Kapitel 28

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Der nächste Morgen beginnt mit einem schweren Kopf und einer noch schwereren Stimmung. Die Sonne scheint durch die Vorhänge, doch das Licht ist grell und schmerzt in meinen Augen. Mia schläft noch, laut schnarchend und leicht verdreht in ihrem Bett, während ich mich langsam aufsetze und versuche, die Übelkeit zu unterdrücken. Mein Mund fühlt sich trocken an wie die Wüste, und mein Kopf pocht im Takt meines Herzschlags.

Mit einem leisen Stöhnen stehe ich auf und schleppe mich ins Badezimmer. Ich werfe einen Blick in den Spiegel, und das Bild, das mir entgegenblickt, ist alles andere als erfreulich. Meine Augen sind verquollen, das Haar zerzaust, und meine Haut wirkt blass, fast durchsichtig. „Nicht mein bester Morgen,“ murmle ich zu meinem Spiegelbild, bevor ich mir kaltes Wasser ins Gesicht spritze.

Während ich das Wasser über mein Gesicht laufen lasse, kommen die Erinnerungen an den letzten Abend zurück. Das Lachen, die Gespräche, die kurzen Momente der Ablenkung. Es war gut, sich gehen zu lassen, aber jetzt, im grellen Licht des Tages, holen mich die Sorgen und Ängste wieder ein. Vor allem die Gedanken an Ryan.

Nachdem ich mich einigermaßen erfrischt habe, kehre ich ins Zimmer zurück, wo Mia sich noch immer in ihren Decken eingewickelt hat. Ich lächle leicht, als ich sie so friedlich schlafend sehe. Ich lasse sie noch etwas ruhen und gehe hinunter in die Cafeteria, um uns beiden Kaffee zu holen. Die Luft im Flur ist kalt und klar, ein starker Kontrast zu der muffigen Wärme unseres Zimmers. Auf meinem Weg begegne ich einigen anderen Studenten, die ebenfalls verkatert aussehen, aber jeder geht stumm seines Weges.

Als ich mit zwei dampfenden Tassen zurück ins Zimmer komme, setzt Mia sich gerade im Bett auf und streicht sich das Haar aus dem Gesicht. „Du bist ein Engel,“ murmelt sie, als ich ihr eine Tasse reiche. „Ich dachte, mein Kopf würde explodieren.“

„Geht mir genauso,“ antworte ich und setze mich zu ihr aufs Bett. Wir nippen eine Weile schweigend an unserem Kaffee, genießen die beruhigende Wärme, die uns langsam wieder zu Menschen macht.

„Gestern Abend war verrückt,“ sagt Mia schließlich und sieht mich an. „Aber es war auch irgendwie genau das, was wir gebraucht haben, oder?“

Ich nicke nachdenklich. „Ja, das war es. Auch wenn ich heute Morgen anders darüber denke.“ Ich lächle schwach, aber mein Lächeln hält nicht lange an, als mir wieder einfällt, was Ryan mir erzählt hat. „Ich kann nicht aufhören, über das nachzudenken, was Ryan gesagt hat.“

Mia setzt ihre Tasse ab und sieht mich ernst an. „Ich weiß, es ist viel zu verarbeiten. Aber vielleicht war es gut, dass er dir die Wahrheit gesagt hat, selbst wenn es zu spät war.“

„Vielleicht,“ murmle ich und starre in meinen Kaffee. „Aber es ändert nichts an der Tatsache, dass er mich damals im Stich gelassen hat. Wie kann ich ihm das verzeihen?“

Mia legt ihre Hand auf meine. „Du musst das nicht sofort tun. Du bist ihm nichts schuldig. Aber wenn du ihm zuhörst, wirklich zuhörst, vielleicht verstehst du dann, warum er so gehandelt hat. Manchmal sind die Dinge nicht so schwarz-weiß, wie sie auf den ersten Blick erscheinen.“

Ihre Worte hallen in mir nach, während wir uns langsam fertig machen, um den Tag anzugehen. Das Campusleben geht weiter, auch wenn meine Gedanken ständig zu Ryan und der Vergangenheit abschweifen. Die Vorlesungen vergehen wie im Nebel, und ich merke kaum, wie die Zeit vergeht. Doch tief in meinem Inneren wächst das Bedürfnis, Ryan zur Rede zu stellen, ihm klarzumachen, wie sehr er mich verletzt hat.

Am Nachmittag, als ich zwischen zwei Kursen in der Bibliothek sitze und versuche, mich auf eine Aufgabe zu konzentrieren, fällt mir auf, wie unruhig ich bin. Ich kann mich einfach nicht auf die Texte vor mir konzentrieren, weil mein Kopf voll von Fragen ist, die unbeantwortet geblieben sind.

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