Gefühlt nur weniger Sekunden später öffnete ich meine Augen wieder. Ich lag noch immer auf der Liege in Akrabitz's Hütte, aber aus irgendeinem Grund hatte ich das Gefühl, dass sich irgendetwas geändert hatte. Es war fast genau das gleiche bedrohliche Gefühl, welches ich beim Aufwachen hatte, als mein Vater mich in den dunklen Kerker zum Sterben entführen lassen hatte. Panisch blickte ich um mich. Es war noch dunkler. Nur eine einzige Kochstelle brannte noch, und es war kein Topf darauf. Ich hörte ein räuspern.
"Eure Füße sind wieder verheilt.", halte mit einem Mal Akrabitz Stimme im Raum, "Allerdings scheint euch noch etwas weiteres zu fehlen, habe ich Recht?"
Plötzlich stand Akrabitz genau vor mir. Ihr Blick war immer noch warm und freundlich, doch in ihrer Stimme lag ein Funke von... Angst. Ja, es war Angst!
"Ich weiß nicht, was ihr meint!", rief ich.
Akrabitz kniff die Augen zusammen.
"Dann erklärt mir bitte das.", sie hielt mir ein Leintuch hin, eines mit vielen schwarzen Flecken. Mir wurde sofort klar, was für ein Tuch das war. Ich griff an meinen Kopf und bemerkte, dass sie das Tuch von mir genommen hatte und auch dass mein Dutt gelöst war. Sie hatte meine Haare gesehen. Der Beweis dafür, dass ich Teil der königlichen Familie Amoliens war.
"Wollt ihr mir erklären, wie ihr von den Toten auferstanden seid, Prinzessin?", flüsterte Akrabitz.
Mein Herz pochte wild in meiner Brust. Sie wusste, wer ich war.
"Bitte Akrabitz, ihr versteht nicht!"
"Ich weiß, warum ihr mich aufgesucht habt!", unterbrach sie mich mit zitternder Stimme, "Aber es wird nicht funktionieren! Ich werde euch nicht helfen! Und wenn ihr mich lebendig verbrennt vor den Augen aller die ich liebe, niemals werde ich meine Leute verraten! Nicht noch einmal!"
"Hä?", ich war verwirrt. Sehr. Akrabitz war keine Bedrohung für mich? Sie sah mich als Bedrohung an?
"Ich... ich will nichts von euch.", versuchte ich ihr zu erklären.
Sie atmete laut aus.
"Euer Vater also... selbst gegen sein eigenes Fleisch und Blut steht er. Armes Kind.", sprach sie aufrichtig.
"Entschuldigt, aber was?"
Woher wusste sie all das? Was genau war hier los?
"Prinzessin, ich bin eine Akrabitz. Wie sollte ich nicht eure Gedanken lesen können? Vor allem wenn sie so schreien, wie eure!"
Ich verstand immer noch kein Wort von dem, was sie mir sagen wollte. Und langsam hatte ich auch das starke Bedürfnis, so schnell wie möglich aus ihrer Hütte zu verschwinden.
"Ich kann sehen, dass ihr mir nichts tun werdet. Als eine Auren Akrabitz kann ich euch nichts antun, was ihr mir nicht zufügen würdet. Ihr seid sicher bei mir.", erklärte sie nun. Wirklich beruhigen tat es mich aber nicht.
"Schön.", mummelte ich, einfach nur um wenigstens etwas zu sagen.
Sie reichte mir plötzlich einen Becher, ähnlich wie der, welchen sie Hendrík gegeben hatte.
"Scheinblüten Tee.", erklärte sie dabei, "Für die Nerven."
Auch wenn alles in mir schrie, ihn nicht anzunehmen, sagte doch ein kleiner Teil von mir, dass es einfach nur Tee war. Als ob sie mich vergiften würde... würde sie?
"Nein, würde ich nie."
"Bitte hört auf meine Gedanken zu lesen!", rief ich mit geweiteten Augen. Am liebsten wollte ich noch etwas denken wie "Die spinnt doch!", aber das hätte sie ja leider gehört.
Sie lachte. Ich nahm schließlich den Tee an und trank daraus. Und er schmeckt unglaublich gut.
"Meine eigene Mischung! Arian besorgt die Blüten für mich immer, sie dürfen nur vom Schimmer des Vollmondlichtes um Mitternacht erleuchtet gepflückt werden, sonst schmecken sie bitter!", rief sie aufgeregt. Sie schien sich sehr zu freuen, ihr Wissen mit mir teilen zu können. Ich war immer noch sehr verwirrt.
"Akrabitz.", sagte ich, nachdem ich den Tee fertig ausgetrunken hatte."Bitte nehmt das nicht persönlich, aber was genau ist hier los?"
Wieder lachte sie.
"Schon als ich euch zur Tür reinkommen gehen gesehen habe, wusste ich, dass ihr Prinzessin seid! Ihr Aura verrät es sehr schnell. Ihr seid unschuldig. Sehr unschuldig. Und ich sehe, dass man euch verstoßen hat und dass ihr Zuflucht sucht."
"Also... wollt ihr mir helfen?"
Akrabitz nahm plötzlich ein kleines Fläschchen aus den Taschen ihres bunten Kleides heraus und öffnete dessen Korken. Sofort gingen mit einem Mal alle Lichter in der Hütte wieder an.
"Das ist nicht möglich!", rief ich.
War... war Akrabitz eine Hexe?
"Ich werde euch helfen, Prinzessin. Weil ich weiß, dass ihr uns allen helfen könnt. Ihr seid für großes Bestimmt.", erklärte sie mir. Sie reichte mir ihre Hand und half mir von der Liege auszustehen.
"Nun, Kindchen? Wie fühlen sich die Beine an?"
"Wie neu. Als wäre nie etwas gewesen!", rief ich aus.
"Gut. Denn wir haben einiges zu tun. Vieles, dass man euch anscheinend erklären muss!", Akrabitz fing an in ihrer Hütte rauf und runter zu rennen. Aus Schränken und Regalen griff sie nach den unterschiedlichsten Dingen und schließlich drehte sie sich zu mir um und sagte: "Und auch sollten wir uns um eure Haare kümmern!"
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Amolien's Geheimnisse: Kampf um den Thron
FantasyEin grausamer Krieg, Jahrhunderte lang. Lilith ist Prinzessin des Landes Amoliens, doch man verstoßt sie. So muss sie sich auf eine große Reise und Suche mit dem erst fremden Hendrík machen, um ihr Land und ihre Familie retten zu können. Hinter all...