Kapitel 6

455 58 81
                                    

L O U I S

Ich habe Harry angesehen und er hatte auf keinen Fall eine Wirkung auf mich oder hat vergangene Gefühle hervorgerufen. Nope. Definitiv nicht. Ein großes, fettes, lautes Nein. Also wirklich: Nein. N-E-I-N. Und weil es so schön ist, noch einmal: NEIN! Okay, vielleicht hat es meine Liebe zu ihm entfacht, aber ganz ehrlich, ich bin dem doch völlig ausgeliefert. Hilflos bin ich dem. Ich habe es versucht. Ich wollte über ihn hinwegkommen und habe ganz sicher nicht darauf plädiert, dass der Kerl zurück in mein Leben schneit. Trotzdem hat er es getan und ich muss einen Weg finden, ihn ein für alle Mal aus meinem Leben zu streichen.

Am Montag gehe ich mit einem schwachen und ausgelaugten Gemüt in den Verlag. Ich habe die Nacht damit zugebracht, das Aufeinandertreffen mit Harry Revue passieren zu lassen. Seine Stimme, seine Augen, seine-

Nope. Nein. Auf keinen Fall.

Die mit Sensoren ausgestattete Tür am Haupteingang eröffnet sich. Nichts hat sich verändert, zumindest physisch, und trotzdem ist die Aura, die durch das Gebäude peitscht, eine völlig andere. Vergiftet?

Auf dem Weg in mein Büro begrüße ich vertraute Mitarbeiter, die sich – ein Glück – über das Wochenende nicht auf magische Weise verändert haben... so wie der Boss. So wie ich Harry kenne, und ich bezweifle, dass sich diese Charaktereigenschaft in vier Jahren verändert hat, sitzt er schon seit mehreren Stunden vor dem PC und studiert seine Konten.

Der Aufzug ist völlig leer, sodass ich entspannt auf die vierte Etage fahren kann. Kells steht in der Küche und kocht sich einen Kaffee. Als sie mich sieht, lächelt sie breit. „Guten Morgen Chef. Kaffee?"

Ich stelle meine Tasche für einen Moment auf den Boden ab und lehne mich gegen den Türrahmen. „Gerne. Ein Teelöffel-"

„-braunen Zucker und einen Schuss Milch. Ich weiß. Manche Dinge ändern sich nie." Sie zwinkert mir zu und kramt eine weitere Tasse aus unserem Teamschrank hervor. Vor einigen Jahren haben wir uns personalisierte Tassen angeschafft, auf dessen Außenseite ein individueller Spruch steht. Ich werfe einen Blick auf Kells. The world belongs to those who read. – Rick Holland

Mein Spruch hingegen lautet „We read to know we are not alone". Meine Grandma hat mir immer versichert, dass egal, wie fern sie ist, ich sie in den Büchern dieser Welt finde. Dank ihr habe ich die Liebe für geschriebene Worte überhaupt entdeckt.

„Der neue Boss hat übrigens eine Meeting einberufen." Kells lehnt sich mit der Hüfte gegen die Küchenzeile. „Für neun Uhr."

„Das freut mich für ihn. Ich habe noch Manuskripte zu lektorieren. Sicherlich kann Levi stellvertretend für das Team in das Meeting gehen."

Sie presst die Lippen fest aufeinander. „Er hat ausdrücklich um die Teamleiter gebeten. Er möchte sich danach mit jedem einzelnen unterhalten, um auf den neusten Stand gebracht zu werden und die Arbeitstechniken kennenzulernen."

Ich lege die Stirn in Falten. „Wann wurde diese Nachricht gesendet?"

„Gar nicht", sagt sie und nimmt die Kaffeekanne in die Hand, um das Gesöff in die zwei Tassen zu verteilen. „Er kam heute Morgen in Levis und dein Büro, als wir uns über ein neues Buch ausgetauscht haben, und Mr. Styles hat nach dir gefragt."

Mein Magen dreht sich um, vollführt Saltos und Flickflacks, schließlich noch einen schönen Handstand – wobei ich zu bezweifeln mag, dass er das überhaupt anstellen kann – ehe sich mein Magen wieder an Ort und Stelle rückt. Mir ist speiübel.

Der Kerl soll mich in Frieden lassen und mein Leben nicht weiter auf den Kopf stellen. Er hat allein mit seinem Auftauchen genug Schaden für die nächsten achtzig Jahre meines Lebens angerichtet.

When It Is All Over - Larry StylinsonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt