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Hannah Becker

Mein Kollege Stephan Sindera und ich wurden heute zu einem Fall von häuslicher Gewalt gerufen. Nachdem wir den gewaltbereiten Täter, der anscheinend unter dem Einfluss einiger Substanzen stand , unter Kontrolle hatten und Paul ihn aus dem Haus führte, versuchte Stephan an das völlig verängstigte Mädchen heranzutreten - jedoch ohne Erfolg. Die Kleine sah echt schlimm aus: ihre Klamotten waren zerrissen und blutverschmiert, man konnte sämtliche Hämatome erkennen und sie war kreidebleich.

Vom Türrahmen aus konnte ich beobachten wie sie immer mehr in Panik geriet und ihr gesamter Körper bebte. Sindera gab schließlich auf und kam in meine Richtung. "Willst du vielleicht mal versuchen sie ein bisschen zu beruhigen? Sie scheint Angst vor Männern zu haben.", bat er mich und ich stimmte zu. Als ich näher an die Kleine trat konnte ich ihre Verfassung besser beurteilen und sie schien schlechter zu sein als ich erstmals vermutet hatte.

Als ich sie nach ihrem Namen fragte, antwortete sie nicht, sondern fiel mir bewusstlos in die Arme. Sofort reagierte ich, legte sie auf den Boden und prüfte ihre Atmung, welche flach aber doch vorhanden war. Auch alle ihre Vitalparameter waren vorhanden.

Zum Glück traten in dem Moment auch schon die Notärztin Paula Martinson und Rettungssanitäter Franco Fabiano in das Zimmer. "Hallo Hannah, was ist passiert?", fragte Paula und ich erzählte ihr kurz die Vorgeschichte. "Gut, dann schauen wir mal.", murmelte sie.

Kate

Ich weiß nicht wie viel Zeit vergangen war, aber nach einer Weile spürte ich wie mir jemand schmerzhaft über das Brustbein fuhr. Meine Sicht klarte langsam wieder auf und ich hörte entfernte Stimmen.

Meine Panik stieg wieder an, wer war das? Meine Mutter? Wollte sie es zu Ende bringen? Oder noch schlimmer: War es Ronny? Ich wagte es nicht meine Augen zu öffnen.
"Hey Kleine, kannst du mich hören? Mach mal bitte die Augen auf.", sagte eine Frauenstimme, doch ich reagierte nicht. "Alles ist gut, du bist in Sicherheit.", sprach die unbekannte Stimme erneut und allmählich ging ich ihrem Wunsch nach. Ich lag immer noch auf dem kalten Boden und erkannte eine Ärztin die mit etwas Abstand vor mir hockte. Meine Schläfe pulsierte nach wie vor schmerzhaft und das grelle Licht sorgte für Flecken in meiner Sicht.

"Da bist du ja. Sehr gut. Ich bin Paula Martinson. Kannst du mir sagen wie du heißt?", fragte sie und schaute mich erwartungsvoll an, doch ich antwortete nicht. Alles in mir bemühte sich gerade wach zu bleiben. Als die Ärztin bemerkte, dass sie keine Antwort bekam fuhr sie mit der Behandlung fort und trat einen Schritt näher an mich heran. Sofort überkam mich wieder Panik: die Geschwindigkeit meines Herzschlags verdreifachte sich und meine Atemfrequenz stieg immer weiter an.

"Hey, hey. Alles ist gut. Du bist in Sicherheit. Niemand wird dir etwas antun, aber du musst mich dir helfen lassen, okay?", sprach die fremde Frau.
Nach einigen skeptischen Blicken meinerseits und einem versichernden
Lächeln ihrerseits ließ ich mich schließlich auf die Behandlung ein, denn allmählich wurden meine Schmerzen immer schlimmer. "Okay, dankeschön. Ich werde dir jetzt erstmal einen Zugang legen, dafür brauche ich aber deinen Arm. Darf ich?", fragte sie und zeigte auf meine rechte Hand, die ich schützend an mich drückte.

Ich gab ein leichtes Nicken von mir worauf sie vorsichtig nach meinem Arm griff und den Zugang befestigte. "So, schon geschafft. Das hast du prima gemacht.", sagte sie mit einem stolzen Lächeln und drückte aufmunternd meine Hand. "Wir müssen dich jetzt mithilfe einer Trage hieraus bekommen", sprach sie eindringlich. "Franco! Komm mal bitte mit der Trage.", rief sie aus der Tür, während sie kniend vor mir hockte.

Kurze Zeit später trat die Silhouette eines Mannes in den Raum, woraufhin ich das altbekannte Gefühl von Panik erneut verspürte. "Kate? Hey! Alles gut? Ganz ruhig atmen. Ein und wieder aus.", sagte Doktor Martinson, doch meine gesamte Aufmerksamkeit lag bei dem fremden Mann im Türrahmen. Als er einen Schritt näher kam stieg die Panik nur noch mehr. "Stopp, bitte. Tut mir leid. Bitte nicht weh tun.", wimmerte ich mit letzter Kraft und versuchte mein Zittern unter Kontrolle zu bringen- ohne Erfolg.

"Niemand wird dir etwas tun, Süße. Franco schick mir mal bitte Birgit mit der Trage hoch.", sprach Dr. Martinson, woraufhin der fremde Mann verschwand und meine Herzfrequenz ein wenig sank. Die schrecklichen Gedanken blieben dennoch. Was wenn er sich mit Ronny verbündet hat? Was wenn er mir dasselbe antun will? Was wenn er es richtig findet wie Ronny mich behandelt hat?

Vielleicht habe ich es sogar verdient.

"Süße, konzentrier dich. Ruhig atmen, ich bin bei dir und dir kann nichts mehr passieren. Franco ist ein guter Freund von mir und wird dir nichts tun.", sprach die Ärztin und sah mir dabei eindringlich in die Augen. "Gleich kommt eine Kollegin von mir und bringt eine Trage, da wir nicht denken, dass du laufen kannst. Stimmt doch oder?", fragte sie und ich antwortete mit einem Nicken.

"Okay, davor möchte ich dich aber noch einmal kurz untersuchen.", erklärte Frau Doktor Martinson. "Ich werde dich als erstes Abtasten, okay? Ich fange mit deinen Beinen an.", sagte sie und schnitt meine Hose auf, sodass man nun freie Sicht auf meine Beine hatte. Außer ein paar blaue Flecken und Schürfwunden gab es aber nichts verheerendes. Je höher ihre Hände tasteten, desto nervöser wurde ich.

Nun war sie an meiner Hüfte angekommen.
Ihr Drücken war sanft, sorgte dennoch für Schmerzen und erinnerte mich an Ronnys Berührungen. Ich schloss die Augen um die schmerzhaften Erinnerungen auszublenden doch es wurde immer schlimmer. "S-Stopp.", flüsterte ich. "Bitte. Stopp.", sagte ich nun deutlich lauter und sofort entfernte die Ärztin ihre Hände. "Kate? Ist ja gut, meine Hände sind weg. Ruhig atmen, Kleine. Immer schön atmen.", sagte sie nun und holte ihr Funkgerät aus ihrer Weste.

"Birgit? Bringst du bitte Lorazepam mit? Die Kleine hier hat immer wieder Panikattacken, so kann ich sie nicht untersuchen.", sagte sie. Kurz darauf stampfte eine etwas ältere Frau mit einer Trage unter dem Arm und einer Spritze in ihrer Hand die Treppen des Hauses hinauf. Mein gestörter Fluchtinstinkt drängte mich dazu immer näher in der Wand zu verschwinden während mein Hirn mir immer wieder befahl zu rennen. Natürlich waren beide Auswege unmöglich.

"Hallo, ich bin die Birgit.", sagte die Blondine und winkte mir mit einem freundlichen Lächeln aus sicherer Entfernung zu. "So, in der Spritze hier befindet sich etwas Beruhigungsmittel. Darf ich dir das kurz verabreichen? Dann geht's dir besser und wir können dich richtig untersuchen.", sagte die braunhaarige Ärztin nun.

Ich kannte mich nicht mit dem Zeug aus. War die Wirkung ähnlich wie bei Drogen? Ein kleiner Schub wäre jetzt eigentlich ganz praktisch. Mein Misstrauen bezüglich fremden Menschen musste heute mal in den Hintergrund gerückt werden, ich wollte diese beschissene krankhafte Paranoia gegenüber jedem und allem nicht mehr fühlen.

Ich will gar nichts mehr fühlen.

Also stimmte ich mit einem kaum wahrnehmbaren Nicken zu. "Wir brauchen dein mündliches Einverständnis, Kleine.", sagte Frau Martinson mit einem empathischen Lächeln. "Spritzt es.", flüsterte ich und sofort machte sich die Ärztin daran mir das Beruhigungsmittel zu injizieren. "Schon geschafft, es müsste gleich wirken.", sagte sie erneut und strich mir mit ihren blauen Handschuhen meine Haare aus dem Gesicht.

Nach wenigen Minuten lösten sich meine angespannten Muskeln und ich entspannte mich sichtlich. "Ist es jetzt besser?", fragte Birgit und ich nickte.
"Gut, wir werden dich jetzt auf der Trage lagern und dann mit dir in die Klinik am Südring fahren, ja?", die Rhetorik in der Frage der Brünetten Ärztin war nicht zu überhören. Ihre Worte wurden schließlich in die Tat umgesetzt und ich wurde von beiden Ärztinnen auf die Trage gelegt. Dabei verspürte ich keine Angst. Das war etwas neues, aber schönes.

"Wow, bist du leicht.", hörte ich Doktor Martinson flüstern als das ganze erledigt war, dabei bemerkte ich jedoch nicht den besorgten Blickwechsel mit der anderen Ärztin.

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Es tut mir so so leid, dass ich jetzt ewig nichts hochgeladen habe.
Ich hoffe das Kapitel gefällt euch trotzdem und falls die medizinischen Fakten nicht stimmen tut's mir auch leid, ich kenne mich da nicht so aus.

Ich hoffe ihr seid alle gesund und munter. Genug trinken und essen!!

Tschauiiii

My Painkiller - teacher attachment Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt