42. In dem Gefühle unterdrückt werden

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Müde stand ich auf dem Pausenhof. Ich hatte nicht schlafen können. Der Gedanke daran hier zu stehen, wie jetzt, hatte meine Gedanken nicht losgelassen. Ich hatte von meinem Bett aus einfach durchs Fenster in den Himmel gestarrt, ohne müde zu werden. Der Himmel fühlt sich dunkler an als sonst, selbst die Sterne schienen weniger zu strahlen. Der Anblick hatte nicht dieselbe beruhigende Wirkung auf mich, wie sonst, doch ich hatte meinen Blick nicht abwenden können.

Leicht panisch sah ich mich auf dem Pausenhof um. Ein unangenehmes Kribbeln in der Kehle ließ mich schlucken. Ich spürte förmlich, wie sich ein Klos im Hals anbahnte. Lockwood war nirgends zu sehen. Schnell lief ich in Richtung Schulgebäude, bevor er doch noch irgendwo daher geschwänzelt kam. Beim Gedanken daran, ihm heute über dem Weg zu laufen, wurde mir übel. Die Gefühle in mir drehten am Rad. Und er war noch nicht mal physisch anwesend. Schon allein der Gedanke an ihn, brachte mein emotionales Fass zum Überlaufen. Ich hätte es niemals so weit kommen lassen sollen! Ich wusste, dass das hier passieren würde, trotzdem war meine Dummheit lauter gewesen. Ich war dumm genug zu denken, dass es ihm tatsächlich mal ernst gewesen ist. Doch er hatte mich eines Besseren belehrt und mich einfach in die langen Reihen seiner Verflossenen abgeschoben.

Es hatte mich einiges an Herzflattern gekostet, bis ich endlich an meinem Spind angelangt war. Hastig schloss ich auf und riss die Bücher heraus, ehe ich den Spind krachend zuschlug. Hier würde Lockwood mich am schnellsten finden. Wie ein Ninja Turtle tauchte ich in der Menge unter und schlängelte mich schnell zu meinem Klassenzimmer. Zu meinem großen Glück war heute nicht Montag oder Donnerstag, ergo hatten wir heute kein Mathe zusammen.

Lia und Ruth setzten sich neben mich. „Hast du ihn heute schon gesehen?", fragte Ruth mit einer beruhigenden Stimme. Sie sah mich mit einem Blick an, der ganz deutlich sagte, dass ich ruhig weinen durfte. Leider verstand sie mich in der Hinsicht einfach nicht. Ich war nicht von dieser Herzschmerz-Sorte. Ich war eher der systematisches-Unterdrücken-der-Gefühle-Typ, sobald der erste Heulanfall vorbei war.

Ich ignorierte meine Gefühle so lange wie möglich, bis vermutlich Lockwood mich zum Ausbruch bringen würde, wie einen verdammten Vulkan. Mir floss zwar keine Lava aus den Ohren, jedoch quollen meine Augen sehr stark hervor. So stark, dass jeder mit etwas gesundem Menschenverstand mich sofort einweisen lassen würde.

Jede Minute auf den Schulfluren an diesem Tag war die Hölle. Ich hüpfte schon fast wie ein panisches Opossum in der Gegend herum. Und am schlimmsten war, dass die Menschen mich plötzlich beachteten. Laut Aniston, die immer irgendwo zuhörte, fragten sich 90% von denen, was bei Lockwood und mir abgegangen war. Keiner von denen schaffte es traurigerweise, die Lästereien hinter meinem Rücken zu halten. Amateure. Diese Schule besteht echt aus wandelnden Inkompetenzen.

Unsanft rempelte ich gegen etwas, wodurch ich übel stolperte und kreischend auf den Boden flog. Die Haare flogen mir ins Gesicht, als mich etwas vor dem harten Aufprall auffing. Erleichtert pustete ich die angestaute Luft aus. Unästhetisch blinzelnd starrte ich meinen Retter an. Es waren jedoch diese unverwechselbaren goldenen Augen, die mich anstarrten. Mein Herz hüpfte und meine Gefühle liefen Amok. Lockwood hatte seine Hände um meine Hüfte geschlungen und hielt mich fest. Eine Hitzewelle flutete meinen Körper. Ich lief scharlachrot an. Er war einfach wunderschön...

Innerlich gab ich mir selbst eine deftige Ohrfeige. Er hat dir das Herz gebrochen, ermahnte ich mich selbst. Er. War. Nicht.Schön! „McKenzie...", hauchte er. Er sollte sich mal was Neues einfallen lassen! Alles, was er in letzter Zeit kann, ist meinen Namen zu hauchen. Ich riss mich energisch von seinem Griff los und starrte ihn wütend an. Was ich jedoch nicht bedacht hatte, war dass ich ohne seine Hände nun doch mit dem Arsch voran auf den Boden knallen würde. Die ganze Dramaturgie war verpufft, sobald ich mich keuchend und mit schmerzendem Po wieder aufrichtete.

„Steck dir dein McKenzie doch sonst wo hin. Du bekommst auch 50€ dafür!", sagte ich angepisst und so langsam, dass jedes Wort auch ja in sein rückschrittliches Gehirn eingeprügelt wurde.

Lockwoods Augen weiteten sich bei der Erwähnung der 50€. Geschieht ihm recht. Dachte er etwa, dass die Folge davon mich so zu behandeln Regenbogen und Zuckerwatte werden würde?

HeartbreakerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt