Kapitel 40: Die Königin

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Sie alle starten mich gespannt an. Fast so, als würden sie sagen wollen „und du dummes Ding, verstehst du es jetzt?"

Verstehen tat ich tatsächlich ein wenig mehr. Aber auch stellten sich mir so viele neue Fragen. Das hatte mein Vater all die Jahre unserem Volk angetan? Wie konnte er nur? Und wie konnte Mutter dies nur zulassen? Damals lebte sie noch, sie war noch nicht einmal krank geworden. Wie konnten sie nur?

Immer noch starten mich die Anderen an. Fast so, als würden sie erwarten, dass ich etwas sagen sollte. Ich wusste allerdings nicht, womit ich anfangen sollte. Ich war geschockt und blieb still.

„Und?", fragte Akrabitz schließlich. Oder... sollte ich sie noch Akrabitz nennen? Immerhin kannte ich nun ihren richtigen Namen.

„Warum habt ihr nicht schon vorher gesagt, dass euer Name Rosizia ist?", erwiderte ich also.

Eleonore schlug ihre Hände in ihr Gesicht.

Stöhnend rief sie:"Weil das nicht mehr ihr Name ist. Sie heißt Akrabitz. Weißt du überhaupt, was das bedeutet? Akrabitz ist altamolisch... dreckiger Nichtsnutz bedeutet es. Es ist eine Beleidigung. Eine Entmenschlichung!"

Geschockt schaute ich zu Akrabitz. Sie nickte.

„Dieser Schwur... war nicht einfach nur bedeutungsloses Geschwafel. Es war ein Fluch, versteht ihr?", versuchte sie zu erklären. Ich verstand allerdings nur Bahnhof. Ich schaute zu Hendrík, welcher mich bemitleidend anschaute. Super, selbst er hielt mich für dumm.

„Als Akrabitz diesen Schwur aufgesagt hatte,", erzählte Eleonore nun,"Hat sie alles menschliche von sich abgelegt. Sie war nur noch eine leere Hülle. Sie konnte damit nie wieder eigene Entscheidungen fällen. Sie gehörte damit ausschließlich dem König."

„Was?!", rief ich.

Akrabitz sprach weiter:"Nachdem ich den Schwur aufgesagt hatte, konnte ich nicht einmal mehr Arian, meinen eigenen Sohn, erkennen."

Ich war entsetzt. Auch aber erstaunt, dass Akrabitz dass alles so gelassen erzählen konnte.

„Wie habt ihr euch befreit?", fragte ich. Offensichtlich war Akrabitz ja keine Sklavin meines Vaters mehr.

„Habe ich nicht.", sie zuckte mit den Schultern.

„Es war die Königin, welche die Jagd auf Akrabitze gestoppt hatte.", erklärte Eleonore darauf. Was mich sofort erleichterte.

„Hat sie wirklich?"

Meine Mutter war also doch nicht an diesem Horror beteiligt gewesen! Dass ihr Andenken geschützt war beruhigte mich sofort.

Akrabitz fing an zu lächeln.

„Sie hat uns alle freigelassen. Kurz nachdem ich den Schwur aufgesagt hatte, wurde ich in den Palast gebracht. Drei Jahre wurde ich dort gefangen gehalten... bis sie von dem Ganzen Wind bekam. Sofort ließ sie alle Akrabitze wieder frei. Sie versuchte, uns unsere Menschlichkeit zurückzugeben. Was aber leider nie völlig vollständig klappte... über die Jahre habe ich langsam meine Erinnerungen, Persönlichkeit und Gedanken zurückbekommen. Aber vieles fehlt mir noch immer. Meinen Namen werde ich niemals wieder tragen können. Er existiert nicht mehr."

Und noch immer wirkte Akrabitz kaum berührt davon. Sie schaute mich nicht an. Irgendetwas sagte mir, dass sie die Geschichte so aufgeblümt wie möglich erzählt hatte. Dass sie meine beiden Eltern so gut wie möglich vor mir dastehen lassen wollte. Dies wurde mir besonders klar, nachdem ich sagte:"Ein Glück hat die Königin eingegriffen. Ich bin sicher, hätte so noch länger unter uns geweiht, hätte sie noch mehr für euch tun können."

Sofort schüttelten alle ihre Köpfe.

Amolien's Geheimnisse: Kampf um den ThronWo Geschichten leben. Entdecke jetzt