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Phili:

Kann ich nach Hause kommen?

Noahlein:

Jap, Colin ist vor einer halben Stunde gegangen

Philip betritt ein paar Minuten nach der Nachricht die Wohnung und findet Noah am Tisch sitzend. Seinen Kopf hat er gesenkt und seine Hände um eine Tasse Tee geschlungen. Philip zieht schnell Jacke und Schuhe aus, nimmt sich ebenfalls eine Tasse Tee und setzt sich zu seinem Zwilling. 

„Hey, alles gut?", fragt er und schafft es so seinen Bruder zu ihm aufsehen zu lassen. 

„Hm? Klar, alles gut", meint er nur, allerdings abwesend. 

„Du kannst mir nichts vorspielen, Noah. Sag schon, was bedrückt dich?", bohrt Philip weiter nach. Er sieht, dass es Noah nicht so geht, wie er sagt. Irgendetwas ist vorgefallen. 

„Colin und ich hätten uns fast geküsst", flüstert er dann schnell und trinkt einen verdächtig großen Schluck Tee. Philip allerdings setzt ein breites Grinsen auf und beugt sich begeistert zu seinem Bruder. 

„Nein, habt ihr nicht", meint er sarkastisch und sieht so aus, als würde ihm gerade erlaubt worden sein, sich alles, was er will, in seinem Lieblingsladen aussuchen zu dürfen. 

„Doch, aber eben nur fast", erklärt Noah und schaut seinen Zwilling bewusst nicht an. 

„Aber wieso nur fast?", fragt Philip weiter und kommt dem Gesicht Noahs immer näher, soweit beugt er sich über den Tisch. 

„'Ne Taube ist gegen unser Fenster geflogen", erklärt Noah nüchtern. Ihm selbst ist es noch ein Rätsel, warum genau in dem Moment eine Taube gegen genau sein Fenster geflogen ist. Es gab doch wohl genug gläserne Scheiben in der Stadt. 

„Nicht dein Ernst", ruft Philip ungläubig aus und lehnt sich enttäuscht in seinem Stuhl zurück und nimmt frustriert einen Schluck Tee. Er ist beinahe mehr enttäuscht über den Fast-Kuss als Noah selber. 

„Doch, ist mein Ernst. Die Taube ist dann gegenüber gegen das Fenster geflogen. Und dann bisschen schief weg". Noah muss fast lachen bei der Vorstellung. Natürlich tut die Taube ihm etwas Leid, aber irgendwie ist es auch echt lustig. Er kann sich gut dran erinnern, dass er als Kind oft gegen die Glastür, die in die Küche führt, gerannt ist. Dann war die Scheibe nicht mehr durchsichtig, sondern rot, da Noah meistens Nasenbluten davon bekommen hat. Philip hat schnell gelernt, wie man es behandelt, da es Noahs Mutter oft egal war, dass ihr Sohn sich verletzt hat. Dafür musste Noah ihm allerdings immermal ein Eis spendieren, wenn sie nach der Grundschule ein wenig im Park waren. 

Philip hatte er mit der Taubengeschichte auf jeden Fall zum Lachen gebracht, denn dieser versucht es deutlich zu unterdrücken. 

„Wie lief's bei Joel? Ich sehe, du lebst noch. Die wichtige Frage ist: lebt er noch?", hakt nun Noah bei seinem Zwilling nach. Empört schaut der jüngere Zwilling seinen Bruder an. 

„Was denkst du denn von mir? Natürlich lebt die Nervensäge noch". 

„Dann ist ja gut. Und was habt ihr gemacht?", fragt Noah weiter nach. 

„Wir haben nichts gemacht. Er hat geschlafen und ich hab Alva, seiner Schwester, bei den ganzen kleinen Schwestern geholfen", erzählt Philip. Die Erwähnung von Alva bringt das Mädchen direkt wieder das Bild von ihr in sein Gedächtnis. Er beginnt leicht dümmlich zu grinsen, was von Noah nicht unbemerkt blieb. 

„Und wie ist diese Alva so?", fragt er grinsend. Philip sieht so aus, als würde er zu gerne von ihr erzählen, also gibt Noah ihm diese Chance. 

„Alva ist hübsch, also wirklich hübsch. Sommersprossen, groß, hübsche Augen, tolles Lächeln. Du kennst doch noch Bibi?". Noah nickt nur. Er erinnert sich noch sehr gut an sie. Bibi war ganz cool, aber er hat von Anfang an gemerkt, dass es nichts für die Ewigkeit wird. Aber das hat er Philip nie gesagt und wird es ihm auch nicht sagen. „Sie ist genau das Gegenteil von ihr. Und sie hat einen tollen Charakter. Nett, aufgeschlossen, fürsorglich. Sie ist wirklich gut mit Kindern", erzählt weiter und Noah bildet sich ein, ein Strahlen in den blauen Augen seines Bruders zu sehen. 

„Willst du sie mal auf ein Date einladen?", fragt er also gerade heraus und Noah kommt aus dem Schwärmen heraus. 

„Nein, lieber nicht", meint er nur. „Ich bin für sie nur Noah. Und außerdem hasst Joel mich", erklärt Philip und Noah denkt nach. Wenn sich Philip und Alva näher kennenlernen, müssen sie ihr vom Zwillingsding erzählen. Aber sie müssen dieses Geheimnis wahren, sie können nicht jeder beliebigen Person erzählen. Colin können sie vertrauen, aber bei Alva ist sich Noah nicht sicher. Er kennt sie schließlich gar nicht. Aber so wie Philip von ihr schwärmt scheint sie in Ordnung zu sein. 

„Noah, ich werde sie nicht auf ein Date einladen. Wir sind wichtiger als irgendeine Jugendliebe. Wir müssen auch unser Geheimnis achten", meint Philip und nimmt Noahs Hände in seine. 

„Stimmt", stimmt der Ältere leise zu. ‚Bezieht Philip das auch Colin? Ist er auch nur eine Jugendliebe?' Irgendetwas hatte dieser Satz mit Noah gemacht und er kann den ganzen Abend an nichts anderes denken. Philip bekommt davon nichts mit, denn auch seine Gedanken hängen in einer ganz anderen Dimension. Er fragt sich, warum Joel ihn so schnell rausgeschmissen hat, obwohl er nichts getan hat. Er wollte doch nur helfen und der Brillenträger zieht soetwas ab. Dieser Junge ist ein ganz großes Rätsel für Philip.

Gleichgewicht || NolinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt