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Philip wird mitten in der Nacht wach. Durch das Fenster an der rechten Wand, scheint der Mond hell in das Zimmer. Philip ist von seinem Bruder geweckt worden. Dieser zittert stark und schlägt um sich. 

Philip weiß direkt, dass Noah einen Alptraum hat. Diese Art von Schlaf bei Noah ist schon oft vorgekommen, vorallem, als sie noch bei ihren Eltern gewohnt haben. Instinktiv greift Philip sanft nach Noahs Schulter und drückt zu. Noah wacht nicht auf. Er fängt an zu murmeln: „Philip, warum bist du nicht bei mir?". 

„Noah, ich bin direkt hier", versucht Philip seinem Bruder zuzureden, aber Noah lässt sich nicht aufwecken. Er zittert stärker und schlägt auf einmal die Hand von Philip von seiner Schulter. 

„Noah", sagt Philip nun etwas lauter und legt nun beide Hände an die Schultern seines Bruders, um ihn stillzuhalten. 

„Noah, ich bin da", versucht er erneut. Er sieht, wie sich kleine Schweißperlen auf Noahs Stirn bilden. Sanft rüttelt er ihn an den Schultern durch. Plötzlich schlägt Noah die Augen weit auf und setzt sich schlagartig auf. Philips Hände rutschen von seinen Schultern und der Junge erschreckt sich durch die schnellen Bewegungen seines Zwillings. 

Als Noah realisiert, dass er auf seiner Matratze liegt und nicht auf einer kalten Parkbank, hört sein Körper langsam auf zu zittern. Noah schaut sich um, bedacht, nicht zu hektische Bewegungen zu vollführen und schaut direkt in die blauen Augen, die er mit Philip teilt. 

„Du bist hier", meint er außer Atem. Philip nickt einfach nur und das ist das Signal, dass sich Noah in seine Arme wirft. „Du bist hier", flüstert er wie ein Mantra an Philips Schulter. 

Philip streicht seinem Bruder durch die offenen Haare und den schweißnassen Rücken. Er besitzt den Anstand, nicht nach dem Traum zu fragen, Noah wird es ihm erzählen, wenn er bereit ist. 

„Ich bleibe für immer bei dir", flüstert er also nur als Antwort.


Die beiden sind wieder eingeschlafen, nachdem Philip Noah noch ein paar Minuten im Arm haltend beruhigt hatte. Philip bleibt solange wach, bis er sicher ist, dass Noah ruhig schläft und nicht wieder von einem Alptraum geplagt ist.

Der Wecker klingelt zu früh und Philip steht gerädert auf. Er hat Noah versprochen, heute wieder die Schule zu besuchen. Also macht sich der jüngere Zwilling fertig, um in die Schule zu gehen. Mit seinem Kaffee bewaffnet geht er in sein Klassenzimmer. 

Colin sitzt bereits an seinem Platz. Joel ist noch nicht da. Alle anderen interessieren ihn nicht wirklich. Er hat mit den wenigsten aktiv gesprochen. Er lässt sich auf seinen Platz fallen. 

„Moin", meint er zu Colin und packt seinen Block und die Federtasche aus. 

„Philip, stimmt's?", fragt Colin leise. Irritiert nickt Philip. Noch nie hatte jemand die Zwillinge auseinander halten können. Vielleicht hat Colin auch nur gut geraten. Das wird es wohl sein. 

Colin und Philip spielen TikTakToe bis Herr Zech den Raum betritt. Sie sind noch zu müde, um sich richtig zu unterhalten. 

„Guten Morgen", poltert Herr Zech übermütig in das Zimmer und schmeißt seine Ledertasche auf den Lehrertisch. „Ich gebe euch in der ersten Hälfte der Stunde Zeit an eurer Hausarbeit zu arbeiten. In der zweiten Stunde wird uns Massuda mit ihrem Referat beglücken", informiert Herr Zech die Klasse. Sofort setzten sich die Gruppen zusammen. 

Joel geht die 2 Reihen zu seinen Projektpartnern nach hinten. Seine Augenringe sehen schlimm aus und er gähnt ununterbrochen. Seine Haare sehen umgemacht aus und auch seine Brille sitzt etwas schief auf der Nase. Sie versuchen zu arbeiten, Colin vermittelt wirklich oft zwischen Philip und Joel, die in fast jedem Punkt eine Meinungsverschiedenheit haben. 

Philip ist recht schnell davon genervt und lässt das auch raus. Er lehnt sich in seinem Stuhl nach hinten und verweigert 5 Minuten die Arbeit. Joel tut aus Prinzip und Provokation das selbe und Colin steht kurz vor der Verzweiflung. Wie sollen sie denn so vorankommen? Er sollte das Projekt mal mit Noah machen, damit sie ein wenig weiter kommen. 

Nachdem die erste Hälfte der Stunde um ist, sitzt jeder wieder auf seinem Platz. Massuda steht vorne an der Tafel und versucht ihre Präsentation an eben diese zu projizieren. 

„Joel ist so nervig", murmelt Philip genervt Colin zu. 

„Hast du ihm je eine Chance gegeben?", fragt der Lockenkopf zurück und Philip beginnt zu schweigen. Warum sollte er Joel eine zweite Chance geben, wenn er so ist, wie er ist?

Eine halbe Stunde vergeht und Massuda kommt gut durch ihren Vortrag. Plötzlich hallt ein lautes Krachen durch den Raum. Joels Kopf ist auf den Tisch gefallen. Er hat ihn vorher in der Hand gehalten und nun ist er wohl runtergerutscht. Joel ist von dem Knall nicht aufgewacht und schläft augenscheinlich. ‚Der ist wirklich verdammt müde', denkt sich Philip. 

„Joel Lucas", poltert Herr Zech und der Brillenträger schreckt auf und schaut verwirrt umher. Einzelnes Gelächter ist aus der Klasse zu hören. „Wenn du schlafen willst, solltest du eher ins Bett gehen und das nicht in meinem Unterricht tun", weißt der Lehrer ihn an und geht wieder nach hinten, um Massuda fortfahren zu lassen. 

Joel zieht beschämt den Kopf ein und lässt keinen Mucks mehr von sich hören. Nun will Philip erst Recht wissen, was bei ihm passiert ist. 

Gleichgewicht || NolinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt