Kapitel 12

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Die ersten Wochen des Schuljahrs vergingen viel zu schnell. Harry und Ginny waren natürlich ins Gryffindor Quidditchteam gekommen und James nahm das echt ernst, deswegen liefen die Tage Dienstag und Donnerstag etwa so ab: Unterricht, Training, Hausaufgaben, Nachtruhe. Samstags wurde manchmal dann noch Intensivtraining angesetzt. 

James‘ Intensivtraining ging ein paar Stunden und danach war man durch für den Tag. Und genau deshalb lagen Ginny und Harry seit mehreren Stunden erschöpft im Raum der Wünsche. 

Sie hatten sich einen bequemen Rückzugsort gewünscht, der eigentlich aussah wie der Gryffindor Gemeinschaftsraum nur mit einem großen, flauschigen Bett, was gegenüber vom Kamin stand. Harry lag darin ausgebreitet auf dem Rücken, Ginny ruhte mit dem Kopf auf seinem Bauch. Er strich ihr geistesabwesend durch die Haare. Eigentlich hatten sie über diese ganze vertrackte Zeitreise-Situation in der sie steckten, reden wollen, aber stattdessen befanden sie sich seit dem Training in einem dösenden Halbschlafzustand.

„Ginny?“, sprach Harry irgendwann. „Mmh?“, Ginny war zu schläfrig um richtig zu antworten. „Denkst du, Ron und Hermine und die anderen denken wir sind tot oder entführt und suchen uns?“, fragte er die Frage, die ihn seit dem ersten Tag hier beschäftigte. „Könnte doch auch sein, dass du diesmal mich auf einen deiner ominösen Weltrettungstrips mitgenommen hast, bei denen du immer ziemlich plötzlich verschwindest“, es sollte sarkastisch sein, aber Harry hatte ja keine Ahnung, wie viele Gedanken auch sie sich darüber machte.

„Das war ein Mal!“, verteidigte sich Harry belustigt. Ginny zog nur grinsend die Augenbrauen hoch und drehte sich auf den Bauch um ihn anzuschauen. „Bisher.“ Dann wurde sie wieder ernst. „Ich denke, sie suchen uns. Aber wir wissen nicht, was nach dieser Zeitreise passiert. Mal angenommen wir kommen auf jeden Fall zurück, dann kommen wir wahrscheinlich in eine andere Zukunft. Wir können gar nicht dahin zurück, wo wir verschwunden sind, denn wenn wir Voldemort hier besiegen, gibt es gar keine Schlacht. Vielleicht erinnern wir uns an all das hier nicht. Vielleicht kennen wir einander nicht einmal. Okay, das ist unrealistisch, wir kommen beide früher oder später ins Quidditchteam. Aber wir kennen uns vielleicht nur flüchtig.“ Das war das, was Ginny von Anfang an Angst gemacht hatte. Es auszusprechen, machte es nicht besser. Harry nickte langsam. 

Er wusste, dass sie das größtenteils für ihn tat und er wusste, dass er möglicherweise ihre Beziehung dafür opferte. 

„Ist das der Grund, warum du keine richtige Beziehung mehr mit mir willst?“, die Frage schoss aus seinem Mund bevor er es aufhalten konnte. Aber sie hatte ihm so oft versichert , wie sehr sie ihn liebte, wie wichtig er ihr war, seine Hand genommen, ihn in die Arme geschlossen, sogar geküsst, aber wenn jemand fragte, machte sie alles zunichte und sagte, sie wären nur Freunde. 

„Harry…“, sie sah ihn unglücklich an. „Ich möchte es wissen, bitte“, flehte er.

„Ich glaube… Nein, ich weiß, je mehr ich mich wieder an dich binde, desto schwieriger wird es für mich, dir vorbehaltlos zu helfen. Denn dann weiß ich, was ich verliere. Ich würde natürlich trotzdem noch mitmachen, aber… es täte einfach mehr weh. Und das ist es nicht wert“, ihre Stimme klang brüchig. Harry sah sie traurig an. 

Aus der Perspektive hatte er es noch nicht betrachtet. Er hatte all die geretteten Leben gesehen, aber er hatte nicht drüber nachgedacht, ob er sein momentanes Leben komplett zerstörte. Was wurde aus ihm und Ginny? Wären Ron und Hermine überhaupt seine Freunde? Würde er seine Bindung zu den Weasleys aufgeben? Aber er hatte eine Entscheidung getroffen und war bereit die Konsequenzen zu tragen. Denn das wäre es wert.

„Ich verstehe das. Aber, egal was passiert, ich finde dich in jeder Zeit, in jedem Universum, in jedem Leben, denn wir gehören zusammen. Und das ist ein Versprechen. Trotzdem finde ich wir sollten die Zeit, die uns auf jeden Fall zusammen bleibt nutzen“, er sah sie hoffnungsvoll an. Ihr Gesicht verzog sich zu einem liebevollen Lächeln: „Ich hatte gehofft, dass du das sagst.“ 

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