Tom, Nikos, Amira, Phil und Klaus aßen diesmal im Schnelldurchgang. Um halb neun waren alle wieder im Hotel - alle bis auf Martin und Hamit.
„Verdammt, wo bleiben die?" fragte Nikos. „Wenn die dem Bedford gefolgt sind, könnten sie inzwischen am Ende der Insel und schon fast wieder zurück sein. Hoffentlich machen die keinen Blödsinn."
„Martin doch nicht," beschwichtigte ihn Klaus.
„Unterschätzt Hamit nicht, der ist auch nicht leichtsinnig," bestärkte ihn Phil.
***
Als der Wirt ihr Essen brachte, schlug sich Martin mit der Hand an die Stirn und sagte:
„Wir müssen eben noch was aus dem Auto holen, wir sind gleich wieder da."
Er schob heimlich zwei Geldscheine unter seinen Teller und ging mit Hamit nach draußen. Die Straße lag im Halbdunkel - die einzige Laterne war gut 50 Meter entfernt. Martin betrat noch einmal die Gaststube und bat den Wirt, den Fahrer des Bedford darauf hinzuweisen, dass sein Licht brannte:
„Nachher ist seine Batterie leer."
Martin und Hamit hockten sich hinter ein Mäuerchen, das den Vorplatz der Taverne von der Straße trennte. Hamit umklammerte das Springmesser in seiner Tasche und dankte insgeheim Phil, dass er ihm auch eins gekauft hatte.
Sie hatten doppeltes Glück: weit und breit war niemand zu sehen, und der Fahrer des Bedford kam allein aus der Tür. Jetzt erkannte Martin ihn auch. Als sich die Tür des Gasthauses hinter ihm geschlossen hatte und er mit ihnen auf einer Höhe war, sprangen sie aus ihrem Versteck. Martin packte den jungen Mann, der etwas kleiner war als er und jetzt Arbeitszeug statt des blauen Anzugs trug, am linken Arm und verdrehte ihn auf seinem Rücken. Hamit hielt ihm das Messer an die Kehle und verlangte den Autoschlüssel.
„Und kein Mucks, sonst bist Du tot."
Der Mann gehorchte, ohne zu protestieren. Ihm war klar, dass sie ernst machen würden, und ihm war auch klar, dass seine Karriere als U-Boot der Rebellen im Präsidentenpalast beendet war. Es gab nur einen Weg, einigermaßen heil aus der Sache herauszukommen; er hatte das oft genug durchdacht. Sie würden ihn dem Geheimdienst übergeben, denn für den arbeiteten sie ja wohl. Sie hatten sich schließlich mit dem obersten Geheimagenten der Insel getroffen. Er würde auspacken und sich ein Ticket nach New York geben lassen. One way.
Hamit öffnete die hintere Tür des Bedford und warf einen Blick in einen der Kartons, der sechs oder sieben Pistolen enthielt. Er nahm eine an sich und öffnete einen weiteren Karton, und schon hatte er die passende Munition, von der er eine Schachtel einsteckte. Er löste die Gurte von zwei Seesäcken und steckte auch sie ein. Dann verschloss er den Wagen, auch die Fahrertür, die gar nicht abgeschlossen gewesen war, und steckte die Schlüssel ein.
„Wir gehen jetzt zu unserem Auto," sagte Martin zu dem Fahrer des Bedford. „Wenn Dir Dein Leben lieb ist, wehr Dich nicht."
Martin zählte, warum auch immer, die Schritte bis zu ihrem Hillman. Es waren genau 47.
Sie setzten den Mann hinter den Beifahrersitz, und während Martin seine Hände und Füße mit den Gurten fesselte, lud Hamit das Magazin und schob es in die Pistole.
„Ich bin sofort wieder da," sagte er, sprintete zu dem Lieferwagen und zerstach in Windeseile alle vier Reifen. Martin startete den Wagen. Hamit rannte zurück und setzte sich neben ihren Gefangenen auf die Rückbank.
„Nimm die Straße nach Pano Pyrgos," sagte Hamit, der sich die Landkarte genau eingeprägt hatte. „Da zweigt ein Weg ab, der auf die Landstraße nach Nikosia geht. Der ist nur gestrichelt gezeichnet, also ist er unbefestigt. Da suchen sie uns nicht. Wenn ihnen überhaupt jemand ein Auto leiht, um uns zu suchen, hihi."
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Die richtigen Leute Band 10: Land der Oliven und Zitronen
Historical Fiction„Land der Oliven und Zitronen" ist der 10. Band meiner Buchreihe „Die richtigen Leute". Im Winter 1973 wird Tom von Melinda, einer Ex-Agentin des DDR-Staatsicherheitsdienstes, entführt. Während Toms Freunde, angeführt von Nikos, versuchen, ihn zu re...