwortete ich und schloss die Tür, um selbst einzusteigen und zum Hotel zu fahren. Auf der kurzen Strecke war meine Beifahrerin erneut eingeschlafen, was ich ihr absolut nicht verübeln konnte. Ich brachte es nicht übers Herz, sie nochmal aufzuwecken. Deshalb beschloss ich, sie zusammen mit meiner Trophäe und ihrer Handtasche ins Zimmer zu tragen. Vorsichtig schnallte ich sie ab und hob sie aus dem Sitz. Gott sei Dank war im Hotel kein Mensch auf den Gängen. Es musste komisch aussehen, eine Frau zu tragen, auf deren Schoß ein Pokal lag. Da die Zimmerkarte in meiner Hosentasche war, erkannte die Zimmertür das sofort und ich kam herein. Ich legte die schlafende Laura sanft auf mein Bett ab und überlegte, was ich jetzt tun sollte. Aufwecken kam nicht in Frage, das hieß, sie würde hier schlafen. Zuerst nahm ich ihr den Pokal weg und stellte ihn auf den Schreibtisch. Dann zog ich vorsichtig ihre Schuhe aus und deckte sie zu. In der Zwischenzeit ging ich ins Bad, um mir die Zähne zu putzen und zu duschen. Was für ein Tag.

Nach einer Viertelstunde war ich fertig und verließ, nur in Boxershorts, das Badezimmer. Laura war in der Zwischenzeit wach geworden. „Na du kleine Schlafmütze?", grinste ich. „Lieb von dir, dass du mich hier hoch getragen hast, aber ich glaube, das sind die falschen Klamotten zum Schlafen. Ich geh mal zu mir herüber!", meinte sie und stand auf. „Aber du kommst ja wieder!", drohte ich fast schon. „Selbstverständlich! Ich brauche nur ein bisschen Zeit. Gib mir deinen Zimmerschlüssel und ich komme gleich wieder." Ohne ein weiteres Wort zu sagen, reichte ich ihr meine Schlüsselkarte, die ich aus meiner Hosentasche gefummelt hatte. Damit verschwand sie aus meinem Zimmer. Ich machte es mir in der Zwischenzeit in meinem Bett gemütlich.

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