9 Der Treibstoffverdichter

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Tom und Feldwebel Haber hatten fast die Hälfte des ersten Fragebogens geschafft, als der Kompaniechef den Gefreiten Klaus Klein vorbeibrachte. Nach der gegenseitigen Vorstellung zwinkerte der Hauptmann den Ausbilder an:

„Der Gefreite Klein hat noch mehr Rückstand als der Gefreite Tom. Nehmen Sie ihn ordentlich ran, Feldwebel."

„Natürlich, Herr Hauptmann. Schreibt der denn schon übermorgen den Test mit?"

„Ja sicher, und wenn er den nicht besteht, kann er gleich wieder nach Hause fahren."

Das war eine ganz schön harte Nuss, fand Haber. Er fragte Klaus:

„Haben Sie jemals die 10/1 in der Hand gehabt, Gefreiter?"

„Mal überflogen."

„Hier, nehmen Sie mal diesen Test. 25 Minuten Zeit. Dann weiß ich, wo's hakt."

Während Klaus eifrig Kreuzchen machte und Sätze ergänzte, widnete sich der Feldwebel wieder Tom. Nach zehn Minuten gab ihm Klaus die Fragebögen zurück. Haber wurde ein bisschen sauer:

„Gefreiter, Sie sollten das schon ernst nehmen. Sie haben doch wild angekreuzt, hab ich genau gesehen. In zehn Minuten kann man den gar nicht ausfüllen."

Klaus sagte nichts, und Haber fiel auch nichts mehr ein, als er feststellte, dass der neue Mann keinen einzigen Fehler gemacht hatte.

„Schläfst Du mit dem Ding unter dem Kopfkissen?" brummte er.

„Hab ein ganz gutes fotografisches Gedächtnis," grinste Klaus.

Nach ihrer Nachhilfestunde gingen Tom und Klaus auf die Stube. Unterwegs fasste Klaus flüsternd den Stand der Dinge zusammen. Die anderen waren auch noch beim Lernen, brachen das aber ab, um den neuen Kollegen ein wenig auszuhorchen.

„Ich komme aus Augustdorf," erklärte Klaus seine verspätete Anreise. „Unsere Leute haben den Lehrgang alle schon, aber ich war krank. Eine Woche Krankenhaus, zwei zuhause, dann noch zwei Wochen innendienstkrank. Hab damals nur die ersten paar Tage Lehrgang mitgemacht, dann musste ich abbrechen."

Tom musste grinsen. „Lange Antworten sind immer gelogen," hatte vor langer Zeit ein ägyptischer Polizist gesagt. Der Mann hatte anscheinend recht. Es gab aber wichtigere Themen, fand Dieter:

„Und, Freundin?"

„Wie man's nimmt," blieb Klaus vage. „Ich hab's nicht so mit Beziehungen, gibt nur Stress. Am Wochenende kommt manchmal eine Studentin vorbei."

„Sag ich immer," meinte Dieter, „Hauptsache Hormonausgleich. Sag mal, Tom, wie sieht das eigentlich bei Dir aus?"

„Mager, also was den Hormonausgleich angeht. Hab 'nen festen Freund, aber im Ausland. Wir sehen uns nicht so viel."

Dieses Outing hatte Klaus nicht erwartet. Keiner.

„Du bist schwul?" vergewisserte sich Dieter. „Wär ich nie drauf gekommen."

„Bin ich auch nicht," erklärte Tom. „Ich kann beides. Hab aber 'ne feste Beziehung. Willst Du ein Foto sehen?"

„Zeig her." Tom reichte ihm das Euböa-Foto mit Nikos. „Knackig. Da siehst Du aber viel jünger aus."

„Das war vor zwei Jahren."

„So lange seid Ihr schon zusammen?" wunderte sich Dieter. „Ich dachte, die Schwulen hüpfen von einem Bett ins andere."

„Also erstens bin ich ja gar nicht schwul," erinnerte ihn Tom, „jedenfalls nicht nur. Und zweitens schlafe ich normalerweise in meinem eigenen Bett. Oder in dem von Nikos, so heißt mein Freund. Also, Dieter, keine Chance."

Die richtigen Leute Band 10: Land der Oliven und ZitronenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt