Kaum hatten sich Phil und Klaus an den Tisch der vier Männer gesetzt, als Silas sie schon sie nach ihrem Woher und Wohin ausfragte. Phil wiederholte seine Legende und ergänzte sie mit gesenkter, verschwörerischer Stimme:
„Unsere Gruppe in Athen gibt nicht nur die Zeitung heraus. Wir trainieren auch. Aber die anderen sind alle zu feige, etwas zu unternehmen. Ich bin hier, um mich vielleicht einer Gruppe anzuschließen, die die Enosis aktiv voranbringt, wenn Du weißt, was ich meine. Und Klaus auch. Er will Erfahrung für den Kampf in Deutschland sammeln."
„Komm, wir setzen uns da vorne hin, da sind wir ungestört," sagte Silas, stand auf und setzte sich mit Klaus und Phil an den letzten freien Tisch. Er deutete an, er kenne vielleicht jemanden in einer Gruppe, die auch „aktiv würde", wie er sich vorsichtig ausdrückte. Nicht sehr geschickt fragte er Phil und Klaus aus, und nach einer halben Stunde war er überzeugt, dass sie nicht nur politisch korrekt, sondern eben auch bereit waren, zu kämpfen.
„Wo wohnt Ihr?" fragte er sie.
„Wir haben ein Zimmer in der anderen Taverne," antwortete Phil, woraufhin Silas vorschlug:
„Wollen wir uns auf Eurem Zimmer noch ein bisschen unterhalten?"
Sie gingen in Klaus und Phils Zimmer und setzten sich in Ermangelung anderer Sitzgelegenheiten auf die Kante des Doppelbetts. Phil frohlockte innerlich, als der junge Zyprer ihnen eröffnete, er sei dafür zuständig, die „Einsätze" mehrerer Untergruppen in den Bezirken Limassol und Paphos zu koordinieren. Er hatte vier Jahre in der Nationalgarde gedient und war vor einem Jahr als Hauptmann entlassen worden.
„Die alten Männer beschließen, was unsere Leute machen, und ich plane mit einem Freund, der auch im Militär war, wie sie das machen sollen," erklärte er. „Wir organisieren auch die Ausbildung. Die meisten unserer Leute waren nie im Militär."
„Das hört sich sehr gut organisiert an," ließ Klaus Phil übersetzen. „Wie schafft Ihr das? Ich meine, so leicht macht man nicht aus Bauern Soldaten. Ich war in Deutschland auch 6 Jahre in der Armee und habe junge Männer ausgebildet - nicht einfach, so verwöhnt, wie sie heute sind."
„Wem sagst Du das," seufzte Silas. „Ich meine, sie sind alle guten Willens, aber derart naiv und unbedarft. Zum Glück haben wir gute Ausbilder, nicht nur aus der griechischen Armee. Und wir haben einen sehr erfahrenen Chef."
„Auch ein ehemaliger Soldat? Ein General vielleicht?" fragte Phil.
Silas wurde noch etwas leiser:
„Wollt Ihr wirklich bei uns mitmachen? Ich bin nämlich auch für die Rekrutierung mit zuständig, und Leute wie Dich, Klaus, können wir gut gebrauchen. Dich sicher auch, Phil, wenn Du so viel trainierst, wie Du sagst."
„Unbedingt," sagte Phil. „Und ich sage Dir auch, warum. Ich will gar nicht, dass die griechische Armee hier groß eingreifen muss. Ich will keinen Krieg mit der Türkei. Ich finde, man sollte den Türken hier zeigen, dass es für sie gesünder ist, von ganz allein ins Boot zu steigen. So wie die Libyer die Italiener und Briten losgeworden sind, und die Palästinenser gegen die israelischen Besatzer kämpfen."
„Interessante Idee," fand Silas. „Unsere Strategie ist es eher, die Regierung zu stürzen und mit Hilfe der griechischen Armee eine griechische Provinzregierung einzusetzen. Wir ärgern die Türken hier, um so viel Chaos zu erzeugen, dass Makarios fällt. So oder so sind die Türken, neben den Besatzern von der UNO, unser Hauptziel. Aber wie kommst Du auf Libyen und Palästina?"
Phil antwortete ihm zu seiner Verblüffung auf Arabisch, das Silas sogar ein bisschen verstand, weil es in der Gegend Nordzyperns, wo er geboren war, eine arabische Minderheit gab:
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Die richtigen Leute Band 10: Land der Oliven und Zitronen
Historical Fiction„Land der Oliven und Zitronen" ist der 10. Band meiner Buchreihe „Die richtigen Leute". Im Winter 1973 wird Tom von Melinda, einer Ex-Agentin des DDR-Staatsicherheitsdienstes, entführt. Während Toms Freunde, angeführt von Nikos, versuchen, ihn zu re...