Mein Essen rührte ich nicht an. Eine Weile später kam die nette Krankenschwester wieder in das Zimmer und betrachtete das unberührte Essen. Ich tat als würde ich schlafen. Ich war zu erschöpft um ihr jetzt zu erklären, dass ich keinen Hunger hatte.
Um die Mittagszeit klopfte es erneut an der Tür. Die letzten Wochen hatten mich verändert. Jedes kleinste Geräusch machte mir Angst, jede Bewegung eines Menschen sorgte für eine dermaßen furchtbare Kontrollverlustangst, dass ich nicht wusste ob ich jemals wieder eine Berührung spüren möchte.
Die Tür ging langsam auf und zwei blaue Augen trafen auf meine.
Julia Wańka
Das letzte was ich von Kate hörte war ihr Wimmern und ihre Bitten, dass der Schmerz endlich aufhören sollte. Dann war alles still. Die Polizei war auf dem Weg, das wusste ich. Meine Sorgen stiegen trotzdem von Minute zu Minute. Was, wenn es zu spät war? Was, wenn sie bereits verblutete? Was, wenn ihr Peiniger das Telefon gehört hat? Meine Gedanken rasten und meine Nervosität stieg stetig.Ich konnte nicht einfach so hier rum sitzen und nichts tun. Also entschloss ich mich dazu zu ihrer Adresse zu fahren, denn ihr Haus war nicht allzu weit entfernt von meiner Wohnung. Mit quietschenden Reifen fuhr ich davon. Ihr Haus konnte man schon von weitem entdecken. Blaulicht belichtete die Umgebung und einige Polizisten versammelten sich an diesem Ort. Ich parkte einige Meter entfernt und lief in Richtung des Geschehens. Doch ich war zu spät, ich sah noch von weitem wie Kate in den Krankenwagen geschoben wurde. Sie sah gar nicht gut aus.
Vor dem Polizeiband blieb ich geschockt stehen. "Ich muss sie bitten diesen Ort zu verlassen.", sprach eine blonde Polizistin die hinter dem Absperrband stand. "Wie geht's dem Mädchen?", fragte ich voller Sorge und ignorierte ihre Frage. "Ma'am bitte, sie müssen gehen.", erwiderte sie. "Ich bin die Melderin, ihre Lehrerin. Bitte, ich muss wissen wie es ihr geht.", flehte ich. Mit einem Seufzen antwortete sie: "Das kann ich Ihnen leider nicht sagen, aber sie wird in die Klinik am Südring eingeliefert. Sie können ja morgen mal vorbeischauen. Mehr kann ich Ihnen aber nicht sagen, tut mir leid.", sagte die Polizistin. Dankbar nickte ich ihr zu, doch bevor ich gehen konnte begann sie zu reden.
"Dürfte ich noch kurz Ihre Personalien aufnehmen. Falls noch Fragen unsererseits aufkommen oder Zeugen gesucht werden?", fragte sie. Natürlich gab ich diese weiter und machte mich dann mit einem mulmigen Gefühl im Bauch wieder auf den Weg nach Hause.
Morgen werde ich sie besuchen. Mit dem gefassten Entschluss schlief ich schließlich ein.Kate
Frau Wańka trat nun in das Zimmer im Schlepptau mit Frau Doktor Rohde und Linda. Lange Blickkontakt konnte ich allerdings nicht halten, zu groß war der Scharm. Als Frau Wańka ihre Stimme erhob zuckte ich wieder zusammen. "Hey Maus, wie geht's dir?", fragte sie während sie sich einen Stuhl ans Bett schob und sich hinsetzte. Aus Reflex rutschte ich ein wenig von ihr weg. Antworten tat ich auch nicht, ich starrte regungslos auf meine Decke. "Okay, also Kate, wir haben dir ja Blut abgenommen und ich würde gerne eine kurze Auswertung mit dir machen.", während die Ärztin das sagte zog sie ihre Gesichtszüge zu einer von Sorge geprägten Grimasse."Wie sieht's aus, darf deine Lehrerin während der Besprechung hier bleiben oder sollen wir sie kurz rausschicken?", fügte sie noch hinzu. "Hier bleiben, bitte.", sagte ich leise und mit brüchiger Stimme. Ich brauchte wenigstens ein wenig psychischen Halt. "Okay, alles klar. Zusammenfassend kann man sagen, dass du erhebliche Mangelerscheinungen aufweist. Meist ist das auf das Essverhalten zurückzuführen. Wie sieht denn deine Ernährung so aus?", fragte die rothaarige und richtete ihren Blick auf mich. Ich zuckte nur mit den Schultern. "Während deines Krankenhausaufenthaltes müssen wir jetzt auf jeden Fall besonders darauf achten, dass du dich gut ernährst.", tadelte sie und richtete ihren Blick auf den Mülleimer in der Ecke des Zimmers.
Sie Schritt zu dem Behälter und holte den Fruchtmouse von heute Nacht heraus. "Sowas machen wir zukünftig also bitte nicht mehr, ja?", sprach sie und zog eine Augenbraue hoch. Die Enttäuschung war klar in ihrer Stimme zu erkennen. Meine Augen füllten sich mit Tränen. Es tat mir leid. Ich wollte nicht, dass sie sauer oder enttäuscht ist. Ich konnte das Essen einfach nicht zu mir nehmen.
Die Ärztin seufzte bedrückt und setzte sich an die Kante meines Bettes. Erneut zuckte ich zusammen. "Hast du denn Probleme mit dem Essen?", fragte sie und ich konnte ihren starren Blick auf mir spüren. Für Lügen würde es harte Strafen geben, doch die Wahrheit wollte ich auch nicht sagen, also blieb ich einfach still.
"Wir würden dir sowieso nochmal einen Psychologen zur Verfügung stellen. Vielleicht willst du dich ihm anvertrauen.", sagte sie etwas hoffnungsvoll und widmete sich dann wieder dem medizinischen Part für den sie zuständig war. "Bei dir traten außerdem ungünstige Cholesterinwerte und erhöhte Entzündungswerte im Blut auf. Das könnte aufgrund von Schlafmangel entstanden sein." Irgendwann verschwommen ihre Worte ineinander und meine Aufmerksamkeit lag ganz woanders.
Plötzlich spürte ich eine Hand auf meiner. Mit Berührungen konnte ich immer noch nicht wirklich umgehen. Ich erschrak mich sichtlich und zog meine Hand schnell weg. "Entschuldige, ich wollte dich nicht erschrecken. Die Ärztin ist jetzt weg.", sagte meine Lehrerin die immer noch neben mir saß. Mein Blick wandte sich zu ihr und unsere Augen trafen erneut aufeinander. "Ich habe dir etwas Kleines mitgebracht. Das macht den Aufenthalt hier hoffentlich ein wenig erträglicher.", zwinkerte sie.
Aus ihrem Rucksack holte Frau Wańka einen Plüschhund und ein dickes Buch mit dem Titel 'Jane Eyre'. "Hier, ich hoffe er gefällt dir. Und das ist eines meiner Lieblingsromane. Vielleicht kannst du dich damit ein wenig ablenken.", sagte sie liebevoll. Sie legte beide Sachen auf meinen Nachtschrank. Ich starrte den Hund an. Eine weiche Berührung von einem Wesen was mir nichts antun kann würde mir sicher gut tun. Soll ich mir diese Glücksgefühle erlauben? Verzweifelt dachte ich nach.
Ich blickte noch zweimal rüber zu meiner Lehrerin um sicherzugehen, dass sie das Angebot auch ernst meinte und griff dann vorsichtig nach dem Stofftier. Erst betrachtete ich seine großen brauen Augen, seine langen Schlappohren und weiß-braunes Fell und drückte es daraufhin ganz fest an mich. Es fühlte sich gut an eine Sache im Arm zu halten, die dich nicht verletzen und verlassen wird. Frau Wańka schenkte mir ein breites Lächeln und entlockte mir tatsächlich ein kleines Schmunzeln.
Ein Klopfen an der Tür unterbrach den Moment. Zwei uniformierte Polizisten traten in den Raum. "Hallo, Richter mein Name und das ist meine Kollegin Becker. Wir würden Ihnen gerne ein paar Fragen stellen zu dem Tathergang von gestern.", sagte der Polizist mit kräftiger Stimme. Ich ließ mich weiter in mein Bett sinken. Er erinnerte mich an Ronny. Er machte mir Angst.
Mein Herzschlag wurde lauter und meine Brust enger. Mein Blut sackte in meine Beine ab und meine Umgebung drehte sich plötzlich. "Kate, hey.", die Stimme meiner Lehrerin traf wie durch Watte in meine Ohren. Die Luft in dem Raum schien immer dünner zu werden als sich der Polizist dem Bett näherte.
Erneut hatte ich die Kontrolle verloren und mir wurde schwarz vor Augen.
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hallöchen, hier ist das nächste Kapitel.
Ich hoffe es gefällt euch :))
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My Painkiller - teacher attachment
Teen FictionIn dieser Geschichte geht es um die 16-jährige Kate. Von außen scheint sie ein schüchternes und schlaues Mädchen zu sein, doch innerlich hat sie sehr mit Selbstzweifeln zu kämpfen. Sie versucht sich zu betäuben: Drogen, Alkohol und andere 'Bewältigu...