35 In der Höhle des Löwen

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Zwei Tage lang war es für die ganze Gruppe Urlaub pur. Phil und Klaus erkundeten Nikosia und erweiterten ihre Bildung, während die anderen beide Tage in Larnaka verbrachten, das wie die anderen Städte auf Zypern einiges an Ruinen zu bieten hatte, von denen sie wenigstens die Festung besichtigten, die den Vorteil hatte, direkt am Strand zu stehen. Sie aßen Eis an der palmengesäumten Promenade, schwammen und spielten mit ein paar Engländern Fußball.

Hamit und Amira besuchten die Moschee in unmittelbarer Nähe der Festung, einen alten Kalksteinbau mit einem Minarett, das man überall in der Stadt sehen konnte. Die anderen durften mit hinein. Sie war viel schlichter als die großen Moscheen in Damaskus und Tanta und durch die vielen Fenster auch heller. Die Säulen strahlten in makellosem Weiß. Nur der Teppich war mächtig in die Jahre gekommen. Sie blieben eine Stunde und beteten oder meditierten.

Am Donnerstagnachmittag kam dann der Anruf von Silas. Phil und Klaus sollten am nächsten Morgen um zehn in Louvaras sein.

„Wir fahren ins Hauptquartier, wo Ihr offiziell aufgenommen werdet," kündigte er an. „Ich schätze, gegen vier sind wir zurück in Louvaras. Dann könnt Ihr ein paar Tage Urlaub machen, und am 10. Mai geht Ihr für zwei Wochen in ein Ausbildungscamp."

Die ganze Gruppe blieb am Freitag in der Nähe ihres Hotels und führte ein Funkgerät mit, sodass derjenige, der im Hotel am Telefon saß, sie jederzeit erreichen konnte. Bis zum Abend tat sich allerdings nichts, und niemand wusste, ob das ein gutes oder schlechtes Zeichen war. Das Essen in ihrer Stammtaverne wollte nicht so richtig schmecken. Der Wirt räumte mit betrübter Miene die Teller ab, auf denen erstmals Reste übriggeblieben waren.

***

Silas empfing Phil und Klaus in Louvaras mit bester Laune:

„Ihr habt Eindruck gemacht. Ganz schön clever. Ihr lasst keinen an Euch ran. Mein Bote hat sich etwas geschämt, dass er sich von Dir hat übertölpeln lassen, und unser Auto, das Euch beschatten sollte, ist ein Haufen Schrott."

„Ach, das war von Euch?" antwortete Phil scheinheilig. „Tut mir leid. Ich dachte, das wäre Zivilpolizei oder so etwas."

Zwei Stunden quälten sie sich über meist unbefestigte Nebenstraßen immer tiefer ins Troodos-Gebirge hinein und erreichten schließlich Tsakistra, eine Handvoll Häuser mitten in den Bergen. Danach ging es über einen Staubweg mindestens noch einmal 5 Kilometer durch eine bewaldete Schlucht.

Sie passierten ein bewachtes Tor, und nach einem weiteren Kilometer öffnete sich der Wald zu einer großen Lichtung. An ihrem Rand rauchten vier runde, mit Erde abgedeckte Haufen. Auf einem fünften, offenbar erkalteten Meiler schaufelten zwei Männer Holzkohle in Säcke. Es roch verbrannt. In dem Felsen des nördlichen Steilhangs war ein sehr großer Höhleneingang, vor dem zwei Männer mit Sturmgewehren auf Stühlen saßen. In dem angrenzenden Wald parkten, aus der Luft unsichtbar, einige Jeeps. Dahinter, so erläuterte Silas, seien die Zelte, in denen die meisten Männer hausten, während der engere Führungszirkel in der Höhle wohnte. Irgendwo tuckerte ein Generator.

Silas führte Klaus und Phil in die offenbar künstlich erweiterte Höhle, die sich nach 30 m verengte, aber immer noch an die fünf Meter breit und ebenso hoch war. Im Schein einer Glühbirne erkannte Phil einen Holztisch, auf dem eine Landkarte ausgebreitet lag und zwei Kaffeetassen standen. Zwei alte Männer saßen an der Höhlenwand auf einer Bank. Weiter hinten bewachte ein Mann ein Funkgerät, dessen Antennenkabel wie auch eine Stromleitung in die Höhle führte. Die alten Männer sahen zu ihnen hoch, und Phil erkannte einen auf Anhieb: Dieses Gesicht hatte er in der Zeitung gesehen.

Er streckte seine Hand aus und sagte lächelnd:

„Herr Grivas, es ist mir eine große Ehre, Sie kennenzulernen. Darf ich Ihnen meinen deutschen Freund Klaus vorstellen?"

Die richtigen Leute Band 10: Land der Oliven und ZitronenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt