24 Die falsche Priorität

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Im Besprechungsraum ließ sich der MAD-Chef zunächst über ihr Gespräch mit dem BND unterrichten und gab dann den Zypernreisenden einen Fragenkatalog an die Hand, den sie Punkt für Punkt durchgingen. Sie sollten versuchen, so viele Informationen wie möglich über Stärke, politische Zielsetzung, Finanzierung und Bewaffnung der Gruppen zu erlangen, die in dem Land Unruhe stifteten und so die Regierung des Erzbischofs Makarios ins Wanken brachten.

„Ich habe drei Adressen für Euch," sagte der General, „einen einheimischen Journalisten in Nikosia, einen englischen Ex-Oberst, der da hängengeblieben ist, auch in Nikosia, und den Vorsitzenden der Hafenarbeitergewerkschaft in Famagusta. Sie werden Euch den einen oder anderen weiteren Kontakt vermitteln."

„Sind das freie Mitarbeiter vom BND?" fragte Tom. „Dann könnten die eigentlich selbst an Euch berichten."

„Nein. Das sind Leute, die Leute kennen, die ich kenne, und die der BND nicht kennt. Der erfährt auch nicht, wer sie sind. Den Engländer habe ich zum Beispiel von Richard, das ist ein Cousin seiner Frau. Keiner von denen weiß, wer Euch wirklich schickt. Ihr reist als Journalisten. Phil und Hamit, Ihr habt ja englische Presseausweise von dem Fernsehsender, Klaus und Martin, Ihr bekommt deutsche, frisch aus der Bundesdruckerei."

Schließlich gab er ihnen noch den Namen eines Mitarbeiters der deutschen Botschaft, der – ohne Einzelheiten zu kennen – angewiesen worden war, ihnen im Notfall Hilfe zu gewähren.

Nikos hatte auch einige Adressen von Kontaktleuten der Widerstandsgruppe, sodass sie eine Reihe von Ansatzpunkten haben würden. Phil und Hamit sollten auf dem Rückweg von Zypern nach London in Bonn Station machen und mit Klaus dem MAD-Chef ihre Erkenntnisse mitteilen. Als es längst dunkel war und erste Mägen vernehmlich knurrten, kam Fred zu seinem letzten Punkt, der Vorbereitung der Tripolis-Konferenz mit den Industriellen:

„Die Konferenz ist eine reine Showveranstaltung. Gaddafi wird reden, der Geheimdienstchef auch. Dann wird diskutiert, wie die Sicherheitsdienste der Firmen und des Staates zusammenarbeiten, die Kompetenzverteilung und die Ausrüstung festgelegt, personell und technisch, und so etwas. Al-Marzouki hat mir die Vereinbarung geschickt, die er verabschieden lassen will. Die Zusammenarbeit unserer Dienste, und dass Sommerstons Sicherheitsleute von uns gestellt werden, wird nicht zur Sprache kommen. Wie gesagt, alles Show, wohl in erster Linie für die zwei, drei anderen Firmen, die dabei sind. Die Libyer wollen ihnen zeigen, dass ihre Investitionen sicher sind."

Nicht nur Tom fragte sich, ob dieses „Ergebnis" wirklich den Aufwand rechtfertigte:

„Kannst Du mir mal sagen, was wir da eigentlich verloren haben?"

„Der Wunsch des Großen Vorsitzenden, Euch um sich zu haben, ist uns doch Befehl," erwiderte Fred sarkastisch. „Tut mir nur den Gefallen und schlaft nicht ein zwischendurch."

Am Abend aßen sie zusammen mit Billy, Farouk, Rahim und Heike in einem Gasthaus in Bonn-Endenich, wo sie schon einmal ein spätes Mahl eingenommen hatten.

„Ich hab eine Platte mitgebracht, die müssen wir uns gleich anhören," sagte Billy. „'Dark Side of the Moon' von Pink Floyd, die habe ich gestern aus England gekriegt. In Deutschland ist die noch gar nicht erschienen."

„Aber nur, wenn's was zu rauchen gibt," sagte Phil, der als einziger die Platte auch kannte. „Die läuft bei uns seit einer Woche jeden Abend. Mole war beim ersten Mal fix und fertig."

Tom erging es nicht anders. Nur zwei Züge an einem Joint und die Musik von der dunklen Seite des Mondes schickten ihn auf eine Reise, die fast so schön war wie ein Tag in der Wüste. Oder eher wie eine Nacht.

***

In der Abenddämmerung landete der maltesische Jet in Tripolis. Der MAD-Chef und die Angehörigen des erweiterten „Stabes für besondere Aufgaben" hatten am Morgen mit dem Ölmanager Dr. Merten und dem Fertighausfabrikanten Stöver Al-Marzoukis „Vorschläge" durchgesprochen, wobei auch Farouk und Rahim anwesend waren.

Die richtigen Leute Band 10: Land der Oliven und ZitronenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt