57. Epilog

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„Ehm ich weiß nicht, wie ich anfangen soll...", stammelte eine puterrote Ruth verlegen. Nervös rieb sie sich die offensichtlich schwitzigen Hände am marineblauen Kleid ab. Die Friseurin, deren Aufgabe es war, meine Mähne in einen akzeptablen Zustand zu pressen, zog versehentlich so stark an einer Haarsträhne, als ich den Kopf hob, dass es mir die Tränen in die Augen trieb.
Nicht heulen! Dein Make-Up! Danke, Hank. Seeehr hilfreich.

„Was ist los? Ist jemand umgekommen?", fragte ich panisch. War ja klar, dass das heute passiert!

„Sozusagen...", rief Ruth verzweifelt. „Bertram hat deinen Strauß gefressen" Sie zog hinter ihrem Rücken vorsichtig die Überreste dessen hervor, was vor wenigen Minuten noch ein einwandfreier Brautstrauß gewesen war.

Bertram, mein Hund, war ein wandelndes Desaster. Ich liebte ihn. Trotzdem. Er war ein Desaster.

Ungläubig betrachtete ich das zerflatterte Ding in ihren Händen. „Aber keine Sorge! Scarlett meinte, sie sammelt die Deko-Blumensträuße aus den Toiletten ein. Das ergibt einen schönen Strauß!" Ungläubig betrachtete ich meine beste Freundin. Das sollte doch wohl ein Scherz sein!

Aufgeregt rannte Aniston ebenfalls in das Zimmer. „Derek brennt!" Ich riss die Augen auf.

Wie, er brennt?

„Wieso brennt der Trauzeuge?", fragte Ruth erschrocken. Aniston blickte sie vielsagend an. „Emmett wollte irgendeine Wissenschafts-Deko-Maschine installieren. Und jetzt brennt Derek!"
„Na dann löscht ihn doch", rief ich entrüstet. Derek steht in Flammen und wir reden hier nur drüber.

„Schon geschehen!" Eine bis über beide Ohren grinsende Lia tauchte mit einem Feuerlöscher im Zimmer auf. Erleichtert seufzte ich auf. „Ich habe nur aus Versehen deinen Vater samt Begleitung gleich mit eingeschäumt. Die sehen jetzt aus, wie am Waschtag!", lachte sie. Mein Auge begann zu zucken.

„Es wird witzig, wenn dein Vater zusammen mit deiner Mutter vor dir zum Altar läuft"
Der Drang, meinen Kopf gegen die Wand zu schlagen, wurde immer größer, mit jeder Minute, die ich unter diesen Irren verbrachte.

Apropos Irre. In diesem Moment schlenderten meine werten kleinen Brüder grinsend in den Raum. „Und gestresst?", fragten Cole und Quentin scheinheilig. „Ach Schwesterlein, dein Auge sollte aufhören zu zucken, wenn du deinem Bräutigam gegenüberstehst...", fing Quentin an. „...sieht sehr unromantisch aus", vollendete Cole den Satz.

„Ich gebe dir gleich unromantisch", antwortete ich gestresst. „Wow, ruhig Brautzilla!" Sie verliesen das Zimmer verfolgt von dem zerflatterten Blumenstrauß, den ich nach ihnen warf. Ich liebte sie, doch sie hatten ein unheimliches Talent dafür mich auf die Palme zu bringen.

Meine Mutter, die die Situation lachend beobachtet hat, setzte sich vor mir in die Hocke. „Geht ruhig, ich mach das hier", sagte sie zu den Anderen, die allesamt das Zimmer verließen. Einschließlich der Friseurin, die eben fertig wurde. „Eine Hochzeit ohne Zwischenfälle ist keine richtige Hochzeit. Du wirst sehen es wird wundervoll werden, wenn du gleich daraus gehst!" Lächelnd strich sie mir eine Locke aus dem Gesicht.

„Komm. Ziehen wir dir dein Kleid an", sagte sie ruhig. Ich nickte und ließ ihr von mir in mein Kleid helfen. Sie schloss mein Kleid, hängte mir noch Schmuck um und steckte meinen Schleier fest. Mein Kleid war schlicht und elegant. Ich hatte mich von Anfang an verliebt.

Seufzend betrachtete meine Mutter mich. „Du siehst wunderschön aus!" Eine Träne löste sich aus ihrem Augenwinkel. „Schöner als jeder hier", schloss sich mein Vater ihr an, der gerade im Türrahmen aufgetaucht war. Gerührt sah ich zwischen den beiden hin und her.

Mein Vater war große Teile des Schaumes losgeworden, doch an einigen Stellen hing der Schaum trotzdem noch. Lächelnd kam er zu uns, umarmte kurz meine Mutter und strich mir dann sanft über die Wange, ehe er mir den Arm anbot. Auf der einen Seite mein Vater, auf der Anderen meine Mutter.

Der Platz der Hochzeit war wundervoll. Es war ein mystisches Waldstück, was die gesamte Hochzeit Feen-mäßig rüberkommen ließ. Direkt vor dem Weg blieben wir stehen. Die Musik zum Einlaufen ertönte. Nervös und mit noch viel mehr Vorfreude in mir, umklammerte ich den Strauß, den Scarlett mir eilig in die Hand drückte. Er war wunderschön.

Meine Eltern liefen voraus. Hinter ihnen meine Trauzeugin, Ruth. Dann kamen Aniston und Lia. Ich wollte alle drei bei mir haben. So wie es schon immer war.
Und dann kam ich. Die Blätter raschelten an meinen blütenweisen Schuhen. Ein leichter Wind blies mir durch die Haare, als ich den von Bäumen gesäumten Weg entlang schritt.

Und dann sah ich auf.

Grün traf auf Gold.

Dort stand er. Xander Lockwood. Der Mann, den ich heiraten würde. Die liebe meines Lebens. Der Mann, der mich zum Lachen brachte, der mich zum Nachdenken anregte und der mir die Welt auf eine Weise zeigte, wie es kein anderer konnte.

Alle meinten, kurz vor der Hochzeit würde man unfassbar aufgeregt sein. Im Ungewissen, dass der Partner noch einen Sinneswandel haben könnte. Ich hatte diese Aufregung nicht. Xander und ich liebten uns mehr, als es Worte beschreiben könnten. Er verstand mich wie kein anderer. Viele haben immer wieder Momente im Leben, in denen sich eine Sache einfach richtig anfühlt.

Ich hatte nur eine Sache.
Und die war Xander Lockwood. Mein Heartbreaker.

~Ende~

HeartbreakerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt