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Ich möchte sterben. Also, nicht wirklich. Nur so für ein paar Stunden vielleicht. Wenn ich meine Periode habe, verläuft das meistens schmerzfrei und ohne Probleme. Ich verdanke das vermutlich meinem Training und der guten Ernährung. Auch als ich meine Periode das erste Mal hier auf der Farm hatte, hat mich das in keiner Weise eingeschränkt. Allerdings kommt es vor, dass ich alle paar Monate doch mal eine schlimme Woche erwische und ich die ersten beiden Tage nicht nur ausblute, sondern auch mit Schmerzen im Bett liegen muss. Zum Glück ist der Laden am Wochenende geschlossen und Lilly braucht mich nicht weiter auf der Farm.

Ich liege schon den ganzen Vormittag im Bett, trinke eine Tasse Tee nach der anderen und versuche zu schlafen. Ich nehme nicht gerne Schmerzmittel, denn Symptome wie Kreislaufprobleme, Müdigkeit und meine geschwollenen Füße werden dadurch nicht behoben. Aber heute ist ein besonders schlimmer Tag und ich beschließe, nachdem ich noch einmal auf Toilette war, mich auf dem Weg in die Küche zu machen und während ich mir einen neuen Tee koche auf die Wirkung der Schmerztablette zu warten.

Mein Kopf liegt auf der Arbeitsfläche, im Hintergrund höre ich das Wasser kochen und neben mir liegt die Packung mit dem Schmerzmittel, zu dem ich mich noch nicht aufraffen konnte, es zu nehmen, weil mich gerade eine neue Welle von Krämpfen überrollt hat.

Die Haustür öffnet sich und ich muss nicht aufsehen, um zu wissen wer da steht. Ich scheine einen gewissen Sinn für Sam entwickelt zu haben. So eine Art Superkraft. Allerdings könnte ich mir besseres vorstellen, als jedes Mal ein Kribbeln im Nacken zu spüren, wenn Sams Blicke auf mir landen.

„Ich habe heute wirklich keine Nerven für Spielchen", antworte ich murmelnd, den Kopf noch immer auf der Arbeitsfläche.

Ich höre seine Schritte, sie sind leise, aber kommen näher. Neugierig drehe ich meinen Kopf und öffne ein Auge, um zu sehen, was er vorhat. Er steht vor mir, schaut zu mir runter und legt eine Hand auf meine Stirn.

Ich richte mich schnell wieder auf, versuche das plötzliche Schwindelgefühl zu ignorieren und schlage seine Hand weg.

„Ich bin nicht krank. Ich habe nur meine Tage."

Weil das Wasser jetzt heiß genug ist, nehme ich den pfeifenden Kessel vom Herd und gieße das Wasser in meine Tasse. Bevor ich jedoch meine Tasse an mich nehmen kann, um wieder in meinem Zimmer zu verschwinden, spüre ich keinen Boden mehr unter meinen Füßen und finde mich in Sams Armen wieder.

„Was soll das werden?", frage ich verwirrt und kralle mich an seinem dunkelroten T-Shirt fest. Im Brautstil hält er mich in seinen Armen und so nah bekomme ich auch seinen Geruch mit. Er riecht nach warmem Gras, Pferd und ein bisschen auch nach frischem Holz.

Sam antwortet nicht und zeigt mir auch sonst keine Reaktion, die seine Handlung erklären würde. Stattdessen trägt er mich aus dem Haus und geht auf den Stall zu.

„'Ist nicht meine Schuld, wenn ich dich vollblute", murmle ich, als er mich den Gang zwischen den Pferdeboxen entlang trägt.

Das entlockt ihm doch eine Reaktion, ein winziges Zucken seiner Mundwinkel, dass so etwas wie ein Schmunzeln sein soll. Ihm würde das wohl noch gefallen.

„Schwein", sage ich und verziehe angewidert das Gesicht, bevor er mich vor der Sattelkammer abstellt und ich skeptisch dabei zusehe, wie er Cash aus seiner Box holt und ihn in wenigen Minuten sattelt.

Er ist seinen Verband wenige Tage nach meinem Besuch losgeworden und ich habe ihn danach immer mit den anderen Pferden auf der Koppel gesehen.

„Soll ich dir dabei zusehen, wie du deine Arbeit machst? Sam, ich habe wirklich keine Lust darauf und möchte wieder ins Bett." Ich bin kurz davor mit dem Fuß auf dem Boden aufzustampfen, doch das würde mir nur unnötig Energie kosten.

Silent CountryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt