Erinnerungen

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Es war Freitag morgen, der Tag nach dem schrecklichen Zwischenfall mit dem Elementar. Die Sonne ging gerade auf, als Chantal mit einem leichten Lächeln auf den Lippen aufwachte. Die Erinnerung an die letzte Nacht erwärmte ihr Herz, sie hatte Harry zum zweiten Mal gezeigt, wie sehr sie ihn liebte und das hatte ihn aus seiner Trauer gerissen. Immer noch lächelnd drehte sie sich um und ihr Lächeln verschwand augenblicklich. "Harry?" fragte sie leise, doch das Bett neben ihr war leer. Eilig stand sie auf und zog sich an. Solange sie ein Paar waren, solange waren sie immer zusammen aufgestanden. Damals bei den Elfen noch unauffällig und getrennt schlafend, doch seitdem sie in Hogwarts zusammen waren... noch nicht mal eine Woche... standen sie immer gemeinsam mit den ersten Sonnenstrahlen auf.

Er war nicht in ihrer Wohnung. Lautlos, wie es den Elfen angeboren schien, eilte sie durch das verwaiste Schloss. Kein Schüler würde so früh aufstehen und sie liebte diese Stille. Das war etwas, was sie aus ihrem Wald vermisste. Harry wusste das, doch er gehörte hierher und konnte sich nicht einfach mit ihr in den Wald zurückziehen. Deswegen bemühte er sich, seine freie Zeit so oft wie möglich mit ihr in der Natur zu verbringen. Ihr Weg führte sie zuerst zu den Pferden, die sie freudig begrüßten. Er war nicht ausgeritten. Auch Brutus war im Pferch. Er lag dösend am Boden, wo er sich wahrscheinlich von seiner Jagd in der Nacht erholte. Sie beugte sich zu ihm herunter und kraulte ihm das Fell. "Hast du Endryl gesehen, mein Freund?"

Brutus öffnete langsam die Augen und sah sie mit seinem für ein Tier sehr intelligenten Blick an. Dann schien er sich umzusehen, rappelte sich auf und streckte seinen Körper. Anschließend hielt er die Nase in die Luft und schnupperte. Er sah sie an, dann wanderte sein Blick schräg nach oben und er winselte leicht. Sie folgte seinem Blick und dann sah sie Harry mit ihren scharfen Elfenaugen. Er saß auf der Brüstung des Astronomieturms und seine Füße baumelten über dem Abgrund. Seinen Kopf hatte er schwer auf seine Arme gestützt und er schien in Gedanken versunken. Brutus konnte ihn unmöglich gesehen haben, denn die Augen der Wölfe waren nicht so gut. Entweder hatte er ihn gewittert oder ihn über ihr einmaliges Band gespürt.

Der Weg auf den Turm wäre zu weit, so blieb ihr die Wahl, ihn auf sie aufmerksam zu machen oder zu ihm zu teleportieren. Da sie nicht wusste, ob sie so einfach zu ihm durchdringen würde, entschloss sie sich für letzteres. Mit einem deutlich hörbaren ‚Crack' zippte sie von der Wiese auf das Turmdach. Harry zuckte, überrascht durch das Geräusch, gehörig zusammen und schoss in Erwartung eines Angriffs herum. Er entspannte sich jedoch, als er sie sah. Doch als sie ihn sah, verkrampfte sich ihr Herz. Dunkle Ringe lagen unter seinen Augen und sein Blick war für einen kurzen Augenblick gejagt, bevor er sich von seiner Zuneigung zu ihr erwärmte. Sie setzte sich neben ihm, legte ihren Arm um seine Schulter und lehnte sich an ihn. "Hast du überhaupt geschlafen, Liebling?" "Ja, zwei oder drei Stunden, dank dir." erwiderte er mit einem verschmitzten Lächeln, doch etwas betrübter fuhr er fort, "Aber dann kamen die Albträume und mit ihnen die Erinnerungen. Ich wollte deine friedliche Ruhe nicht stören, also habe ich mich hierher zurückgezogen." "Bist du immer hier, wenn dich etwas quält?" fragte sie neugierig aber auch besorgt.

Er nickte, "Die Ruhe und Ungestörtheit beruhigen mich und die unerreichbare Höhe wirkt irgendwie befreiend. Es scheint fast, als würden die Probleme auf dem Boden bleiben... und endlich weit weg." flüsterte er."Gut zu wissen, wo ich dich suchen muss, wenn ich in einem leeren und kalten Bett aufwache." sagte sie grinsend und etwas herausfordernd.

Wie schaffte sie es nur immer, ihn mit so wenigen Worten von seinen Gedanken abzulenken? fragte sich Harry. "Es tut mir leid." "Harry, das braucht dir nicht leid tun. Jeder benötigt dann und wann einen Platz, zu dem er sich zurückziehen kann, wenn mir Hermine und Ron jedoch gesagt haben, dass das bei dir des öfteren der Fall ist." fügte sie leise hinzu. Er zog sie enger an sich, "Nicht mehr, seitdem wir zusammen sind. Ich habe dir gestern versprochen... keine Geheimnisse zwischen uns." Ihr Herz machte einen Sprung, nach allem was sie von ihm gesehen hatte und was sie in den letzten Tagen von seinen Freunden hier erfahren hatte, war Harry ein sehr verschlossener Mensch, der viel über seinen Problemen brütete und andere nicht damit belasten wollte. Dass er so offen mit ihr war, bedeutete ihr mehr als tausend Worte. Sie könnte ihn jetzt auf sein Versprechen festnageln und sie wusste er würde ihr das nicht übel nehmen, doch sie wollte ihn auch nicht drängen oder gar zwingen, deswegen fragte sie vorsichtig: "Möchtest du darüber reden?"

Dunkle Zeiten - HP FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt