27 Postboten

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Tom und Nikos genossen die Zeit in Hohenberg. Es regnete Bindfäden, sodass sie tatsächlich die ganze Zeit die Füße hochlegten, wenn auch mit einem Reiseführer und einer Landkarte von Zypern bewaffnet. Trotzdem gelang es ihnen nur, ein Programm für die ersten beiden Tage auf der Insel auszuarbeiten. Sie würden sich ein Hotel in Nikosia suchen, drei Autos mieten und Kontakt zu den Personen aufnehmen, die der Widerstand und Fred ihnen genannt hatten. Was danach passieren würde, hing davon ab, was sie in diesen Gesprächen erfuhren.

Am Mittwochabend rief Bilski an.

„Tom, ich habe gestern erst erfahren, dass Ihr auf Zypern auch Makarios trefft," sagte er. „Meldet Euch bitte vor Eurem Abflug in Frankfurt bei der Flughafenpolizei. Ein Bote des Kanzleramts hinterlegt dort einen persönlichen Brief von Brandt, den Ihr Makarios bitte überreicht. Ich hoffe, das beißt sich nicht mit Eurem eigentlichen Auftrag."

„Wohl kaum. Aber wir treffen ihn erst am letzten Tag."

„Es kann sein, dass das eher stattfindet," korrigierte ihn Bilski.

„Soll das heißen, Ihr habt uns in unserem Terminplan herumgepfuscht?" empörte sich Tom.

„Im Einvernehmen mit dem MAD-Chef."

Das war weder Tom noch Nikos recht, aber was blieb ihnen übrig, als sich zähneknirschend zu fügen?

In Athen war das Wetter bedeutend angenehmer als in Hohenberg. Am Donnerstagabend versammelten sich die Zypernfahrer im Innenhof neben dem Hotel am Strefi, wo Basilis und der Alte Mann ihnen noch einmal ihren Auftrag erklärten. Tom zeigte ihnen den weißen, unbeschrifteten Umschlag mit dem Brief des Bundeskanzlers, den sie in Frankfurt für den Erzbischof bekommen hatten.

„Dann gehen wir also jetzt unter die Postboten," grinste Basilis, denn auch Amira hatte ein Schreiben für den Präsidenten dabei. „Normalerweise kostet sowas Porto."

„Ich glaube, unsere Notfalladressen von den Deutschen und Zyprern sind Porto genug," antwortete Nikos.

Dann nahm der Alte Mann eine Zeitung aus seiner Tasche und legte sie auf den Tisch:

„Die haben wir unter der Hand aus der Druckerei bekommen."

Alle, die Griechisch lesen konnten, studierten einen ganzseitigen Artikel, in dem der frürere Ministerpräsident Karamanlis seine Vorstellung einer Rückkehr zu Monarchie und Demokratie beschrieb und die Junta beschimpfte. Die gesamte Auflage der Zeitung war natürlich beschlagnahmt worden. Nikos übersetzte die wichtigsten Punkte für Tom, der den Alten Mann fragte:

„Ist es Zufall, dass in der Marine ein Gegenputsch geplant wird und Karamanlis sich jetzt zurückmeldet?"

„Wohl kaum," meinte der ehemalige Professor. „So, ich wünsche Euch viel Erfolg. Ich möchte Euch vollzählig und gesund in zwei Wochen wieder an diesem Tisch sehen. Geht nicht zu viel Risiko ein."

„Keine Sorge," versetzte Nikos sarkastisch. „Tom will ja unbedingt dann mit seinem neuen Lieblingsauto namens Marder Moritz in der Lüneburger Heide herumbrettern. Das wird er sich doch nicht entgehen lassen, und wir alle sorgen dafür, dass er das auch tun kann."

Basilis nahm Tom und Nikos beiseite, als der Alte Mann sich verabschiedet hatte, um mehr über Björn zu erfahren, der im Sommer die kompletten drei Urlaubswochen nach Athen kommen wollte. Was die beiden ihm berichteten, beruhigte ihn einigermaßen.

„Ich bin ganz froh," gab er zu. „Wir haben in der Zeit wirklich einen Engpass, und die Arbeit wird immer mehr. Wenn ich richtig gerechnet habe, seid Ihr im Sommer drei oder vier Tage zusammen mit diesem Björn hier, bevor Ihr nach Mali fliegt. Nutzt die Zeit, um ihn mit den anderen bekanntzumachen. Ich werde Euch zusammen auf eine Kurierfahrt schicken, dann könnt Ihr ihn einarbeiten. Wo soll der wohnen?"

Die richtigen Leute Band 10: Land der Oliven und ZitronenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt