„Tom, wie geht's Dir?" fragte der MAD-Chef.
„Hundemüde, sonst ganz okay so weit."
„Warum humpelst Du? Hat sie Dich, wie soll ich sagen, misshandelt?" fragte Fred besorgt. „Wir hatten ja schon befürchtet, sie würde Dich umbringen."
„Nein, das war sie nicht."
„Was denn? Bist Du gefallen, im Schnee ausgerutscht?"
Wieder blitzten fünf Schafe vor Toms Augen auf. Er schwieg, was der MAD-Chef verdächtig fand. Es war sein Beruf, Geheimnisse aufzuspüren und so bohrte er nach:
„Tom, was ist los? Zieh Dich mal aus."
„Mein Gott, ich hab halt einen Schlag in die Seite gekriegt."
„Zieh Dich aus!"
Widerwillig gehorchte Tom, und als er Jacke, Hose und Hemd ausgezogen hatte, meinte Klaus:
„Autsch. Habt Ihr Euch geprügelt?" Er tippte auf den blauen Fleck in Toms Hüfte, und Tom zuckte. „Das muss ja wehtun. Und dass Du mit dem Ding an Deinem Oberschenkel überhaupt noch laufen kannst. Genau an der Tripolis-Narbe."
„Tom, raus mit der Sprache," befahl der General.
„Das war ein Schafsbock," antwortete Tom kleinlaut. „Ein eifersüchtiger Schafsbock. Und wenn Ihr das jemandem erzählt, töte ich Euch."
Fred und Klaus sahen sich an, und dann brach sich die ganze Anspannung der letzten Stunden in einem unkontrollierbaren Lachanfall Bahn. Tom zog sich wieder an, und plötzlich musste auch er lachen. Als sie sich wieder eingekriegt hatten, sagte Fred:
„Jetzt weiß ich auch, was hier so müffelt. Bevor wir in den Besprechungsraum gehen und Du ganz lieb danke zu den Leuten sagst, die ihr Wochenende für Dich geopfert haben, beantworte mir bitte zwei Fragen. Erstens, wo wart Ihr und was habt Ihr die ganze Zeit gemacht, also von mittags bis nachts?"
„Wir haben an einem Wald im Auto gesessen und uns was erzählt. Melinda weiß die Namen von 60 DDR-Agenten, die teils bei uns, teils bei den Amis spionieren. Die will sie gegen eine neue Identität und das Startkapital für eine Boutique in San Francisco eintauschen."
Fred hakte nach:
„Wieso hat sie das nicht den Engländern gesagt? Die hätten sie genauso gerne genommen."
„Sie hatte keine Lust auf England. Ich vermute, nicht nur wegen des Wetters. Sie hatte wohl auch Angst, die DDR könnte sie da leichter aufspüren, auch mit neuer Identität."
„Na gut. Zweite Frage. Wieso habt Ihr so lange gebraucht, um von Siegburg bis zur Botschaft zu kommen? Da ist eine Lücke von gut einer Stunde."
„Wir haben bei Malik Tee getrunken. Er hat uns seinen Wagen geliehen, weil wir befürchtet haben, jemand könnte versuchen, uns anzuhalten. Wir wussten ja, dass Ihr uns überwacht. Die Polizei an der Autobahn, die BE- und HAM- Wagen in Siegburg. Wir wollten nichts riskieren."
Der MAD-Chef wurde nachdenklich. Da war etwas, das ihn störte:
„Tom, das hört sich nicht nach Entführung an, „wir wussten ja", „wir wollten nicht". So als ob Ihr das gemeinsam durchgezogen hättet."
„Wir haben die ganze Zeit direkt nebeneinander gesessen," rechtfertigte sich Tom. „Mit dem Unterschied, dass ich die Hände am Steuer und sie an der Pistole hatte. Und Du kannst mir nicht vorwerfen, dass ich alles tun wollte, um eine Schießerei zu verhindern."
„Ich werfe Dir nichts vor," stellte Fred klar. „Es hörte sich nur merkwürdig an. Tom, noch eins. Ich werde die Sache intern halten. Klaus nimmt an Montag ein Protokoll auf, nur für alle Fälle, aber wenn's geht, bleibt das alles unter uns."
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Die richtigen Leute Band 10: Land der Oliven und Zitronen
Historical Fiction„Land der Oliven und Zitronen" ist der 10. Band meiner Buchreihe „Die richtigen Leute". Im Winter 1973 wird Tom von Melinda, einer Ex-Agentin des DDR-Staatsicherheitsdienstes, entführt. Während Toms Freunde, angeführt von Nikos, versuchen, ihn zu re...