53. In dem alte Rechnungen beglichen werden

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Miesgelaunt stieg ich aus Lockwoods Auto aus. Mr. Henderson, hatte uns so viele Hausaufgaben aufgezwungen, dass es eigentlich schon gar nicht mehr tragbar war. Aufmunternd stupste mich Lockwood am Arm an.

„Nicht ohne deinen Bodyguard unterwegs?", fragte eine dunkle Stimme hinter uns. Der Tonfall war mir ekelerregend bekannt. Mit einem dumpfen Ton stellte Cedric sein Motorrad umfallsicher ab. Mit einer Hand fuhr er sich durch die haselnussbraunen Haare, sobald er den Helm absetzte.

„Verpiss dich von hier!", sagte Lockwood augenblicklich aggressiv. Seine Muskeln waren angespannt und seine goldenen Augen funkelten wütend. Einige schwarze Haarsträhnen hingen ihm in sein kantiges Gesicht. Seine spitzen Mundwinkel bogen sich zu einem grausamen Lächeln nach oben, wobei seine Grübchen sich ausprägten. An Cedrics Stelle würde ich rennen.

„Spricht man so mit seinem zukünftigem Schwager?", fragte Cedric passiv aggressiv nach. Er hatte dasselbe Funkeln in den Augen, wie vor all den Jahren. Das Funkeln, welches zeigte, dass er jemanden verletzen möchte. Ein eiskalter Schauer kroch meinen Rücken hinab und ich begann jedem Atemzug, den ich tat, intensiv zu spüren. Wie die kalte Luft meine Lungen flutete und ein Stechen in meinen Bronchen hinterließ.

Seine Faust rammte sich in meine Seite. Die Schmerzen waren unerträglich. Mit Tränen in den Augen schrie ich auf. Meine Wangen würden heute nicht mehr trocken werden.

Mit vor Wut zitternder Unterlippe ballte ich meine Hände zu Fäusten. Schreiend stürzte ich mich auf ihn. Ich wusste nicht, was in mich gefahren war, doch ich konnte mich nicht stoppen. Er war der Grund, weshalb ich Gewalt verabscheute. Doch jetzt, als er vor mir stand, wollte ich nichts mehr als sein Gesicht mit meiner Faust zu zertrümmern.

Das war einer dieser Momente, in denen man sich selbst nicht mehr verstand.

Ein starker Arm schlang sich blitzschnell um meine Taille, als hätte Lockwood bereits erwartet, dass ich auf Cedric losgehen würde. „Was willst du Wichser von mir?", schrie ich außer mir, während ich mit aller Kraft gegen Lockwoods Griff ankämpfte. „Ich will dich nicht in meinem Scheiß Leben haben. Du bist mein Bruder! Du hättest mich lieben sollen!" Wie wild zappelte ich in Lockwoods Armen und schrie wie eine Furie. Verzweifelt versuchte er mich festzuhalten.

„Du hättest mich lieben sollen, doch stattdessen hast du mich geschlagen. Wärend du mir Traumata eingeprügelt hast, hättest du mir Liebe schenken sollen!"

Sauer trat Cedric näher an uns heran. Ich konnte eine Narbe erkennen, die sich über seinen Nasenrücken zog, genau wie die dunklen Augenringe, welche seine schlaflosen Nächte aufzeigten. Er war ein Junge. Er war ein sadistischer Junge mit Aggressionsproblemen, der nie gelernt hatte seine Gefühle zu kontrollieren. „Du bist doch der Grund, weshalb Dad wegging. Du warst es immer. Das Goldkind, für das nichts gut genug war! Wegen dir haben sie doch erst angefangen zu streiten. Alles war so viel besser, als du noch nicht auf der Welt warst!", schrie er nun wütend.

Ein gebrochener Junge, der nach Erklärungen suchte.

„Du weißt ganz genau, dass es nicht meine Schuld war. Ihre Ehe ging Kaputt, weil sie nicht mehr zusammenpassten. Das passiert manchmal. Alles, was du tust, was du schon immer getan hast, war, deine Wut auf mich zu kompensieren." Während ich nun ruhig dastand, schüttelte Cedric nur den Kopf wie ein trotziges Kund, dass nicht verstand, dass es unrecht hatte. Er konnte es nicht verstehen.
„Du lügst!", schrie er und ging urplötzlich auf mich los. Blitzschnell spürte ich, wie Lockwood seinen Arm von mir löste. Etwas traf mich hart in der Seite und ich wurde zu Boden geschleudert. Die Luft presste sich aus meinen Lungen, als ich auf dem harten Asphalt aufprallte. Lockwood hatte mich einfach umgeworfen.

Keuchend blickte ich auf. Meine Wange schmerzte leicht. Sie hatte sich wohl aufgeschürft. Cedric warf sich mit voller Wucht auf Lockwood, nun, da ich aus dem Weg war. Lockwood versuchte immer wieder Cedrics Schläge abzufangen und auszuweichen, doch er schlug nicht zurück. Schnell sprang ich auf. Ich zitterte am ganzen Körper und meine Muskeln versteiften sich, genau wie jedes Mal, wenn ich jemanden sich prügeln sah.

Lockwood wehrte sich nicht. Für mich.

Cedrics Faust traf ihn hart an der Schulter. Keuchend wich er dem nächsten Schlag aus. Die dunklen Haare hingen ihm in die Stirn, während sich seine Muskeln immer wieder anstrengten. Er könnte Cedric mit einem Schlag niederstrecken, doch das tat er nicht. Doch Lockwoods Ehrgefühl hin oder her, ich würde trotz allem nicht zulassen, dass Cedric ihn auch noch verletzt.

Entgegen meinen Ängsten. Entgegen meiner vollen Überzeugung, wie abstoßend Gewalt ist, ging ich auf Cedric los. Tränen flossen meine Wangen hinab. Ich wollte ihn nicht schlagen. Ich wollte das alles nicht. Mein Innerstes schrie. Doch dann war da Xander. Xander, der einen Schlag gegen die Schulter abbekam. Xander, der vor Schmerz die Zähne zusammenbiss. Als wäre es für mich nicht abstoßend, sondern das Natürlichste auf der Welt, formte ich meine Hand zur Faust und rammt sie in Cedrics abgelenktes Gesicht.

Er taumelte sofort zu Boden. Ich hatte ihn mit voller Wucht auf die Schläfe geschlagen. Die Bilder, wie er mich geschlagen hatte, zogen nun in einem vollkommen anderem Licht an mir vorbei. Vollkommen überfordert starrte mich Cedric vom Boden herauf an, während ich nur mit ausdruckslosem Gesicht über ihm stand. Ich schrie. Alles in mir brach bahn. Es waren keine Worte. Ich schrie ihn einfach nur an, für alles, was er mir angetan hatte. Ich schrie, um ihm zu zeigen, dass er keine Macht mehr über mich hatte.

Als Lockwood ihm am Boden festpinnte, bogen auch schon die Sirenen und die blauen Lichter in die Straße. Jemand hat die Polizei gerufen.

HeartbreakerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt