Kapitel 31

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Der Morgen nach unserem Abendessen mit Mia fühlt sich irgendwie anders an. Ich wache auf, als das Sonnenlicht durch die Vorhänge meines Zimmers fällt und den Raum in ein weiches, goldenes Licht taucht. Normalerweise hätte ich das Handy sofort in die Hand genommen, um meine Nachrichten zu checken oder durch Social Media zu scrollen, aber heute entscheide ich mich, noch einen Moment liegen zu bleiben und die Ruhe zu genießen.

Die Gedanken an Ryan, die gestern Abend noch so präsent waren, fühlen sich jetzt nicht mehr so bedrückend an. Vielleicht liegt es daran, dass ich mit Mia darüber gesprochen habe, wenn auch nur indirekt. Aber es könnte auch einfach daran liegen, dass ich langsam akzeptiere, dass manche Dinge einfach Zeit brauchen.

Als ich schließlich aufstehe, beschließe ich, den Tag ganz entspannt anzugehen. Kein überstürztes Frühstück, kein Hetzen zu den Vorlesungen – heute will ich mir einfach Zeit nehmen. Ich ziehe meine gemütlichste Kleidung an, ein weicher Pullover und eine Jeans, und mache mich dann auf den Weg zur Cafeteria. Der Duft von frisch gebrühtem Kaffee empfängt mich, als ich die Cafeteria betrete, und ich entscheide mich für eine große Tasse, die ich mit nach draußen nehme. Es ist einer dieser kühlen Herbsttage, an denen der Atem in kleinen Wölkchen vor einem schwebt, aber die Sonne genug Kraft hat, um die Kälte angenehm zu machen.

Ich finde eine Bank unter einem Baum, dessen Blätter noch immer in den prächtigsten Farben leuchten. Es ist derselbe Baum, unter dem ich neulich schon gesessen habe, als ich nachgedacht habe. Irgendwie fühle ich mich hier wohl, fast so, als wäre dieser Platz zu meinem persönlichen Rückzugsort geworden.

Ich nehme einen Schluck von meinem Kaffee und schließe kurz die Augen, genieße die Wärme, die sich in meinem Körper ausbreitet. In der Ferne höre ich das Lachen von ein paar Studenten, die gerade auf dem Weg zur Vorlesung sind. Für einen Moment fühlt es sich an, als würde die ganze Welt einfach nur stillstehen, und das ist genau das, was ich jetzt brauche.

Doch das Gefühl der Ruhe währt nicht lange. Schon nach kurzer Zeit beginnt mein Kopf wieder zu arbeiten, die Gedanken an Ryan drängen sich erneut in den Vordergrund. Ich kann einfach nicht aufhören, darüber nachzudenken, was er gesagt hat, und was es für uns beide bedeutet.

Ich war überrascht von seiner Ehrlichkeit und davon, wie sehr er versucht hat, die Dinge zu erklären. Trotzdem bleibt da ein nagendes Gefühl der Unsicherheit in mir, das ich nicht einfach abschütteln kann. War das alles die Wahrheit? Oder hat er einfach nur versucht, die Situation zu entschärfen? Es ist so schwer, das alles zu durchschauen.

„Emma?“

Die Stimme reißt mich aus meinen Gedanken. Ich sehe auf und erkenne Mia, die mit einem breiten Lächeln auf mich zukommt. „Da bist du ja! Ich hab dich schon gesucht.“

„Ich wollte einfach ein bisschen frische Luft schnappen,“ sage ich und rücke ein Stück zur Seite, um ihr Platz auf der Bank zu machen. „Setz dich doch.“

Mia lässt sich neben mir nieder und wirft einen Blick auf meinen Kaffee. „Du siehst heute irgendwie nachdenklich aus. Alles in Ordnung?“

„Ja, alles gut,“ antworte ich und nehme noch einen Schluck von meinem Kaffee. „Ich denke nur über vieles nach.“

„Ryan?“

Ich nicke langsam. „Ja. Es ist schwer, das alles zu sortieren. Ein Teil von mir will ihm glauben und weitermachen, aber ein anderer Teil kann einfach nicht vergessen, was damals passiert ist. Und selbst wenn es ein Missverständnis war – es hat so viel kaputt gemacht.“

Mia legt ihre Hand auf meine. „Das verstehe ich. Aber du darfst dich nicht zu sehr darin verlieren, Emma. Du musst es Schritt für Schritt angehen. Niemand erwartet, dass du sofort alles vergisst und weitermachst, als wäre nichts gewesen.“

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