Überrascht schaue ich Hyunjin an, der mich mit bettelnden Augen betrachtet und dabei den Stofftierwelpen fest umklammert.
„Ähm, klar, wenn du ihn magst", bringe ich hervor und schließe automatisch meine Arme um ihn, als er strahlend auf mich zukommt. Auf einmal fühle ich mich wie eine Erziehungsperson, die ihrem Schützling gerade eine Freunde bereitet hat. Und hat er mich gerade Feli genannt? Sonst nennt Hyunjin mich immer nur Lix.
Verwirrt löse ich mich von ihm und will gerade in Richtung Tierabteilung gehen, als eine Hand mich zurückhält. Hyunjin hat nach meiner Hand gegriffen und sie fest umschlossen, während er mich schon fast ängstlich anschaut. „Ist alles in Ordnung?", frage ich ihn besorgt und er nickt, während er sich so nah wie möglich neben mich stellt. Irgendwie ist das schon süß, denke ich lächelnd und drücke leicht seine Hand, um ihm zu signalisieren, dass ich da bin.
Gemeinsam gehen wir in die Tierabteilung und ich lasse Hyunjin ein Spielzeug für Minhos Katzen aussuchen, worüber er sich sehr freut. Dann bezahle ich und wir gehen wieder nach draußen, wo Hyunjin meine Hand loslässt. Es scheint ihm gut zu gehen, da er schon fast versonnen die Läden um uns herum betrachtet. „Ich möchte mir die Haare färben", äußert er dann verträumt lächelnd.
„Dann können wir ja zum Friseur gehen", schlage ich vor und Hyunjins Blick richtet sich auf mich. Für einen kurzen Augenblick bin ich von seinen sanften Augen gefangen, die in der Sonne so viel weicher wirken als sonst. „Gerne", antwortet er dann und läuft voraus. Ich passe mich seinem gemäßigteren und entspannten Gang an und genieße die angenehme Ruhe.
Um diese Zeit ist es in der Stadt glücklicherweise nicht so vollgestopft wie sonst, da die meisten arbeiten. Nach nur wenigen Minuten Fußweg kommen wir an dem Friseur an, den Chan mir empfohlen hat. Ich halte Hyunjin die Tür auf, wofür er sich mit einem leichten Lächeln bedankt und betrete dann ebenfalls das Geschäft.
„Ich hätte gerne die Spitzen geschnitten", sage ich dem jungen Mann an der Kasse, der mir augenblicklich einen Stuhl zuweist. „Sie können sich gerne direkt daneben setzen", bietet er Hyunjin an, der verlegen lächelnd neben mir Platz nimmt. „Was möchtest du denn für eine Haarfarbe haben?", frage ich neugierig, als der nette Mann wieder seinen Posten an der Kasse bezogen hat. Ich habe noch nie wirklich wahrgenommen, dass Hyunjin seine Haare gerne ändern würde und sie dann auch noch färben möchte. Bisher klang er immer sehr zufrieden mit ihnen.
„Hellblau wäre schön", erwidert er sanft lächelnd und ich schaue erstaunt zu ihm. Doch Hyunjin scheint es ernst zu meinen und irgendwie könnte ich mir blaue Haare auch ganz gut bei ihm vorstellen. Nach einer angenehm kurzen Wartezeit kommt eine ältere, aber freundlich aussehende Frau zu uns, die sich nach unseren Wünschen erkundigt und dann meine Haare übernimmt. Hyunjins Färbung wird länger dauern, aber ich warte gerne auf ihn.
Während die Friseurin meine Haare wäscht und anschließend glatt kämmt, spüre ich seinen Blick fast ununterbrochen auf mir ruhen. Das Bedürfnis, mit ihm über den Abend der Party zu sprechen, wird immer größer und belastet mich auch immer mehr. Ich bin mir mittlerweile sehr sicher, was meine Gefühle angeht. In den letzten Tagen habe ich ständig darüber nachgedacht und zu meiner Schande auch einige dieser dämlichen Selbsttests im Internet gemacht.
Doch dadurch fühle ich mich nur noch mehr darin bestätigt, dass ich in Hyunjin verliebt bin. Nur Chans Aussagen und auch die von Jeongin haben mich wieder verunsichert. Ich möchte Hyunjin auf gar keinen Fall verletzen, aber ich bin auch nicht der Typ dafür, meine Gefühle zu verheimlichen und mit mir herumzuschleppen. Wenn ich nur wüsste, was in Hyunjins Vergangenheit geschehen ist...
„Entschuldigung?" Aufgeschreckt drehe ich mich zu der Friseurin um, die mir einen Fön entgegenhält. „Trocknen Sie bitte Ihre Haare und schauen dann, ob Ihnen das Ergebnis gefällt", bittet sie mich und dankend nehme ich den Fön entgegen. „Du hast geträumt", stellt Hyunjin fest und lächelt mich durch den Spiegel hinweg an. Heute lächelt er besonders viel, was auch meine Laune hebt und wodurch ich ebenfalls lächele.
Nach nur wenigen Minuten kann ich meine frisch geschnittenen Haare im Spiegel bewundern. Mir gefallen die kürzeren Strähnen gut und auch Hyunjin begutachtet sie mit einem zufriedenen Blick. „Du siehst wirklich toll aus. Wie ein Sonnenschein", strahlt er und ich lache verlegen.
