Fred nahm das zweite Stück Kuchen in Angriff und stöhnte:
„Mann, das hätte ich fast verschwitzt. Obwohl ich nicht glaube, dass sie schon so weit vorgedrungen ist. Wenn sie überhaupt jemals so weit kommt. Also, wieder zurück. Klaus, wo würdest Du fragen, wenn Du Melinda wärst?"
„Wenn sie es, wie Du sagst, nicht in Hohenberg versucht, hat sie eigentlich nur eine Chance: an der Schule. Der Direktor oder sein Klassenlehrer könnte wissen, wo er zur Bundeswehr eingezogen wurde, sowas erwähnt man ja schon mal."
„Gibt's da mehrere Gymnasien?"
„Müsste es eigentlich. Tom war auf einem Jungengymnasium..."
„Das merkt man," warf Fred ein.
„... also gibt's sicher auch ein Mädchengymnasium, auf das Tom aber kaum gegangen sein dürfte."
„Wär er sicher gerne, spätestens in der Oberstufe," meinte Fred trocken. „Ruf mal die Vermittlung an, die sollen Dir die Nummer des Jungengymnasiums raussuchen."
Der Rückruf kam nach zwei Minuten. Klaus notierte die Nummern von zwei Gymnasien und berichtete:
„Es gibt ein städtisches und eins mit Mönchen."
„Städtisch, versuch's da zuerst. Tom hat Englisch und Französisch gelernt, bei den Mönchen gibt's vermutlich mehr Latein, Altgriechisch oder Hebräisch. Aber verschreck sie nicht mit MAD. Sag einfach Bundeswehr."
Er nahm den zweiten Hörer, während Klaus wählte. Sofort meldete sich eine Frauenstimme:
„Städtisches Gymnasium, Sekretariat, Frau Dohrmann."
„Guten Tag, Frau Dohrmann, Major Klein von der Bundeswehr."
„Guten Tag. Haben wir sonst noch irgendwelche Majore?"
„Wie jetzt?" fragte Klaus verdutzt.
„Ja, außer in der Bundeswehr," stellte Frau Dohrmann klar.
„Nein, wieso?"
„Warum sagen Sie, Major Klein von der Bundeswehr? Lernen Sie da nicht, sich kurz und knapp auszudrücken?"
„Doch, natürlich, Entschuldigung. Frau Dohrmann, ich hätte ein Anliegen."
„Warum sonst sollten Sie mich wohl anrufen? Und wieso hätten Sie denn ein Anliegen? Ist Konjunktiv. Ich wette, Sie haben ein Anliegen. Indikativ."
Klaus verdrehte die Augen und fragte:
„Sind Sie Sekretärin oder Lehrerin?"
„Fürs Studium waren meine Eltern zu arm. Also, Herr Major, was wollen Sie, außer mir meine Zeit zu stehlen?"
Fred lief rot an. Er hatte Angst, die gestrenge Sekretärin könnte es hören, wenn er seinem Lachimpuls nachgab.
„Entschuldigung," sagte Klaus kleinlaut.
„Unsere Soldaten sind auch nicht mehr das, was sie mal waren," stellte Frau Dohrmann enttäuscht fest. „Unklare, teils unkorrekte Ausdrucksweise, und dann auch noch dauernd diese Entschuldigungen. Jetzt sagen Sie doch mal, was Sie wollen. Ich habe nicht den ganzen Tag Zeit."
„Ja, also, ich hätte gerne gewusst, ob ein gewisser Tom im letzten Jahr bei Ihnen Abitur gemacht hat."
„Wieso, haben Sie den auch im Urlaub kennengelernt und jetzt Sehnsucht?"
„Wieso auch?"
„Na, wie die junge Frau, die heute Morgen hier war, die Französin."
Fred entfuhr ein lautes „Verfluchte Scheiße".
DU LIEST GERADE
Die richtigen Leute Band 10: Land der Oliven und Zitronen
Historical Fiction„Land der Oliven und Zitronen" ist der 10. Band meiner Buchreihe „Die richtigen Leute". Im Winter 1973 wird Tom von Melinda, einer Ex-Agentin des DDR-Staatsicherheitsdienstes, entführt. Während Toms Freunde, angeführt von Nikos, versuchen, ihn zu re...