Hot Confessions | 1
„Ok, ich bin dann weg." Arthur Wilhelmsen schloss die Tür zu seinem Elternhaus und atmete die kalte Winterluft ein, bevor er zum kleinen Bahnhof der Region fuhr. Er hatte die Feiertage bei seinen Eltern verbracht, oder besser gesagt überlebt.
Sein Vater hatte die Arztpraxis des Dorfes, in dem Arthur groß geworden war, vor einem Jahr an ihn übergeben und übernahm nur noch die Tage, an denen der junge Landarzt ausfiel. Seit seiner Schulzeit war der Schwarzhaarige das Klatschthema des Dorfes. Da gab es die Elterngeneration, die ihre Töchter zu gern mit ihm verkuppelt hätten, oder die Großelterngeneration, die es seltsam fand, dass der „junge Herr Doktor" noch immer Single war.
Und natürlich war da auch noch die gleichaltrige oder jüngere Generation, die entweder genervt mit den Augen bei diesen Sprüchen rollte, oder ziemlich genau ahnte, was mit dem „hübschen jungen Herrn Doktor" wirklich los war. Arthur war schwul. So simpel und unspektakulär diese Tatsache auch war, in einem winzigen Dorf im erzkatholischen Bayern war das auch im 21. Jahrhundert nicht wirklich einfach.
Während seiner Schulzeit war dieses Thema für ihn ein ziemlich heikler Drahtseilakt gewesen. Die meisten seiner Schulkameraden kannte er seit dem Kindergarten und die Familien waren oftmals bereits seit Generationen miteinander befreundet. Die Schüler an sich machten sich natürlich nie Gedanken deswegen. Sie hatten Liebschaften, kurze Affären, trafen sich in der Disco im nächsten Dorf oder in der Kleinstadt, sobald sie Autos hatten. Im Grunde genommen lebten sie ihr Leben unbeeindruckt von dem, was ihre Eltern oder gar ihre Großeltern dachten. Es sei denn, sie waren verwandt mit dem Pfarrer, der Spross des Bürgermeisters, des Arztes oder des Polizisten. Dann sah das Ganze schon etwas anders aus.
Und dann war da noch Jonas, sein Freund aus Kindertagen. Jonas, der sich nie um all dieses Gerede und Getratsche geschert hatte. Mittlerweile war er in einem IT-Unternehmen in Augsburg tätig – und offen schwul. Natürlich, in der Großstadt, fern ab von den ganzen hinterwäldlerischen Vorurteilen war das natürlich ganz einfach. Aber auch vorher schon hatte dieser nie einen Hehl aus seiner sexuellen Orientierung gemacht. Arthur beneidete ihn darum. Und nicht nur das...
Seit seiner frühen Jugend versteckte sich Arthur. Außer an diesem einen Tag kurz nach seinem 18. Geburtstag. An dem Tag, an dem Jonas und er... „Hey", lachend kam Jonas, der in einem einfachen cremefarbenen Wollpulli mit Zopfmuster und einer schwarzen Hose einfach nur verboten gut aussah, auf ihn zu und umarmte ihn stürmisch.
Es war wieder diese Woche zwischen Weihnachten und Neujahr. Diese paar Tage, an denen Arthur sich leicht fühlte. Denn es war die Woche, die er mit seinen Freunden verbrachte. Freunde, die er seit der fünften Klasse kannte, die mit ihm zusammen Abitur gemacht hatten und die alles für ihn tun würden. Das wusste Arthur. Trotzdem hatte er es nie übers Herz gebracht, sich ihnen gegenüber zu outen. Was sollte er sie mit dieser Information belasten, wenn sie eh irrelevant war.
Nie würde er offen schwul leben können. Er würde seinen Ruf verlieren, seine Patienten, die Praxis und, das Schlimmste, seine Familie. Er wusste, wie sein Vater zu Homosexualität stand. Niemals würde er einen schwulen Sohn akzeptieren. Lieber würde er die Praxis dann an jemanden von außerhalb überschreiben.
Er verscheuchte die dunklen Gedanken. Dachte lieber an seine Freunde, die er gleich wiedersehen würde. Schmunzelnd schüttelte er den Kopf, als er Jonas' Tasche in den Kofferraum seines Wagens warf. Wenn man so darüber nachdachte, waren sie echt ein verrückter Haufen. Eine Standesbeamtin, ein Polizist, dann das erste Ehepaar ihrer Gruppe Maria und Tristan, die schon seit der achten Klasse ein Paar waren. Er, der Landarzt und Jonas... Arthur versuchte den Gedanken an den Mann zu verdrängen, der diese Woche zu etwas Bittersüßem machen würde.
Jonas. Jonas Färber war 35 und damit ein Jahr älter als Arthur. Die dunkelblonden Locken hatte er stets ein wenig länger wachsen lassen, so dass sie lustig um seinen Kopf herumsprangen, wenn er sich bewegte. Aus den grünbraunen Augen glomm immer ein gewisser Schalk. Wie, als würde er die Welt um sich herum nicht immer vollends ernst nehmen. Und seine Stimme...
Arthur stieß einen nebligen Atemzug aus, als er den Kopf wiederholt schüttelte und die Tür seines Wagens hinter sich schloss. Spätestens als Jonas vor fünf Jahren lautstark verkündet hatte, dass er kein Beziehungstyp war, und diesem Modell auf ewig abschwor, hätte für Arthur wirklich der Zeitpunkt kommen müssen, ihn sich aus dem Kopf zu schlagen. Doch das Herz des Arztes war um einiges sturer als sein Verstand.
Egal wie oft er auch versuchte, Jonas endlich aus seinem Herzen zu streichen, es war einfach zwecklos. Sobald dieser ihm wieder eine Nachricht schickte, oder schlimmer noch, sie sich auf ein Bier trafen, war alles umsonst gewesen. So hatte er natürlich auch sofort zugesagt, als Jonas ihn gefragt hatte, ob er ihn vom Bahnhof abholen und sie den Rest des Weges zur Hütte zusammen zurücklegen würden. Jonas alter Wagen würde die Strecke nicht mehr schaffen, das wussten sie beide. Also warte Arthur mit klopfendem Herzen, dass Jonas einstieg und versuchte, nicht zu verkrampft zu wirken.
„Wie war Weihnachten?" Jonas hatte sich neben Arthur fallen lassen, der nun um ein lockeres Gespräch bemüht war. „Stressig, du kennst ja meine Mutter", sagte Jonas lachend und strich sich durch die dunkelblonden Locken, die dabei um seine Finger sprangen. Arthur verfolgte die Bewegung, schloss dann die Augen und startete das Auto. Das würde eine lange Fahrt bis zur Hütte in den Bergen werden.
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Hot Gay Short Stories
RomanceDies ist eine Sammlung von erotischen schwulen Kurzgeschichten. Mal lustig, mal traurig und auch mal romantisch - und immer mit Happy End. ManxMan - Don't like it, don't read it. Wird laufend aktualisiert. Foto für das Cover von Picsart.