Wenn hier einer ein Sonnenschein ist, dann Hyunjin, so gut gelaunt wie er heute ist. Doch diesen Gedanken spreche ich nicht aus. Bevor ich noch etwas erwidern kann, kommt die Friseurin zu Hyunjin, der auf einmal ein wenig verkrampft wirkt. „Entschuldigen Sie uns vielmals, aber wir müssen leider los", sagt er auf einmal und zieht mich mühelos vom Stuhl hoch und zur Kasse.
Die Friseurin schaut uns genauso verwirrt hinterher wie ich mich fühle, aber ich bezahle schnell das Haareschneiden für mich und lasse mich dann von Hyunjin nach draußen eskortieren. „Ich dachte, du wolltest deine Haare färben", entgegne ich verständnislos und Hyunjin stoppt für einige Sekunden. „Ich habe es mir anders überlegt", gibt er dann unbeeindruckt von sich und läuft mit großen Schritten wieder los.
Ich muss mich wirklich beeilen, um sein Tempo zu halten und stütze mich erleichtert auf meinen Knien ab, als wir endlich an der Bahn ankommen. „Magst du noch mit zu mir nach Hause kommen?", frage ich hoffnungsvoll. Dann würde sich auch endlich mal ein ausgiebiges Gespräch anbieten. Doch Hyunjin schüttelt den Kopf und sieht abgelenkt aus. „Da kommt meine Bahn, ich muss los. Wir sehen uns", sind seine letzten Worte, ehe er einfach davonstapft.
Irritiert schaue ich ihm hinterher und schüttle dann meinen Kopf. Heute hatte Hyunjin aber wirklich Stimmungsschwankungen. Ob das an seinen Depressionen liegt? Ich sollte mich definitiv mehr in das Thema einlesen. Ein weiterer Punkt auf meiner ständig wachsenden To-Do-Liste. Ganz oben stehen allerdings noch die Zwischenprüfungen...
In Gedanken versunken mache ich mich auf den Heimweg. Als ich im Appartement ankomme, höre ich anhand des leisen Klackerns der Tasten einer Tastatur, dass Chan ebenfalls da ist. Er sitzt vermutlich im Wohnzimmer, aber ich habe gerade keine große Lust, alles, was heute passiert ist, nochmal mit ihm durchzukauen. Daher stecke ich nur kurz meinen Kopf ins Wohnzimmer und sage: „Hey Chan, ich bin wieder da."
Er sieht von dem Bildschirm auf und lächelt kurz zu mir herüber. „Ich habe Bibimbap gemacht. Bedien dich ruhig", erwidert er und ich bedanke mich. Dann wendet mein Cousin sich wieder seinem Laptop zu und ich gehe in die Küche, um eine Kleinigkeit zu essen. Als ich fertig bin, verziehe ich mich in mein Zimmer und öffne ebenfalls meinen Laptop.
Für die Kurse später muss ich mich noch ein wenig vorbereiten und ich fange schon mal mit Lernzetteln für die Prüfungen an. Tatsächlich schaffe ich es heute, alle lästigen Gedanken beiseite zu schieben und mich richtig zu konzentrieren. Auch in der Uni fällt es mir heute leicht, den Inhalten zu folgen. Selbst nach den Kursen bin ich noch so motiviert, dass ich bis spät in die Nacht lerne und somit alles aufhole, was ich in den letzten Tagen wegen meiner psychischen Abwesenheit verpasst habe.
Bis zum Wochenende bin ich so ins Lernen vertieft, dass ich kaum an etwas anderes denken kann. Einerseits tut mir das gut, aber andererseits verdränge ich so auch alle wichtigen Sachen, die ich klären möchte. Als ich Samstagmorgen mit Chan gemeinsam frühstücke, beschließe ich daher, mich mit Hyunjin zu treffen und ein paar wichtige Dinge anzusprechen.
Hyunjin stimmt einem Treffen mit mir zu und lädt mich sogar zu sich nach Hause ein. Das lässt mich noch aufgeregter werden, da ich seine Wohnung bisher nicht gesehen habe. Nach dem Frühstück mache ich mich auf den Weg zu ihm. Zwar verlaufe ich mich ein paar Mal, aber mithilfe meines Handys komme ich dann an der Adresse an, die Hyunjin mir gegeben hat.
Vor mir steht ein mehrstöckiges Gebäude, das allerdings wesentlich kleiner ist als das Hochhaus, in dem Chan und ich leben. Fast sofort finde ich das Klingelschild mit der Aufschrift „Hwang" und drücke darauf. Ein Summen ertönt, ich schiebe die Tür auf und steige die Treppen hoch bis in den dritten Stock. Hyunjin steht schon in der Türschwelle und begrüßt mich mit einer herzlichen Umarmung.
Während ich Hyunjin in das Wohnzimmer folge, schaue ich mich neugierig in seiner Wohnung um.
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Bald geht es richtig los :D
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Your Sides |Hyunlix
FanfictionAls Felix für sein Medizinstudium nach Seoul zieht, lernt er Hyunjin, einen Kunststudenten, kennen. Nach anfänglichen Schwierigkeiten freunden sie sich an und Felix merkt schnell, dass er sich in Hyunjin verliebt. Doch dieser benimmt sich zunehmend...